Herforder Politik beschließt das Aus für das OWL-Forum

Herford. Das OWL-Forum ist vom Tisch - und mit ihm sind es aller Wahrscheinlichkeit nach auch die fast 65 Millionen Euro von Bund und Land dafür. Die gut zweieinhalb Stunden lange Debatte vor der Entscheidung im Stadtrat war geprägt vom Werben für das Projekt, von Unterstellungen gegen die Verwaltung, Zweifeln an Kosten und Erkenntnissen aus den bisherigen Gutachten sowie der Sorge der Überschuldung. Dabei ging es ausschließlich um einen Architekten-Wettbewerb für 1,5 Millionen Euro, mit dem auch noch offene Fragen geklärt werden sollten. Gegen ein Kulturzentrum am Janup hatte der Stadtrat schon zuvor mit deutlicher Mehrheit für Wohnbebauung - bei 29 Ja- und 12 Nein-Stimmen - entschieden. FDP, Linke, Bürger für Herford (BfH), Liste 2004 und das Herforder Bürger Bündnis (HBB) hatten die Prüfung der Veranstaltungsstätte in der Radewig beantragt. Wie gespalten das Gremium zum OWL-Forum ist, zeigte am Ende die geheime Abstimmung: 20 Ratsmitglieder votierten für den von den Grünen beantragten Architekten-Wettbewerb, 20 dagegen, zwei enthielten sich. Da der Grünen-Antrag damit keine Mehrheit fand, ist das Projekt nach Jahren der Diskussion, Besichtigungen anderer Kulturstätten und zweier Gutachten, die Claudio Vendramin (Grüne) zufolge 220.000 Euro kosteten, insgesamt gescheitert. Vendramin hält dem Stadtrat 1.000 Euro hin In der Debatte hatte Vendramin 1.000 Euro aus der Tasche gezogen: Er habe nichts zu verschenken, sagte er. So viel Geld gehe jedem Herforder und jeder Herforderin verloren, wenn der Stadtrat jetzt keine 26,50 Euro je Bürgerin, je Bürger investiere. Die 1.000 Euro sind ihm zufolge die Pro-Kopf-Zuwendung von Bund und Land für die Herforder für das Projekt, die 26,50 Euro die Pro-Kopf-Investition für den Architekten-Wettbewerb und die bisherigen Gutachten. Claudia Schumacher (Grüne) warb in einer emotionalen Rede dafür, den Philharmonikern die Aussicht auf angemessene Arbeitsbedingungen nicht zu verbauen. Denn die seien unzumutbar. &bdquo;Ich als Laie habe unter besseren Bedingungen geprobt als die NWD-Musiker.“ Sie appellierte auch an den Rat, die Nordwestdeutsche Philharmonie (NWD) als zur Stadt gehörig und als Zuzugsgrund zu begreifen. Sie selbst sei nach Herford gezogen, weil es hier die NWD und das Marta gebe. &bdquo;Sonst wäre ich nicht hierher gezogen.“ Irene Broßzeit (Grüne) erzählte, ihr kürzlich verstorbener Fraktionskollege Herbert Even habe erhebliche Mehrkosten für den Fall errechnet, dass Theater und Schützenhof als Spielstätten erhalten und saniert werden müssten. Und er sei sehr akribisch bei seinen Berechnungen gewesen. Es gab genügend Zeit für andere Ideen Die Grünen würden am Güterbahnhof als Standort für ein OWL-Forum nicht hängen, sagte Broßeit. Aber das sei der einzige Ort, für den es halbwegs belastbare Zahlen gebe. Den Gegnern des Architekten-Wettbewerbs warf sie vor, dass sie nie mehr als Skizzen für den Janup oder Anträge für andere Konzepte vorgelegt hätten. &bdquo;Es gab genügend Zeit, die eigenen Vorstellungen zu konkretisieren.“ Auf den Hinweis, dass Bürgermeister Tim Kähler das OWL-Forum doch von einer breiten Mehrheit getragen wissen wollte, erinnerte Thomas Besler (SPD) an die knappe Mehrheit, mit der die Entwicklung des Bildungscampus auf dem Stiftberg beschlossen wurde. Und sie gelte nun - auch finanziell - als Erfolgsprojekt. Insofern seien auch knappe Mehrheiten kein Schaden. Als einziger CDU-Politiker sprach sich Werner Seeger für den Architekten-Wettbewerb aus. Auch er appellierte sehr emotional für den Architekten-Wettbewerb. Ausgerechnet diejenigen, die behaupteten, die