Zuschuss für den Kauf von Waschbären-Fallen im Kreis Herford beantragt

Kreis Herford/Löhne. Die Obernbecker Ecke in Löhne ist eine alte Tongrube. Die Bürger nennen sie Kerawil nach der Firma, die den Tonabbau dort betrieb. Das Besondere: Sie beherbergt seltene Reptilien und Amphibien, darunter Kreuzkröten. Haben die Kreuzkröten einen einigermaßen stabilen Lebensraum ohne lang anhaltende Trockenphasen, wie sie im Klimawandel zunehmen, kommen sie eigentlich gut zurecht, auch dank ihrer hohen Reproduktionsrate. Wäre da nicht der Waschbär. Die Kreuzkröten sind durch ihre Haut eigentlich gut vor Fressfeinden geschützt. Denn sie schmeckt nicht. Doch Waschbären sind schlau: Einzelne Tiere haben über die Jahre gelernt, die Kröten zu häuten und so an das Fleisch zu gelangen. &bdquo;Da muss man erstmal drauf kommen, und dann muss man das auch noch können“, sagte jetzt Klaus Nottmeyer von der Biologischen Station im Naturschutzbeirat. Und: Die sehr sozialen Tiere würden ihr Wissen weitergegeben. Vor Jahren haben deshalb Jäger mit Unterstützung der Biologischen Station und des Kreises rund um die Tongrube Fallen aufgestellt. Das sind zwar Lebendfallen, aber letztlich endet der Fang für die Tiere tödlich. Was das bedeutet zeigte Nottmeyer anhand eines Fotos von einem jungen und niedlichen Waschbären, der mit großen Augen in die Kamera blickt: Wenn es um die Tötung der Tiere geht, gibt es einen Konflikt zwischen Jägern und Naturschützern auf der einen und Teilen der Öffentlichkeit, die sehr positiv auf die possierlichen Tiere reagieren, auf der anderen Seite. Die Tiere haben sich in Europa ausgebreitet Inzwischen hat jedoch ganz Europa einen Konflikt mit den Tieren. Das Problem komme aber aus Deutschland“, wie Nottmeyer sagte. Denn Waschbären sind eigentlich in Nordamerika heimisch, wurden aber in den 1930er Jahren in Hessen ausgesetzt. In den 1940er Jahren flüchteten zudem einzelne Tiere aus Berliner Pelztierfarmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten dann die ersten Vierbeiner in NRW auf, eingewandert aus Hessen. Inzwischen gibt es rund 200.000 Waschbären in Deutschland. Das Problem war vor einigen Jahren, dass die Naturschützer in der Kerawil zunehmend gehäutete Kröten fanden – vielmehr: die Reste davon. Deshalb unterstützten einen Zuschussantrag für Fallen. Zehn Stück wurden damit angeschafft, die Jägerschaft kaufte noch einige weitere hinzu. Am Ende standen zu Spitzenzeiten zwölf Fallen in ungefähr 600 Metern Abstand rund um die Tongrube. Ab 2020 fingen die Jäger daraufhin 28 Tiere, 2021 waren es 46 und im vergangenen Jahr 29 Waschbären. Die Population scheint also rückläufig – bei gleichbleibender Anzahl von Fallen. Auch die Jägerschaft sage, es seien weniger Waschbären da, so Nottmeyer. Nach seinen Erkenntnissen betreten die Tiere das Gebiet mit den geschützten Kröten nur noch als Besucher. Zudem gebe es in den Fallen auch keine älteren Weibchen mehr. Und die hätten das Problem verursacht. Waschbären könnten von außen in das Gebiet einwandern Allerdings wüssten sie nicht, wie viele Waschbären es überhaupt im Kreis gebe: &bdquo;Waschbären sind sozial. Wenn mal ein Tier gefangen wurde, merken sich die anderen solche Stellen als schwierig und geben das auch weiter.