CDU-Feierstunde zur Deutschen Einheit in Herford: Fingerzeige zwischen Brahms und Mozart

Kreis Herford. Der CDU-Kreisverband hat zum Tag der Deutschen Einheit in den Schützenhof geladen, und die Herforderinnen und Herforder erscheinen zahlreich. Das ausgerechnet ein Jugendlicher in der Diskussionsrunde das Wort ergreift und darum bittet, sich auf politischer Ebene mehr um die Jugend zu bemühen, lässt ebenso aufhorchen wie der Hinweis von Reinhard Göhner, Ex-Mitglied des Bundestages, man möge in der Feierstunde doch bitte auch den Wegbereiter der Deutschen Einheit, Helmut Kohl, erwähnen. Joachim Ebmeyer steht im Eingang und begrüßt seine Gäste mit Handschlag. Bis auf den letzten Platz sind alle Plätze besetzt. Der CDU-Kreisvorsitzende hat für die Podiumsdiskussion Ralph Brinkhaus (MdB), Mathias Polster (Gästeführer) und Ali Toprak (Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinschaft Deutschlands und Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland) gewinnen können. Ein Ensemble der Nordwestdeutschen Philharmonie spielt ein Werk Joseph Haydns aus dem Trio in G-Dur, nach Redebeiträgen folgen Stücke von Brahms und Mozart. In seiner Eröffnungsrede verurteilt Ebmeyer den "völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine" und sichert "die uneingeschränkte Solidarität" seiner Partei zu. Der Krieg zeige, wie verletzlich der Friede sei und wie wichtig Versöhnung, Verständigung, Frieden und Freiheit wäre. Es herrsche eine Zeit der Unsicherheit, die spürbar sei. Bezogen auf den Tag der Deutschen Einheit stellt er die Frage, ob die "innere Einigung" tatsächlich schon vollzogen sei und spielt damit auf den Erfolg der AfD in den neuen Bundesländern an. "Innere Einigung" noch nicht vollzogen Ralph Brinkhaus wendet sich mit einer Bitte an die Gäste: "Lassen Sie uns doch auch mal Zuversicht und Optimismus nach außen tragen, das täte dem Land gut." Die Wiedervereinigung sei eine friedliche Revolution unter schwierigsten Bedingungen gewesen und habe gezeigt, dass Menschen etwas verändern können, wenn sie etwas verändern wollen. "Wenn Ostdeutsche das damals unter den schwierigen Bedingungen geschafft haben, was können wir dann heute vereint gemeinsam schaffen?", sagt Brinkhaus kämpferisch. Der Herforder Stadtführer Mathias Polster, gebürtiger Sachse, beschreibt launig seine DDR-Vergangenheit und wollte ursprünglich in der Heimat bleiben. Damals war er 18 Jahre alt, unpolitisch. Doch als er zur Grenztruppe der DDR kam, habe er schnell bemerkt: "Ich habe ein Problem mit diesem Land." Er geriet in Konflikte mit dem Staatsapparat, sei vor dem Mauerfall ausgewiesen worden und fand in der Werrestadt seine neue Heimat. In seiner Stasi-Akte, so berichtet er, stand später: "Genosse Polster verfügt über politische Wissenslücken und er ist nicht bereit, diese zu schließen." Ali Toprak hat die Wiedervereinigung anders erlebt. Der gebürtige Türke mit kurdischen Wurzeln kam 1970 nach Deutschland und wuchs in Recklinghausen auf. Als die Mauer fiel war er Schüler an einem Gymnasium, beantragte kurz vorher die deutsche Staatsbürgerschaft. "Weil ich den Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte und den Verbrechen respektiere und achte", so das CDU-Mitglied. Europa sei die einzige Quelle der kulturellen Freiheit. "Doch wenn ich das Land als Teil meiner selbst verstehe, dann habe ich auch das Recht, es zu kritisieren", so Toprak weiter. Und mit Kritik geizt er nicht: "Wir müssen endlich einzelnen Gruppen klar machen, dass sie hier nicht der Nabel der Welt sind. Unsere Grundwerte sind nicht verhandelbar." Grundwerte sind nicht verhandelbar Dass in Deutschland lebende Türken für den türkischen Präsidenten Erdogan bei den letzten Parlamentswahlen gestimmt haben, lässt Toprak fast schon sprachlos zurück. "Wer hier in Deutschland lebt, muss auch die freiheitlich-demokratischen Grundwerte leben - oder er solle zurück in die Türkei ziehen." Reinhard Göhner, ehemaliges Mitglied im Bundestag, vermisse etwas in dieser Feierstunde. Man dürfe nicht vergessen, dass es diese Einheit ohne den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl gar nicht gegeben hätte. Göhner erinnert an die Verdienste von Adenauer und Erhard, lobt 16 Jahre Angela Merkel und findet, dass in der jetzigen Politik parteiübergreifend zuviel Verzagtheit an den Tag gelegt würde. "Ich würde mir mehr Selbstbewusstsein wünschen, wir sind immerhin die Partei der Deutschen Einheit", fügt er hinzu und erntet dafür Applaus. Birgit Ebel, Lehrerin an einer Herforder Schule, äußert ihren Unmut darüber, dass es eine Neuauflage der Demo gegen die Polizei gibt, empfindet das als "ungeheuerlich" und sieht gar einen Angriff auf die Demokratie an sich: "Warum befassen sich die Beratungsstellen nicht endlich auch mit Themen wie Salafismus und Islamisierung?", so die Pädagogin, die sich die erste Demo angeschaut hat und von den Ausschreitungen geschockt zeigt. Ebmeyer antwortet, einen "genauen Blick" darauf zu haben und betont: "Wir müssen uns hinter diejenigen stellen, die uns verteidigen." Hinter diejenigen stellen, die uns verteidigen Schließlich ergreift ein junger Mann das Mikro. Er ist Schüler am Königin-Mathilde-Gymnasium und richtet einen Appell an die Anwesenden: "Es ist erschreckend, wie politisch ungebildet manche Schülerinnen und Schüler meines Jahrgangs sind", sagt der einzige Jugendliche, der in den Schützenhof gekommen ist. "Auf dem Schulhof werden Stammtischparolen gedroschen, aber wenn man Namen wie Baerbock oder Weigel hinterfragt, dann herrscht Ratlosigkeit. Wir brauchen dringend mehr Jugendarbeit", mahnt er - und erntet Applaus von den Anwesenden.

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