Stadt könne sich das nicht leisten, würden Vorschläge für ein Kulturzentrum am Janup machen, das am Ende noch teurer werde. Die CDU-Mehrheit ist gegen das Forum Die Stadt könne sich ein OWL-Forum sehr wohl leisten, sagte er, wohl auch in Richtung der eigenen Fraktion, von der er zum dem Zeitpunkt offenbar schon wusste, dass sie mehrheitlich gegen den Architekten-Wettbewerb entscheiden würde. Von einer solchen Kulturstätte würden am Ende noch seine Kinder und Enkel profitieren. Mit Jürgen Berger konterte dann einer seiner Fraktionskollegen, dass er fürchte, seine Enkel müssten dafür noch kräftig zahlen. CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Helmerking erinnerte daran, dass sich die Politik seit inzwischen 2017 mit dem OWL-Forum beschäftige. Die Entscheidung erst einmal nur für einen Architekten-Wettbewerb erinnerte ihn an Walter Ulbrichts Äußerung vom 15. Juni 1961. Der DDR-Staats- und Parteichef hatte damals gesagt: &bdquo;Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Mit anderen Worten: Gibt es erst den Wettbewerb, wird auch das OWL-Forum errichtet. Die Vergabe des Auftrags für ein OWL-Forum an einen Generalunternehmer werde die Kosten nicht senken, prognostizierte Helmerking. Bund und Land würden sich an den späteren Betriebskosten nicht beteiligen. Für die NWD habe die Stadt erst kürzlich ordentlich Geld zuschießen müssen. Und die Differenz zwischen der Theater-Sanierung für den Aula-Betrieb des Ravensberger Gymnasiums und für Theateraufführungen hatte er als begrenzt in Erinnerung. Eine Sanierung macht das Theater nicht zukunftsfähig Theater-Leiterin Marlies Leibitzki hatte allerdings erst kürzlich den Politikern verdeutlicht, dass das Theater durch eine Sanierung nicht zukunftsfähig werde. Auch Birgitt Fischer (SPD) sagte, dass es für den modernen Theaterbetrieb nicht zu sanieren sei. &bdquo;Was wir wollen, ist unbenommen“, sagte Helmerking und ergänzte mit Blick auf den Haushalt: &bdquo;Aber was können wir uns leisten?“ Es werde erhebliche Folgekosten geben, und er habe nie gehört, an welcher Stelle die eingespart werden sollten. Der Kulturetat der Stadt betrage jährlich 9 Millionen Euro. Allein das Marta benötige nach der Mittelfristplanung künftig 3,2 Millionen Euro im Jahr. Zudem hätten die Gutachten zum OWL-Forum Fragen offen gelassen. In ihnen glaubt Andreas Gorsler (CDU) Fehler gefunden zu haben: Ihm zufolge würden die jährlichen Betriebskosten eines OWL-Forums nicht bei 3,8 Millionen, sondern bei 7 Millionen Euro liegen. Zudem gebe es kein Bodengutachten, auch der Lärmschutz und die Frage von Erschütterungen durch den Bahnverkehr am Güterbahnhof seien ungeklärt. Warum es die Idee eines OWL-Forums gibt Kähler erinnerte daran, dass die Bestandsaufnahme der sanierungsbedürftigen Gebäude Theater und Schützenhof der Grund gewesen war, weshalb es überhaupt die Idee eines OWL-Forums gebe. Es sei um die Frage gegangen, ob es besser ist, die Kosten für die Sanierung aufzuwenden oder ein neues Kulturzentrum zu bauen, das weitergehende Möglichkeiten - für NWD und Theater, aber auch für die freie Kulturszene - schafft. Vor allem auch die kleineren Fraktionen im Stadtrat sprachen sich gegen den Architekten-Wettbewerb aus. Zu teuer, so im Tenor Linke, HBB und BfH. Als &bdquo;schon fast hinterhältig“ hatte Eckart Klemens (FDP) zuvor die Verwaltung bezeichnet, weil sie die Wohnbebauung am Janup im Stadtrat vor dem OWL-Forum diskutieren ließ. Tatsächlich hatte die Verwaltung den vergangenen Jahren immer transparent kommuniziert, dass sie diese Idee verfolgt und dafür auch eine Mehrheit gefunden.

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