Führungswechsel in Herford: Carina-Stiftung unter neuer Leitung

Herford. In den ersten sechs Lebensjahren entsteht der Großteil der Unterschiede in den sprachlichen, mathematischen und sozialen Fähigkeiten zwischen Kindern. Gute frühkindliche Bildung könnte diese Unterschiede ausgleichen. Diesen Ansatz verfolgt die Carina-Stiftung in Herford seit 2004. Die neue Geschäftsführerin bringt dafür umfassende Expertise mit. Caroline Struchholz (33) vereint gleich mehrere Kompetenzen für ihren neuen Job: 2015 schloss sie ihr Lehramtsstudium in Mathematik und Erziehungswissenschaften in Paderborn ab. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie ein weiteres Jahr im Projekt &bdquo;Balu und Du“, bei dem Studierende Kinder als Freunde begleiten – wie Mogli und Balu aus dem Dschungelbuch. Schon damals knüpfte sie erste Kontakte zur Carina-Stiftung, da jedes Stiftungsprojekt wissenschaftlich begleitet wird. &bdquo;Das ist uns wichtig“, betont Struchholz. 2016 wechselte sie dann vollständig zur Stiftung. Anfangs in Teilzeit - &bdquo;ich habe nebenher promoviert“ - baute die gebürtige Lippstädterin ein Mentoring- und Coachingprogramm für leistungsmotivierte Schülerinnen und Schüler auf, die zusätzliche Hilfe benötigen. &bdquo;Jedes Kind bekommt einen persönlichen Paten“, erklärt sie die Idee dahinter. Er hilft bei Bildungs-, aber auch bei Lebensfragen. Dabei griff Struchholz auf ihre Erfahrungen aus dem Projekt &bdquo;Balu und Du“ zurück – nur dass sich ihr &bdquo;Schlaufuchs-Programm“ nicht auf Grundschulkinder konzentriert, sondern Schüler weiterführender Schulen anspricht. Verantwortung für 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2020, nach erfolgreicher Promotion, bot der Stiftungsvorstand ihr eine Vollzeitstelle an, &bdquo;mit der Perspektive Geschäftsführerin zu werden“, sagt sie. Ihr Vorgänger hat sie in den vergangenen Jahren eingearbeitet. Zum Jahreswechsel hat Struchholz dann das Amt von ihm übernommen. &bdquo;Das war ein fließender Übergang“, sagt sie. Die 33-Jährige trägt nun Verantwortung für rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um die drei großen Säulen der Stiftung kümmern: Das Projekt &bdquo;Chancenreich“ unterstützt junge Familien mit Neugeborenen, bietet ihnen Ansprechpartner, Kurse und Treffen mit anderen jungen Eltern an. &bdquo;Seit Projektbeginn 2009 haben an Chancenreich 5.700 Kinder teilgenommen, das sind rund 55 Prozent aller Herforder Kinder.“ Eine EU-Studie stellt das Projekt sogar als eines von dreien als &bdquo;vorbildliches Programm im Bereich frühkindlicher Bildung“ vor. Lesen Sie auch: Wie die Carina-Stiftung für die Menschen im Kreis agiert Werden die Kinder älter, ist es gut möglich, dass sie anschließend auch vom Programm &bdquo;Kita & Co“ profitieren. Es erleichtert den Übergang von der Kita in die Grundschule, der von vielen Kindern als schwierig wahrgenommen wird. 70 Prozent aller Kitas und 80 Prozent der Grundschulen im Kreis Herford nehmen teil, beide zusammenzubringen, ist deutschlandweit einmalig. Das pädagogische Fachpersonal wird fortgebildet, und es gibt enge Absprachen zwischen Kitas und Schulen. Viele Kinder profitieren von Programmen der Stiftung &bdquo;Zum Beispiel gibt es einen Übergabebogen für jedes Kind, der von der Kita ausgefüllt wird“, erklärt Struchholz. Was &bdquo;banal klingt“, bringt einheitliche Standards in den Prozess und hilft den Lehrern, die Kinder gut einzuschätzen und individuell zu fördern. Dass das den Kindern tatsächlich hilft, ist bereits erwiesen. Das Projekt wird dennoch weiter wissenschaftlich begleitet. &bdquo;Das Land NRW hat Interesse bekundet und möchte das Projekt ausweiten“, sagt Struchholz stolz. Und zu guter Letzt schließt sich das von ihr etablierte Schlaufuchs-Programm an, das sich an Jugendliche ab der sechsten Klasse richtet und sie bis zum Abschluss begleitet. Lehrer schlagen Schüler vor, die dort durch Paten, Fortbildungen und auch finanziell unterstützt werden. Für jeden Jahrgang stellt die Stiftung 15 Stipendien. Die Carina-Stiftung ist zudem seit Gründung des Studienfonds OWL vor etwa 18 Jahren dort engagiert. Struchholz hat als Geschäftsführerin alle Bereiche im Blick. &bdquo;Ich koordiniere die Projekte, entwickle sie weiter und stehe in engem Austausch mit den Projektleitern“, beschreibt sie ihren Arbeitsalltag. &bdquo;Es ist mir ein Anliegen, nah am Geschehen zu sein“, sagt sie. Schließlich könne sie nur steuern und lenken, wenn sie auch weiß, was passiert. Regelmäßig tauscht sie sich auch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der drei Programme aus. Seit einiger Zeit lebt sie zudem in der Hansestadt – und ist so noch näher am Geschehen. Carina-Stiftung ist seit kurzem auch Bauherrin Gemeinsam mit Vorständin Anne-Catherine Neuhaus und dem Kuratorium (Andreas Hettich, Michael Krause, Ulman Lindenberger und Nikolaus Risch) hat sie eine klare Zielsetzung für die kommenden Jahre: Mit der Ausweitung des Programms &bdquo;Kita & Co“ in NRW werden sie einiges zu tun haben. Ende des Jahres soll zudem eine weitere Studie über die Wirksamkeit des Programms &bdquo;Chancenreich“ bis hinunter auf die Kindebene erfolgen. Seit kurzem ist die Carina-Stiftung auch Bauherrin, hat das &bdquo;Mehrgenerationenhaus Frieda“ in Herford errichtet, in Spenge ihre erste Kita im vergangenen Dezember eingeweiht; eine weitere ist in Planung. &bdquo;Der soziale Aspekt steht im Vordergrund“, sagt Struchholz. Langsam bekommt sie als Bauherrin Übung. &bdquo;Unser Schwerpunkt bleibt aber die frühkindliche Bildung“, winkt sie weitere Fragen dazu ab. Als Geschäftsführerin sieht sie sich da genau am richtigen Platz: &bdquo;Ich kann den sozialen Bereich mit dem logischen, meinem Mathematik-Studium, vereinen.“ Eines ist klar: &bdquo;Spannend“ dürfte die weitere Arbeit bleiben, und &bdquo;nah bei den Kindern.“

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