Drogenküche im Keller: Fall könnte zu einem der größten Herforder Drogenverfahren werden

Herford. Er bemühte sich, unauffällig zu leben und so unter dem Radar der Strafverfolger zu bleiben. Von einem seit Jahren bestehenden Job bei einem Herforder Unternehmen, einem normalen Auto und einem Motorrad, berichten Bekannte. Und einem Reihenhaus im Herforder Nordosten. Nur dass das so normal erscheinende Reihenhaus im Keller eine Drogenküche für Amphetamin beherbergte - in dem wohl seit Frühjahr oder Sommer 2023 im großen Stil von dem 39-jährigen Herforder und seinen beiden mutmaßlichen niederländischen Komplizen (40, 55) Amphetamin zusammengerührt worden sein soll. Davon gehen die Staatsanwaltschaft Bielefeld und die Ermittler für Organisierte Kriminalität aus, die die Gruppe Ende Februar hochgehen ließen. Seitdem sitzt der 39-jährige Familienvater in Untersuchungshaft. Bisher hat er zu den massiven Vorwürfen geschwiegen. Das soll sich nun aber offensichtlich ändern. &bdquo;Mein Mandant ist bereit, mit den Ermittlungsbehörden umfassen zusammenzuarbeiten“, erklärt sein Herforder Strafverteidiger Christian Thüner. Das Umfeld seines Mandanten sei so strukturiert, dass eine Fluchtgefahr - anders als im Haftbefehl aufgeführt - nicht gegebenen sei. Die Hoffnung des Verteidigers: Dass der 39-Jährige zumindest bis zum Prozess auf freien Fuß kommt. Wo ist das Drogengeld? Noch gilt als unklar, wo das Drogengeld des Mannes geblieben ist, dessen Amphetamin über die Niederlande abgesetzt wurde. Im Internet finden sich Hinweise darauf, dass er eine Unternehmergesellschaft gegründet und angeblich Beteiligungen an Unternehmen besitzt. Er selbst wird als Geschäftsführer genannt. Unklar ist auch noch, wie es mit diesen Anteilen nach der Verhaftung weitergeht. Nach der bisherigen Einschätzungen der Bielefelder Ermittler wurde in Herford Amphetamin im Kilobereich gekocht – Hinweise darauf, dass anderes synthetisches Rauschgift zusammengebraut wurde, gibt es bisher aber nicht, so ein Sprecher der Polizei in Bielefeld. Mit dem Wert von mehreren Kilo Amphetamin könnte sich der Untersuchungshäftling, so sich denn die Vorwürfe gegen ihn bestätigen, auf Anhieb einen Spitzenplatz auf der Negativ-Liste der größten Herforder Drogenverfahren sichern. Mehr zum Thema: Herforder Bande zerschlagen: So baut ein Spezialunternehmen das Drogenlabor ab Kiloweise Amphetamin in Wohnung Anfang März 2011 hatte die Kreispolizeibehörde den bis dato größten Drogenfund im Wittekindsland gemacht. Die Ermittler entdeckten sieben Kilo Amphetamin in der Wohnung eines 28-Jährigen in Enger. &bdquo;Für die Kollegen der Drogenfahndung ist dies der bislang größte Schlag gegen die Drogenszene in Herford“, stellte der damalige Polizeisprecher Joachim Thater-Klas fest. Die Menge von 7.000 Gramm reichte aus, um daraus 14.000 Speed-Päckchen zu portionieren. Der damalige Schwarzmarktwert: 90.000 Euro. Mitte Dezember 2005 hatten Beamte eines Spezialeinsatzkommandos in Herford vier Dealer bei einer Drogenübergabe gefasst. Die Männer wollten vier Kilo Amphetamin an einen Abnehmer übergeben. An der Steinstraße flog 2005 ein damals 46 Jahre alter Pizzeria-Besitzer auf. Sechs Kilo Heroin hatte er durch Kuriere aus den Niederlanden nach Herford geschmuggelt. Die Drogenfahnder gingen damals davon aus, dass die Pizzeria, die vor allem am Wochenende frequentiert wurde, als &bdquo;Waschanlage“ für Drogengelder betrieben wurde. Denn Kundenzahl und der angebliche Umsatz, so die damaligen Observationsergebnisse, passten einfach nicht zusammen. Es wurde damals vermutet, dass Geld aus den Drogengeschäften an die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK floss. Die unglaubliche Menge von zwölf Kilo Heroin soll ein anderer Herforder Rauschgifthändler umgesetzt haben, der 2010 aufflog: Der Großdealer hatte zur Tarnung einen 400 Euro-Mini-Job in einer Pizzeria. Mit 100 Kilo Heroin an der Grenze 2008 fielen ein damals 44-jähriger Mann aus Herford und sein Vater (63) aus Löhne in ihrer präparierten Mercedes A-Klasse an der türkisch-bulgarischen Grenze auf. Im Inneren fanden sich 86 Kilo Heroin für rund 2,5 Millionen Euro. Hier führte die Spur zu einem Verwandten in die Niederlande. Dort war der Mercedes für den Heroinschmuggel vorbereitet worden. Doch es gibt noch gravierende Fälle: Den bis dato größten mutmaßlich für Herford und Bielefeld bestimmten Drogenfund machten türkische Zöllner im Mai 2004: Am Grenzübergang in Edirne stoppten sie den VW-Bulli aus Enger. Gefahren wurde er von einer Frau, die in der Engeraner Innenstadt lebte. Im Inneren des Bulli fanden sich 100 Kilo Heroin. Als mutmaßlichen Auftraggeber hatte die Polizei einen Verwandten der Frau im Visier, der ebenfalls in Drogengeschäfte verstrickt war und durch einen verdeckten Ermittler überführt worden war. Was Amphetamin auslöst Die monatelangen Ermittlungen im aktuellen Herforder Fall gehen auf Hinweise aus den Niederlanden zurück. Spezialkräfte hatten Ende Februar das Haus in Herford und weitere Wohnungen in Bielefeld gestürmt, den Herforder und seine beiden mutmaßlichen Komplizen (40,55) festgenommen. Sie stehen im Verdacht, bandenmäßig synthetische Drogen hergestellt und damit Handel getrieben zu haben. &bdquo;Hier geht es nicht um einen kleinen Drogenring in Herford. Hier sollten offenkundig große Abnehmergebiete mit Amphetaminen versorgt werden“, erklärt Polizeisprecherin Hella Christoph. Amphetamin wird in der Drogenszene auch als Speed oder Pep bezeichnet. Es wird oft im Umfeld von Clubs abgesetzt. Der Konsum kann Herzinfarkte sowie Schlaganfälle mit Hirnschäden auslösen.

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