“ Zudem würden inzwischen teilweise auch anderswo Waschbären gefangen. Ansonsten könnten immer wieder Tiere einwandern. Der Kreis habe zeitgleich dem Aufstellen der Fallen durch die Jäger mit EU-Förderung begonnen, Maßnahmen zu Schutz der Kreuzkröten zu ergreifen. Vorhandene Teiche, die zuwuchsen, hat er freigeschnitten und aufgeweitet, neue Teiche angelegt, und auch tiefere Becken, in denen die Kröten lange Trockenperioden überleben können. Im Juni trockneten beispielsweise viele Teich aus und belasteten die Kerawil-Population. Dank des Regens im August und der langen Reproduktionsphase der Kröten – die ist Nottmeyer zufolge bei den meisten anderen Amphibien kürzer – hätten sich dann Erfolge gezeigt: Er habe sehr viel Laich und auch sehr viele Kaulquappen gesehen. Zudem sehe er seit zwei Jahren keine gehäuteten Kröten mehr. &bdquo;Das könnte darauf hindeuten, dass die Weitergabe des Wissens, wie die Kröten gehäutet werden, unterbrochen ist.“ Die Jäger haben viel Arbeit mit den Fallen Mit dem Aufstellen der Fallen ist es allerdings nicht getan: Nottmeyer zufolge haben die Jäger viel Arbeit damit. Signalisieren die Fallen einen Fang, müssen sie hin, sowieso aber zweimal täglich. Sie würden das machen, wollten aber nicht auch noch viel Geld reinstecken, wie ein Jäger im Beirat sagte. Denn die Fallen kosteten immerhin 800 bis 1.000 Euro ohne Einbau. Die Tiere zu kastrieren und wieder frei zu lassen – eine Forderung, die kürzlich die Bünder Tierheimleiterin Renate Siekkötter gestellt hatte -, sei keine Option, sagte Nottmeyer: Ein Gesetz verbiete, invasive Arten in die Natur zu entlassen. Siekkötter hatte auf entsprechendes Projekt in Berlin hingewiesen, das den Namen &bdquo;Hauptsache Waschbär“ trägt. Demnach soll in einem umgrenzten Gebiet der Hauptstadt eine große Anzahl von Waschbären gefangen und unfruchtbar gemacht werden. Nottmeyer hatte dazu noch keine Erkenntnisse. In jedem Fall müsse das dann aber gesetzeskonform vonstatten gehen. Auch die Tierschutzorganisation Peta plädierte für Sterilisation und Kastration: In bejagten Populationen steige der Anteil der sich fortpflanzenden weiblichen Tiere mehr als in nicht bejagten Populationen, es komme dadurch eine Fortpflanzungsspirale, hatte sie argumentiert. Allerdings meinte der emeritierte Professor Hans-Dieter Pfannenstiel von der Freien Universität Berlin, dass es trotzdem nie mehr Tiere würden, als vorher dagewesen seien. Mit Krötenzäunen deckt der Mensch dem Waschbären den Tisch Andere Aspekte spielten in der Diskussion im Naturschutzbeirat ebenfalls eine Rolle: Die an Krötenzäunen in Eimern gefangenen Kröten seien für Waschbären wie ein gedeckter Tisch, hieß es da. Zu Zeiten von Krötenwanderungen müssten sie darauf achten. Außerdem gingen die Waschbären auch an Gelbbauchunken, die in NRW vom Aussterben bedroht sind, ja, eigentlich an alle Amphibien, die sie finden könnten. Letztlich beantragte der Naturschutzbeirat 1.500 Euro im Jahr als Zuschuss für die Jäger zum Kauf von Fallen. Ebenso viel schießt die Kreisjägerschaft sowieso schon zu, hieß es. Den Angaben der Jäger zufolge werden übrigens andere Tiere als der Waschbär immer frei gelassen, wenn sie nicht bejagt werden dürfen. Zu anderen Zeiten oft ebenfalls – und Katzen sowieso.

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