Was ist spannender: das RTL-Dschungelcamp oder das Herforder OWL-Forum?

Was ist eigentlich spannender: das Dschungelcamp oder die Diskussion um das OWL-Forum? Wer ein Herz für das RTL-Reality-Format hat, wird jetzt entrüstet aufschreien und denken, ich beleidige seine Sendung. Der Rest der Leserschaft wird wohl mit dem Kopf schütteln und beides für eine rechte Zeitverschwendung halten. Doch als bekennender Dschungelcamp-Fan lege ich hiermit die Unterhaltungslatte hoch und behaupte: Der Spannungsbogen rund um das OWL-Forum entwickelt sich steil nach oben und tritt in scharfe Konkurrenz zum TV-Zickenfest. Ähnlich wie die Camper in den meisten Staffeln einen Mitcamper auswählen und ihm das Leben schwer machen, hatten Politiker ihren Unmut gezielt gegen Bürgermeister Tim Kähler gerichtet. Der geplante Kulturtempel für Theater und Philharmonie sei sein Ego-Projekt. Es sei viel zu teuer, schimpften einige, und stellten zugleich noch kostspieligere Forderungen. Manche wollten partout nicht an begrenzten Raum glauben, entwarfen munter Luftschlösser und sorgten so für größtmögliche Verwirrung im Spiel um die Zukunft der Kultur. Der Bürgermeister wollte schließlich nicht mehr mitspielen und pfefferte die Pläne zum Forum in die Ecke. Beobachter dieser Show, die auf ein gutes Ende mit fertigen Plänen für die Kultureinrichtungen gehofft hatten, stellten fest, dass sie statt Arte RTL schauten. Es ging schließlich nicht mehr um kluge Kalkulation und vernünftige Planung. Vielmehr schien das Politcamp den kommunalen Volksvertretern aufs Gemüt geschlagen zu haben. Neben Selbstinszenierung brach sich Verwirrung Bahn. Erstaunlich, denn es ist davon auszugehen, dass in der Politikshow weder Schlaf- noch Essensentzug oder gar finstere Dschungelprüfungen belasten. Kampagne von Gebäude- und Standortgegnern Zuschauerin Anne Struthoff, Vorsitzende des Stiftungsrates der NWD-Stiftung und somit ein Fan des OWL-Forums, schrieb in ihrer Sendungskritik – im Vorwort des Programmhefts zum Stiftungskonzert der Philharmonie – über eine Kampagne von Gebäude- und Standortgegnern. &bdquo;Es erschüttert mich persönlich, wie schnell populistische Meinungsmache an dieser Stelle jahrelange Vorarbeit zerschmettert hat.“ Die neueste Wendung ist nun bemerkenswert. Denn diese Vorarbeit will nicht die SPD fortführen, sondern die Grünen wollen dem Kulturtempel eine letzte Chance geben. Sie haben beantragt, dass das OWL-Forum auf der Tagesordnung der kommenden Ratssitzung steht. Mit dem Ziel, den nächsten Planungsschritt zu gehen: ein Architektenwettbewerb. Der soll klären, ob mit dem von Bürgermeister Tim Kähler vorgeschlagenen Preisdeckel von 120 Millionen Euro das Kulturhaus so zu bauen ist, wie die bisherigen Raumplanungen es vorsehen. Und somit die noch im Raum stehenden 65 Millionen Euro Fördermittel genutzt werden können, die für ein OWL-Forum von Bund und Land zugesagt waren. Parteien werden im Rat nicht geschlossen abstimmen Das ist erstaunlich, weil die Grünen das Kulturprojekt bislang eher zurückhaltend betrachtet hatten. Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass sich die Partei des Bürgermeisters hinter die Bemühungen ihres Stadtoberhauptes stellt. Doch auch hier sind die Reihen nicht geschlossen, sind sich die Politcamper untereinander nicht einig. Spannend geht es nun weiter, weil die Parteien im Rat nicht geschlossen abstimmen werden. Die Meinungen gehen zu sehr auseinander, auch innerhalb der Fraktionen. 23 Stimmen sind nötig für eine Mehrheit. Die Frage, wer sich doch noch dafür entscheidet, dem OWL-Forum eine letzte Chance zu geben, ist also hochspannend. Und schließlich werden die zuschauenden Bürger bei der nächsten Kommunalwahl 2025 entscheiden, ob sie Kähler wieder zum Stadtoberhaupt wählen. Sollte er nicht vorher auch aus diesem Spiel aussteigen wollen. Im Vergleich dazu war das Dschungelcamp ziemlich öde dieses Jahr. Immerhin hat es Lucy verdient, Königin zu sein. Neben Energie und Einsatz hat sie es geschafft, bei allen Campern beliebt zu sein.

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