Biekra verklagt Krankenkassen: Muss der Herforder Betrieb Krankentransporte einschränken?

Herford/Bielefeld. Es knirscht gewaltig im deutschen Gesundheitssystem. Fehlendes Personal und zu wenig Geld machen den unterschiedlichen Akteuren zunehmend zu schaffen. Auch die Finanzierung von privaten Krankentransporten ist in eine Schieflage geraten. So jedenfalls schildert es der Anbieter Biekra, der in Herford und in Bielefeld sitzt. &bdquo;Wir sehen eine Ungerechtigkeit bei der Bezahlung. Das wollen wir nicht mehr länger akzeptieren“, sagt Karsten Geßner, einer der beiden Geschäftsführer der Biekra Krankentransport GmbH in Bielefeld. Sein Geschäftsführerkollege aus Herford pflichtet ihm bei: &bdquo;Seit sieben Jahren ist die Vergütung unverändert - nicht einen Cent mehr“, sagt Christoph Fiedler. Deswegen klagt das Unternehmen seit mehreren Jahren vor dem Sozialgericht Detmold gegen die Krankenkassen. Bislang allerdings ohne Erfolg. Sollte das Gericht weiterhin kein Einsehen haben und sich die Kassen ebenfalls nicht bewegen, wäre eine Einschränkung ihres Angebots die Folge, betonen die Geschäftsführer. So würden sie über eine Einstellung des 24-Stunden-Dienstes nachdenken, da die Bedienung von Randzeiten aufgrund der geringeren Anzahl von Fahrten die Kosten zusätzlich treiben würde. Im Kreis Herford fährt die Biekra im Schnitt vier Einsätze in der Nacht. &bdquo;Das lässt sich auskömmlich nicht mehr abbilden“, sagt Fiedler. Nach Angaben des Kreises Herford liegt der Sicherstellungsauftrag beim Kreis. Einen Großteil übernimmt die Biekra. Das sind 70 Prozent aller Krankentransporte, bestätigt Kreissprecher Patrick Albrecht. &bdquo;Wenn wir nachts nicht mehr fahren können - ohne drauf zu zahlen - müsste es der Kreis kompensieren“, so Fiedler. Biekra fährt weit mehr als die Hälfte aller Krankentransporte Dies hätte Folgen für Menschen, die für den Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus auf Hilfe angewiesen sind. Die Biekra fährt nach eigenen Angaben jährlich im Kreis Herford etwa 6.000 Fahrten, in der Nachbarstadt Bielefeld sind es pro Jahr 22.000 von 37.000 Krankentransporten. Fiele ein Teil davon weg, würde es schwieriger werden, einen Transport zu bekommen. Neben den oftmals von Taxiunternehmen übernommenen Krankenfahrten und der Notfallrettung bildet der von einer medizinischen Fachkraft begleitete Krankentransport die dritte Säule des abgestuften Systems der Krankenbeförderung. 97,44 Euro erhalten private Anbieter wie Biekra pauschal von den Kassen für einen Transport innerhalb des Kreises Herford. Hinzukommen 1,57 Euro pro Kilometer. &bdquo;Im Schnitt sind das 135 Euro“, sagt der Geschäftsführer. In Bielefeld sieht die Rechnung wie folgt aus: Hier gibt es von den Krankenkassen pauschal 113 Euro pro Fahrt bis zu zehn Kilometern. Zum Vergleich: Kommunale Anbieter, zu denen auch sogenannte Leistungserbringer wie das Rote Kreuz oder die Johanniter gehören, erhalten in Bielefeld mehr als das Doppelte, nämlich 282 Euro. Im Kreis Herford bekommt der kommunale Anbieter 361,63 Euro, plus 4,81 Euro pro Kilometer. &bdquo;Wir müssen knallhart mit den Kassen verhandeln“ Hinter der ungleichen Bezahlung für eine weitestgehend identische Leistung steckt ein vom Gesetzgeber gewolltes Prinzip. Denn während die kommunalen Anbieter nach in örtlichen Satzungen festgelegten und von Krankenkassen damit kaum beeinflussbaren Gebühren abrechnen, müssen private Anbieter in jeder Kommune einzeln mit den Kassen verhandeln. &bdquo;Wir haben aber dieselben Vorschriften, an die wir uns halten müssen. Ausstattung und Wartung der technisch immer aufwendigeren Fahrzeuge sowie die Qualifizierung beim Personal sind Kostenfaktoren, die wir nicht beeinflussen können“, erläutert Jürgen Lengert aus Bielefeld. Allein 70 Prozent der Transportkosten würden auf das Personal entfallen. Hinzukomme Benzin, Medizintechnik: &bdquo;Wir legen permanent Geld drauf“, sagt der Herforder Geschäftsführer. Doch die Vergütung würde sich seit 2016 nicht verändern. Dabei seien die Preise überall gestiegen. Fiedler macht es am Beispiel eines neuen Krankentransportwagens deutlich. Ein Fahrzeug hätte 2016 noch rund 75.000 Euro gekostet. &bdquo;Heute zahlen wir 135.000 Euro“, da die Technik und Ausstattung besser, aber auch teurer geworden sei. Im Schnitt 135 Euro für eine Fahrt lasse sich daher nicht mehr abbilden, so Fiedler. &bdquo;Wir zahlen drauf und unsere Rücklagen sind aufgebraucht.“ Konsequenzen könnte es bereits im Sommer geben, kündigt Fiedler an, der beklagt, dass sie im Regen stehen gelassen werden. &bdquo;Leider geht die Kommunikation mit den Krankenkassen gegen Null.“ Krankenkassen schweigen Die Forderung der Geschäftsführung: 180 Euro pro Fahrt. &bdquo;Das würde reichen, um realistisch kalkulieren zu können.“ Um diesen Preis zu untermauern, haben sie kürzlich ein Gutachten, welches der &bdquo;Neuen Westfälischen“ vorliegt, beim Sozialgericht Detmold eingereicht. Dass die Kassen bislang kein Entgegenkommen gezeigt haben, finde die Biekra noch aus einem weiteren Grund befremdlich. Denn, wenn die Privaten vom Markt gedrängt würden, müssten die kommunalen Anbieter einspringen. Selbst wenn diese das leisten könnten, würde es unter dem Strich für die Krankenkassen teurer, &bdquo;da sie dann ja nach der Gebührensatzung zahlen müssten“. Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) in NRW sowie die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) wollen sich zu dieser Problematik sowie zu anderen Fragen in diesem Zusammenhang mit Verweis auf das laufende Gerichtsverfahren nicht äußern.

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