Nach Verkehrsversuch: Mindener Straße in Herford soll dauerhaft einspurig bleiben

Herford. Das liefert Stoff für erregte Diskussionen: Bürgermeister Tim Kähler und der Beigeordnete Peter Böhm schlagen in Absprache mit ihren Fachleuten den Politikern im Verkehrsausschuss vor, die sanierungsbedürftige Mindener Straße voll auszubauen. In Anlehnung an den Verkehrsversuch zugunsten der Radfahrer und Fußgänger soll nur mit einem Fahrstreifen für Autos in jede Richtung geplant werden. Es geht darum, im Sinne einer Mobilitätswende eine attraktive, schnelle und sichere Verkehrsverbindung für Fahrradfahrer zu schaffen. Erster Schritt wäre die Vergabe der Planungsleistungen an ein Ingenieurbüro. Wie im Verkehrsversuch geht es um den städtischen Abschnitt der Mindener Straße zwischen Theaterkreuzung und Umgehungsstraße. Wann und wie der innenstadtnähere Abschnitt zwischen Theaterkreuzung und Berliner Straße mit seinen katastrophalen Rad- und Gehwegen folgt, steht in den Sternen. Hier ist das Land Baulastträger. Straßen-NRW lässt wissen, dass man einem fahrradfreundlicheren Ausbau zwar offen gegenüber stehe, aber keine personellen Kapazitäten für Planung und Ausführung eines Verkehrsversuches habe. Die Stadt kann und will hier selbst bei einer Kostenbeteiligung von Straßen-NRW nicht in die Bresche springen. Verkehrsversuch hat nach Meinung der Verwaltung grundsätzlich funktioniert Peter Böhm und der neue Fahrradbeauftragte der Stadt, Simon Häberli, erläuterten am Freitag den Beschlussvorschlag der Verwaltung. Der Verkehrsversuch ist Mitte 2022 gestartet. Ziel ist es, herauszufinden, wie der Autoverkehr auf halbierter Fläche funktioniert, wie das Angebot von Radfahrern angenommen wird und wo gegebenenfalls Verbesserungsbedarf besteht. Grundsätzlich habe der Versuch gezeigt, dass die zweistreifige Verkehrsführung funktioniere, so Böhm. Schon die dem Versuch vorangegangene Simulation des Ingenieurbüros habe ergeben, dass die Straße auch mit einer Spur je Richtung das Verkehrsaufkommen bewältigen könne. Dabei habe sich bereits ein Schwachpunkt herausgestellt. Es ist die Kreuzung mit dem Ortsieker Weg und der Waltgeristraße in Höhe der Grundschule Mindener Straße. Man habe sich seinerzeit dennoch für einen Probebetrieb ohne kostenaufwendigen Umbau der Kreuzung entschieden, erinnerte Böhm. Bei einem Vollausbau müsse der Knotenpunkt aber um eine Rechtsabbiegerspur auf der Mindener Straße in den Ortsieker Weg ergänzt werden. Dafür müsste der Grundschule etwas vom Schulhof abgeknapst werden. Ohne diese Rechtsabbiegerspur gelte die Kreuzung als unakzeptabel überlastet. Zahl der Radfahrer um 130 am Tag gestiegen "Der Zuwachs beim Radverkehr ist überschaubar", räumt Böhm ein. Laut Zählung des Ingenieurbüros ist die Zahl der Radfahrer längs der Mindener Straße um rund 130 an einem Tag angestiegen. Querender Radverkehr hat an den Knotenpunkten abgenommen. Vermutlich waren das Radler, die bisher versucht haben, Nebenstrecken zu fahren. Peter Böhm ist der Überzeugung, dass die Zahl der Radfahrer auf der Mindener Straße durch Gewöhnung weiter steigen werde - erst recht, wenn die Straße in Zukunft Teil eines gut ausgebauten Fahrradwegenetzes sei. Das habe sich auch in Städten wie Kopenhagen gezeigt. "Nur ein Streckenabschnitt rettet uns nicht", meint Böhm. Die Zahl der Autos hat sowohl im Tagesschnitt als auch in den Hauptverkehrszeiten auf der Mindener Straße leicht abgenommen. Einige Autofahrer sind wohl auf andere Routen ausgewichen. Dieser Effekt konnte aber nicht aufwiegen, dass Autofahrer gerade in Spitzenzeiten deutlich langsamer unterwegs sind, als vorher. Morgens um 7 Uhr verdoppelt sich die Fahrzeit Im Tagesmittel, so ergaben die Erhebungen am Dienstag, 21. Juni 2022, und am Montag, 8. Mai 2023, ist die sogenannte Reisezeit zwischen Mindener Straße 30 und 130 stadteinwärts von 2,2 auf 2,7 Minuten und stadtauswärts von 2,3 auf 3 Minuten gestiegen, also rund eine halbe Minute. Deutlich negativer stellen sich die Reisezeiten in den Tagesspitzen dar. So erhöhte sich die Fahrzeit zwischen 7 und 8 Uhr morgens stadteinwärts von 2,8 auf 4,6 Minuten, nachmittags zwischen 16 und 17 Uhr von 2,5 auf 4 Minuten. Das entspricht einer Abnahme des Tempos von 29 auf 17 km/h am Morgen und von 31 auf 26 km/h am Nachmittag. Betrachte man die absolute Spitzenzeit morgens zwischen 7 und 7.30 Uhr, müsse man mit einer Verdoppelung der Fahrzeit rechnen, sagte Böhm. Probleme für Rettungsdienst oder Feuerwehr habe es nicht gegeben, da die gegebenenfalls über den Radweg fahren dürfen. Zweiräder sind heute schneller und teils größer Simon Häderli betonte, dass eine Radwegeführung auf dem Bürgersteig nicht mehr zeitgemäß sei. Mit E-Bikes und Lastenrädern seien auch andere Zweiräder unterwegs als früher. Der Radverkehr solle auch nicht um große Straßen herumgeführt werden. Unstrittig scheint, dass die Mindener Straße von Grund auf saniert werden muss. Sollte das entgegen der Verwaltungsvorlage doch vierspurig erfolgen, müsste aufgrund neuer Vorgaben mindestens auf einer Straßenseite der Parkstreifen aufgegeben werden, sagte Böhm. Probleme könnte es dann auch mit dem wertvollen Baumbestand geben. Böhm hofft auf eine Grundsatzentscheidung noch in diesem Jahr. Eine Planung könnte dann im Sommer 2024 der Politik zur Entscheidung vorgelegt werden. Mit dem Umbau könnte die Stadt dann 2026 beginnen. Anders als an der Salzufler Straße würden Kanal und Versorgungsleitungen nicht vorab erneuert. Die Tiefbauarbeiten würden vielmehr in Bauabschnitten und da in einem Rutsch erledigt.

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