So erlebten Herforder Eltern die Zeit auf der Frühchenstation

Kreis Herford. Ella ist ein aufgewecktes und lebendiges Kind. Sie tobt nach dem Pressefoto mit einem Luftballon in der Hand über den Flur der Frühgeborenenstation am Klinikum. Zwei aufgemalte Zwerge an der Wand dahinter halten ein Plakat: "Manches fängt klein an. Manches ganz groß. Aber manchmal ist das Kleinste das Größte!" Für Janina Jäger und ihren Partner Stefan Utikal ist ihre zweieinhalbjährige Tochter das Größte. Dass es ihr gut geht, dafür haben beide mit viel Herzblut über Monate in der Frühgeborenenstation der Herforder Kinderklinik und lange danach hart gekämpft. Ella wurde am 19. April 2021 um 7.55 Uhr im Mutter-Kind-Zentrum des Klinikums per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Dass ein Frühchen wie sie sich so prächtig entwickelt, das ist nicht selbstverständlich. Und dafür sind die Eltern unsagbar dankbar. Welt-Frühgeboren-Tag am Freitag, 17. November Berichten möchten sie aber doch, wie wertvoll ärztliche Versorgung, Pflege und Zuwendung des Teams der Frühgeborenenstation für sie selbst und das Leben ihres Kindes gewesen sind: "Ella soll ein Mutmacher für andere Familien sein. Sie ist ein Beweis, dass ein so früh geborenes Kind eine so gute Entwicklung nehmen kann." Ein Anlass dafür ist der Welt-Frühgeboren-Tag am Freitag, 17. November, an dem sich das Klinikum Herford mit einem Aktionstag zwischen 11 und 16 Uhr im Foyer beteiligt. Die aktuell gute Nachricht dahinter: Das für Eltern im Kreis Herford wohnortnahe Perinatalzentrum Level 1 bleibt erhalten, obwohl es formal nach den neuen Kriterien des Landes nicht die Bedingung einer Mindestmenge erfüllt. Mit 825 Gramm Gewicht auf die Welt geholt Frühchen Ella wurde in der 25. Schwangerschaftswoche mit 825 Gramm Gewicht und 33 Zentimetern Länge auf die Welt geholt. "Das war in der Schwangerschaft nicht absehbar, die Komplikation kam überraschend", sagt Janina Jäger, die wie auch ihr Partner selbst am Klinikum arbeitet. "Ella wurde direkt vom Leitenden Oberarzt Dr. Uwe Spille und der Oberärztin Dr. Esther Strothmann versorgt, untersucht und beatmet. Ich durfte am selben Abend auf die Frühgeborenen-Intensivstation K3 zu meiner Tochter. Für das Team ist es sehr wichtig, dass die Kinder früh Kontakt zu den Eltern haben." Am zweiten Tag durfte die Mutter mit Ella "känguruhen" - eine "intensive Kuschelzeit". Das Kind liegt auf dem Bauch, hört den Herzschlag der Mutter. Das fördert das Urvertrauen. "Wir schauen von Tag zu Tag, ob sie es schafft", schenkten die Ärzte den Eltern reinen Wein ein. Die ersten 14 Tage seien kritisch. "Wir wurden wunderbar behandelt, sie leisten da tolle Arbeit und nehmen sich viel Zeit für die Eltern", sagt Janina rückblickend. "Die Psychologin Katrin Ramöller ist auch für die Eltern mit ihren Ängsten da und leistet eine Art Seelsorge." Ab der 30. Woche konnten die Eltern aufatmen. Wie ein aus dem Nest gefallenes Vogelbaby Das hat die Mutter damals aufgeschrieben: "Ella sieht mit ihrer roten, schrumpeligen Haut aus wie ein aus dem Nest gefallenes Vogelbaby. So winzig und unglaublich leicht. Aber für uns ist sie perfekt." Zunächst durften die Eltern nur die Hand auflegen. "Was man liebt, möchte man streicheln", sagt sie. "Aber dafür war die Haut am Anfang zu dünn." Es war eine Zeit mit Corona-Einschränkungen. 103 Tage lang war von morgens 8 bis 12 Uhr und nachmittags 15 bis 18 Uhr immer nur ein Elternteil beim Kind. "Wir haben uns fast die Klinke in die Hand gegeben", erinnern sich beide. Ein Stresstest, auch für die Beziehung, doch: "Wir haben das durchgestanden, weil wir eine jahrelange funktionierende Beziehung haben." Juhu: 1.000 Gramm sind erreicht "Ängste sind eine emotionale Sache. Ich war oft wütend, weil ich dachte, alle haben ein gesundes Baby und sind damit zu Hause. Und man selber fährt abends allein nach Haus und lässt das Liebste zurück. Eine Zeit lang habe ich die Intensivstation mit ihren technischen Geräuschen verabscheut. Aber Ärzte- und Pflegeteam haben uns viel Mut gemacht." Als die 1.000 Gramm erreicht waren, hängten sie ein gemaltes Bild mit "Juhu" ans Bettchen. Am Muttertag hat eine Schwester aus einem Fußabdruck einen Schlüsselanhänger gemacht. "Das Team macht viel, um das Positive herauszustellen", sagt Stefan Utikal. Emotional geholfen hat auch eine Frühchen-Gruppe auf Instagram. "Ich war überrascht, wie glücklich und dankbar ich mich fühlte für jeden Tag, an dem Ella am Leben war und Fortschritte gemacht hat", erinnert sich Janina Jäger. Das Kind wurde die ganze Zeit mit der Sonde ernährt, und es gab auch Rückschläge, so dass Ella etwa wieder beatmet werden musste. Als Ella schon zwei Monate zu Hause war, musste sie in Bethel operiert werden, doch auch das verlief gut. "Wir haben auch privat noch viel mit Ella gemacht wie Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie und Heilpraktikerbehandlung", sagt Janina Jäger. Es hat sich gelohnt: "Wir freuen uns total." Und das tun auch Uwe Spille und Kinderkrankenschwester Vanessa Kleinfeldt, als sie Ella beim Fototermin wiedersehen.

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