Plötzlich monatlich 600 Euro mehr: Herforder muss für Pflegeheim nachzahlen

Herford. Dass unter anderem Inflation und steigende Energiekosten sich in zum Teil deutlichen Preiserhöhungen in vielen Bereichen des täglichen Lebens niederschlagen, ist für viele Menschen nichts Neues. Ein drastisches Beispiel für gestiegene Preise hat jetzt Bernd Oberschachtsiek der &bdquo;Neuen Westfälischen“ geschildert: Auf einen Schlag muss der Herforder für die Unterbringung und Versorgung seiner 94-jährigen Mutter, die seit April 2022 im Wohn- und Pflegezentrum Wichernhaus der Evangelischen Diakoniestiftung lebt, insgesamt 6.800 Euro zahlen. So sei der monatliche Eigenanteil bei Pflegegrad vier um satte 31 Prozent erhöht worden. &bdquo;Statt 2.212,99 Euro zahlen wir jetzt 2.868,84 Euro im Monat, das sind 655,85 Euro mehr“, sagt Bernd Oberschachtsiek. Damit aber noch nicht genug: Die Erhöhung gilt rückwirkend zum 1. Juli 2023, was bedeutet, dass zusätzlich ein Betrag von rund 4.000 Euro nachgezahlt werden muss. Ankündigung über Erhöhung im Mai 2023 Die Evangelische Diakoniestiftung habe in einem Schreiben vom 17. Mai vergangenen Jahres angekündigt, die Beiträge für die fünf Pflegegrade um 30 bis 53 Prozent (Entgelte für Pflege und Betreuung) erhöhen zu wollen. Zudem sollten die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung um 18 Prozent erhöht werden, auch bei der Pflegeausbildung wurden Erhöhungen angekündigt, die bereits am 1. Januar 2024 in Kraft getreten sind. Ende November habe die Stiftung mitgeteilt, dass es noch keine Vereinbarung mit den Pflegekassen und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) über die neuen Pflegesätze gebe, so dass die Erhöhungen noch nicht wirksam werden könnten. Im gleichen Zug informierte die Stiftung über weitere Erhöhungen: So sollten die Investitionskosten um 30 Prozent (von 492,20 Euro auf 641,86 Euro pro Monat) und der Vergütungszuschlag Ausbildungsumlage um 21 Prozent (von 128,07 Euro auf 155,75 Euro) zum 1. Januar 2024 steigen. Erst am 30. Januar habe er ein Schreiben erhalten, in dem die Diakoniestiftung mitteilte, dass es zu einer Vereinbarung mit den Pflegekassen und dem LWL über die Vergütungssätze gekommen sei, die zu den drastischen Erhöhungen geführt hätten. Verfahren auch laut Pflegekasse korrekt Bernd Oberschachtsiek fragt sich, ob derartige Erhöhungen, dazu noch rückwirkend, überhaupt rechtmäßig, beziehungsweise juristisch haltbar sind. &bdquo;Bislang hat das Geld immer noch knapp gereicht, aber jetzt müssen wir an die Ersparnisse ran“, so Oberschachtsiek. &bdquo;Uns geht es finanziell ganz gut, aber müssen andere dann womöglich ihr Haus zu Geld machen?“ In einer Mitteilung erklärt Edda Weise, Vorstandssprecherin der Evangelischen Diakoniestiftung, dass Erhöhungen immer auf den Eigenanteil der Bewohnerinnen und Bewohner durchschlagen, da die Pflegekassen und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ihre Anteile seit 2017 nicht mehr erhöht hätten. Ursache für die Erhöhungen seien höhere Tarife für die Beschäftigten und deutlich gestiegene Kosten für Energie und Nahrungsmittel. Zudem sei der Pflegeschlüssel verbessert worden. Lars Wischeloh, zuständiger Vertreter der AOK Nordwest, habe ihm ebenfalls bestätigt, dass die Evangelische Diakoniestiftung alles richtig gemacht habe und das Verfahren korrekt gelaufen sei. Die Verzögerungen bei den Verhandlungen seien auch dadurch zu erklären, dass nur 2,5 Mitarbeiterstellen für die Verhandlungen über die Pflegesätze zuständig seien und diese für eine Vielzahl von Einrichtungen verantwortlich seien. Finanzielle Belastung deutlich gestiegen Laut einer Studie der AOK Nordwest habe die finanzielle Belastung der Pflegeheim-Bewohnenden in NRW einen neuen Höchststand erreicht. Im Vergleich zu 2022 seien die pflegebedingten Eigenanteile um durchschnittlich 15,1 Prozent gestiegen. So erhielten die Bewohnenden Ende 2023 im Schnitt 514 Euro pro Monat von der Pflegeversicherung für ihre pflegebedingten Eigenanteile erstattet. 814 Euro mussten sie für die Pflege selbst zahlen, dazu 1.156 Euro für die Unterkunft und Verpflegung und 583 Euro für Investitionskosten, was eine durchschnittliche Gesamtbelastung von 2.553 Euro im Monat bedeutet. Bernd Oberschachtsiek hat in dieser Angelegenheit mittlerweile auch Stefan Schwartze, den Patientenbeauftragten der Bundesregierung, eingeschaltet.

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