Das sagen Beratungsstellen im Kreis Herford zum neuen Gesetz gegen Abtreibungsproteste

Kreis Herford. Immer wieder kommt es deutschlandweit zu Demonstrationen vor Beratungsstellen für Schwangerschaftsabbrüche. Abtreibungsgegner halten Schilder hoch, drücken schwangeren Frauen Föten aus Plastik oder Broschüren in die Hand und tun lautstark ihre Meinung kund. In Bielefeld haben Ende Juli Mitglieder der &bdquo;Deutschen Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie, Privateigentum“ stundenlang auf dem Jahnplatz protestiert und prangerten die &bdquo;Sünde der Abtreibung“ an. Ein neues Gesetz soll Schwangere und Mitarbeitende in Beratungsstellen künftig besser schützen. Das sagen die zwei heimischen Beratungsstellen der Diakonie und Pro Familia im Kreis Herford dazu. &bdquo;Viele Frauen haben nicht gedacht, dass sie je in solch eine Situation kommen“, weiß Maike Husemann, Geschäftsführerin des Ortsvereins von Pro Familia Bielefeld, die auch eine Beratungsstelle in Bünde betreiben. Kerstin Stute, Leiterin der Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familie und Sexualität im Diakonischen Werk Herford gGmbH, fügt hinzu: &bdquo;Keine Frau macht sich die Entscheidung leicht.“ Lesen Sie auch: Frauen aus OWL berichten: &bdquo;Für die Abtreibung musste ich nach Holland“ Abtreibungsgegnern droht Bußgeld bis zu 5.000 Euro Wer über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenke, muss eine Beratungsstelle aufsuchen. Die Gespräche seien ergebnisoffen und vertraulich. In diesem geschützten Raum kann die Frau über ihre Situation sprechen, warum sie überlegt, das Kind nicht auszutragen. Es bleibt Zeit, die Lebensperspektive mit und ohne ein Kind in den Blick zu nehmen. Stute: &bdquo;Wie sich die Frau letztendlich entscheidet, wissen wir nicht.“ Daher sei es ungeheuerlich, dass Außenstehende Schwangeren ihre Meinung über Schwangerschaftsabbrüche vor dem Gang zu einer Beratung aufdrängen. Stute: &bdquo;Die Frau ist in einer Ausnahmesituation, wenn sie zu uns kommt. Ich begrüße das neue Gesetz sehr.“ Abtreibungsgegnern droht nun ein Bußgeld bis zu 5.000 Euro, wenn sie Schwangere und Mitarbeitende vor Beratungsstellen, vor gynäkologischen Praxen oder Kliniken belästigen. Das gelte für &bdquo;wahrnehmbare Verhaltensweisen“ im Umkreis von 100 Metern um den Eingangsbereich der Einrichtungen. Lesen Sie auch: &bdquo;Keine Frau macht sich einen Abbruch leicht“ - Wo es im Kreis Herford Hilfe gibt Stigmatisierung von Abtreibung bleibt Kerstin Stute hat die sogenannte Gehsteigbelästigung noch nicht selbst erleben müssen. &bdquo;Es gab vor Jahren mal Hassmails, die an unsere Beratungsstelle geschickt worden sind“, erinnert sich die Leiterin, die aber durchaus von ihren Kolleginnen Geschichten von Mahnwachen und Plakaten vor Beratungsstellen kennt. Es dürfe nicht geduldet werden, dass die Frau von Fremden vorverurteilt wird. &bdquo;Für betroffene Frauen ist das grauenvoll“, sagt Stute. Es habe daher eine hohe Symbolkraft, dass es dieses Gesetz jetzt gibt. Stute: &bdquo;Die Rechte der betroffenen Frauen und der Beraterinnen werden damit gestärkt.“ Für Maike Husemann von Pro Familia ist das Gesetz nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. &bdquo;Das Kernproblem, die Stigmatisierung, wird damit nicht angefasst“, kritisiert sie. Ein Abbruch ist in Deutschland als Straftat definiert. Der Paragraf 218 steht im Gesetzbuch direkt unter Mord und Totschlag. &bdquo;Das macht was mit einem, ein Schwangerschaftsabbruch wird kriminalisiert.“ Lesen Sie auch: Schwanger und keiner darf es wissen? So läuft eine vertrauliche Geburt im Kreis Herford ab Anonyme Hassbriefe erreichen Beratungsstellen Ein Abbruch kann in Deutschland nur straffrei durchgeführt werden, wenn die Frau sich vorher in einer anerkannten Beratungsstelle beraten lässt. Das Thema werde tabuisiert. Husemann: &bdquo;Dabei hat die Frau das Recht, selbst zu entscheiden, ob sie Kinder bekommen möchte oder nicht. Das ist ihr Grundrecht.“ Auch Pro Familia habe sowohl in Bielefeld als auch in Bünde &bdquo;zum Glück“ noch wenig Erfahrungen mit Gehsteigbelästigungen gemacht, so Husemann. Vor der Pro-Familie-Einrichtung in Münster hingegen beten und singen einmal im Monat Menschen einer christlichen Gruppe. &bdquo;Das ist belastend für Frauen und Mitarbeiter“, weiß die Geschäftsführerin, die auch immer mal wieder anonyme Post von Menschen erhält, die ihre ablehnende Meinung zu Abbrüchen kundtun. In beiden Beratungsstellen im Kreis Herford würden sich zum Großteil Frauen beraten lassen, die oftmals schon eine Familie haben. &bdquo;Die meisten Ratsuchenden sind zwischen 27 und 34 Jahre alt und haben schon Kinder. Für sie ist die Familienplanung oft abgeschlossen“, sagt Stute. Das bestätigt Maike Husemann: &bdquo;Das ist auch bei uns der größte Anteil.“ Doch egal wie alt und in welcher Lebenssituation sich die Schwangere befinde: Kein Mensch habe das Recht, über jemanden zu urteilen und Frauen zu belästigen.

Meistgelesen