73 Kinder bekommen in Herford Absage ihrer Wunschschule: Wie fair ist das Losverfahren?

Herford. Wie fair ist ein Losverfahren, wenn es um den Platz an der Wunschschule geht? Und wie soll es einer Einserschülerin vermittelt werden, dass sie trotz der notwendigen Qualifikationen nach den Sommerferien nicht aufs favorisierte Gymnasium wechseln kann? Diese Fragen stellt sich die Mutter von Joanne, nachdem ihre Tochter die Absage vom Friedrichs-Gymnasium erhalten hat. &bdquo;Warum bin ich falsch, wenn ich gut bin?“, fragt die Zehnjährige ihre Mutter. &bdquo;Da war ich sprachlos“, erzählt sie am Telefon der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Joanne ist eine von 102 Viertklässlern, die sich für ihre weitere Schullaufbahn das Friedrichs-Gymnasium (FGH) ausgesucht haben. Doch die Schule kann nur 90 Jungen und Mädchen für das kommende Schuljahr 2024/25 aufnehmen. Das sind zwölf Anmeldungen zu viel. In diesem Fall entscheidet das Los. In einer Vorgabe der Bezirksregierung Detmold heißt es dazu: &bdquo;Das Verfahren hat unabhängig von persönlichen Verhältnissen und frei von sonstigen Einflüssen ein allein vom Zufall abhängiges Ergebnis herbeizuführen, um so allen Bewerbern die gleiche (Los-)Chance für die Aufnahme in die Schule zu eröffnen.“ Eine klare Empfehlung der Grundschule für die Schulform Gymnasium oder der nahe Wohnort spielt dabei keine Rolle, erklärt Schulamtsleiterin Heidi Pahmeyer zum Losverfahren. &bdquo;Die Ablehnung war schlimm, aber nicht das schlimmste“ Das macht es für Joanne schwierig zu verstehen. Ihre Mutter erzählt, dass sich die Tochter seit dem dritten Schuljahr fest aufs Gymnasium konzentriert hat: &bdquo;Für ihren Fleiß bekommt sie eine volle Gymnasium-Empfehlung und eine tolle Beurteilung.“ Doch all das war letztendlich nicht ausschlaggebend. &bdquo;Die Ablehnung war schlimm, aber nicht das schlimmste“, erzählt sie weiter. &bdquo;Denn sie wusste, ihre Freunde die eine eingeschränkte Empfehlung bekamen oder nur eine Realschul-Empfehlung hatten, wurden alle angenommen. Sie war so schockiert darüber, dass wenn sie gut ist und alles gibt, bestraft wird. So fühlt es sich für ein Kinderherz an. Das darf nicht sein.“ Eltern haben das Recht, ihr Kind auf dem Gymnasium anzumelden, auch wenn keine direkte Empfehlung für die Schulform ausgesprochen wurde, erklärt Pahmeyer. Und gibt es dann zu viele Anmeldungen, müsse gelost werden. Schulleitungen können vor dem Losverfahren Kriterien anwenden. Aus dem Bildungsdezernat der Stadt heißt es dazu, dass das im Wesentlichen die Aufnahme von Geschwisterkindern ist. Schulformempfehlungen spielen für den Lostopf keine Rolle &bdquo;Kriterien wie das ausgewogene Verhältnis von Jungen und Mädchen oder unterschiedlicher Muttersprachen könnten auch dazu gehören, werden aber in der Regel nicht angewandt.“ Die Auswahl eines Kriteriums oder mehrerer Kriterien liege im Ermessen der Schulleitung. &bdquo;Darüber hinaus haben bestimmte Kinder mit Förderbedarfen an Schulen des gemeinsamen Lernens einen für sie vorgesehenen Platz.“ 73 Viertklässler haben in Herford keinen Platz an ihrer Wunschschule bekommen. Bis zum Stichtag 4. März gab es an der Ernst-Barlach-Schule 28 Anmeldungen mehr als es Plätze gibt, auf die Geschwister-Scholl-Realschule wollten 15 Viertklässler mehr und auch die dritte Realschule, Otto-Hahn, musste 18 Schüler ablehnen. Das FGH verzeichnete als einziges der drei Gymnasien zwölf Anmeldungen mehr als es Kapazitäten hat. Demnach kommen alle Kindernamen, außer die vorher festgelegten Ausnahmen, in den Lostopf. &bdquo;Dabei spielt es keine Rolle, welche Schulformempfehlung das jeweilige Kind hat oder wo es wohnt. In Höhe der Überhang-Anmeldungen wird ausgelost“, so Pahmeyer. KMG könnte vierzügig werden Die Familien, die eine Ablehnung erhalten haben, konnten ihr Kind in einem zweiten Schritt an einer anderen Schule mit Aufnahmekapazitäten anmelden. Sowohl an der Gesamtschule Friedenstal als auch am Königin-Mathilde (KMG) und Ravensberger Gymnasium (RGH) gab es noch freie Plätze. Mit Blick auf die aktuellen Zahlen haben sich zehn der abgelehnten Kinder nun für eine Schule außerhalb des Stadtgebiets entschieden. An der Gesamtschule Friedenstal sind nun 42 Schülerinnen und Schüler mehr angemeldet. Die Schule kommt nach der zweiten Anmeldephase auf 103 neue Fünftklässler und hätte sogar noch Kapazität für 32 weitere. Einige der Schüler, die gerne auf eine Realschule gegangen wären, werden nun ihre Schullaufbahn am Gymnasium aufnehmen. Hier liegen nach der zweiten Anmelderunde 271 statt vorab 265 Anmeldungen vor. Das FGH kommt auf die anvisierte maximale Schülerzahl von 90 und kann drei neue fünfte Klassen bilden. Für das KMG haben sich 87 statt 81 Schüler entschieden. Bleibt es bei dieser Zahl, wird es einen dreizügigen Jahrgang geben, wächst die Schülerzahl noch an (das ist etwa durch Zuzüge möglich), wird die Schule vierzügig. Am RGH sind die Anmeldungen auf 94 angestiegen. Vorab hatten sich 82 Schüler für die Schule entschieden. Für Joanne wird es jetzt ein anderes Herforder Gymnasium als das favorisierte werden. Ihre Mutter hofft, dass die Enttäuschung durch ein positives Schulerlebnis aufgehoben wird.

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