Legalisierung von Abtreibungen: Bünder Beratungsstelle zur aktuellen Diskussion

Bünde. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland laut Paragraf 218 grundsätzlich strafbar: &bdquo;Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (...).“ Jedoch ist ein Schwangerschaftsabbruch unter folgenden Ausnahmen möglich: aus medizinischen Gründen, nach einer Vergewaltigung oder wenn die Bedingungen nach Paragraf 218a, die einen Abbruch unter bestimmten Voraussetzungen erlauben, eingehalten werden. Über diese Regelung wird schon lange in Politik und Gesellschaft diskutiert. Kritisiert wird, dass der Paragraf die persönliche Integrität und körperliche Autonomie der Frau einschränke. Aktuell stellt sich nach dem Ampel-Aus die Frage, ob eine Legalisierung noch vor den Neuwahlen stattfindet. Unterstützung findet das Bestreben bei Parteien wie der Linken, der SPD und den Grünen. Gegenwind gibt es von der CDU und der AfD, die das bestehende Abtreibungsgesetz bewahren möchten. Die FDP hingegen plädiert für mehr Zeit zur Auseinandersetzung. Auch lokal bewegt das Thema: Maike Husemann, Geschäftsführerin von Pro Familia Bielefeld e.V., auch zuständig für die Beratungen in Bünde, befürwortet die Legalisierung. Im Gespräch mit der NW in der Bünder Beratungsstelle erläutert sie die derzeitige Gesetzeslage und erklärt, welche Vorteile eine Legalisierung mit sich bringen kann. Was gilt bisher? &bdquo;Derzeit ist der Schwangerschaftsabbruch eine Straftat“, erklärt Maike Husemann. Schwangere können eine Abtreibung nur unter bestimmten Bedingungen vornehmen lassen, wie der Vorlage einer Beratungsbescheinigung aus einer Schwangerschaftskonfliktberatung und einer dreitägigen Wartefrist vor dem Abbruch. Lesen Sie auch: Schwangerschaftsabbruch: Wird Paragraf 218 noch reformiert? Zudem muss die Abtreibung vor Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen. &bdquo;Dann ist der Abbruch straffrei“, erklärt Husemann. Bei einer Missachtung drohen eine Gefängnis- oder eine Geldstrafe. Was würde sich ohne den Paragrafen ändern? Fiele Paragraf 218 weg, bliebe nur ein Rudiment übrig. &bdquo;Wenn jemand eine Frau zwingt, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, das wird weiterhin bestraft “, sagt die Geschäftsführerin. &bdquo;Wegfallen würden die Dreitagesfrist und die Strafbarkeit der Handlung an sich.“ Dies würde die Situation für Beratungsstellen sowie Ärztinnen und Ärzte verbessern, da sie sich dann nicht mehr in einem kriminellen Umfeld bewegten. &bdquo;Wir stehen schon immer für das Recht der Frauen, selbst zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen oder nicht“, erklärt Husemann. Als Beratungsstelle unterstütze sie Frauen dabei, eine Entscheidung zu treffen. Die verpflichtende Beratung stehe allerdings im Kontext des Zwangs - und das sei keine gute Basis. Wie stehen die Chancen für eine Paragrafenänderung? &bdquo;Wir sind vorsichtig optimistisch“, sagt die Geschäftsführerin und fügt hinzu, dass sie sich eine Änderung sehr wünsche. Allerdings zweifle sie, ob jetzt genügend Zeit bliebe, um alle notwendigen Schritte zu durchlaufen und das Gesetz zu ändern. Sie befürchte zudem, dass selbst nach einem Beschluss dieser wieder vor dem Bundesverfassungsgericht lande, weil jemand dagegen klagen und den Beschluss als verfassungswidrig einstufen könnte. Eine ähnliche Situation habe sich bereits Anfang der 1990er Jahre ereignet. Auch interessant: Was eine Bad Oeynhausener Fachanwältin zur Novellierung des Abtreibungsrechts sagt Im Jahr 1992 wurde eine Regelung aus der DDR übernommen, die Frauen die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen als Kassenleistung ermöglichte. Nach einer Klage entschied sich das Bundesverfassungsgericht jedoch dagegen. Es stehe das Recht auf Leben des Ungeborenen gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frau. &bdquo;Es ist ein Dilemma, und das sehen wir auch so“, sagt Husemann. Aber nur die Frau habe das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung. Was würde sich für Ärztinnen und Ärzte ändern? Husemann hofft, dass sich mehr Ärztinnen und Ärzte dazu entschließen würden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, wenn die gesetzlichen Hürden wegfielen. Die Anzahl an Praxen, die Abbrüche anböten, sei rückläufig. &bdquo;Sie müssen aus der Schmuddelecke herauskommen“, meint sie und erklärt, dass dies für alle Beteiligten eine Erleichterung sei. Ärztinnen und Ärzte stünden dann nicht mehr ständig mit einem Bein im Gefängnis. Außerdem sei ein früher Schwangerschaftsabbruch besser für die Frauengesundheit. Ein Kommentar: Ampel plant neues Abtreibungsgesetz: Der Paragraf 218 muss weg &bdquo;Je früher ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird, desto schonender ist es für die Frau“, betont Husemann. Viele Hürden, wie die vorherige Beratung und das Aufsuchen der Krankenkassen bis hin zur Geldleihe, würden wertvolle Zeit kosten. Zudem sei es notwendig, dass der Schwangerschaftsabbruch mehr Beachtung in medizinischen Lehrplänen finde. &bdquo;Ein Abbruch ist eine medizinische Grundversorgung, aber wird paradoxerweise nicht als diese gesehen“, erklärt die Geschäftsführerin.

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