Blitzüberfall auf Herforder Juwelier: Mutmaßlicher Serien-Räuber vor Gericht

Herford/Bielefeld. Es könnte ein längerer Prozess werden - bei fraglichem Ausgang. Ein 41 Jahre alter Mann aus Litauen muss sich derzeit vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. Er ist angeklagt, vor beinahe acht Jahren an einem Raubüberfall auf einen Herforder Juwelier beteiligt gewesen zu sein. Es ist jedoch fraglich, ob dieser Nachweis zu führen sein wird. Am 26. Juni 2015 betraten zwei maskierte Männer den Verkaufsraum des Juweliergeschäfts Hungeling an der Höckerstraße, ein weiterer Maskierter sicherte die Eingangstür. Mit einer Axt zerschlugen sie mehrere Glasvitrinen und steckten Uhren im Wert von rund 15.500 Euro in ihre mitgeführten Rucksäcke. Mehrere Mitarbeiterinnen sowie eine Kundin des Geschäfts flohen in einen Werkstattraum, den sie hinter sich verschlossen. Die Täter waren genauso schnell wieder verschwunden wie sie gekommen waren - der gesamte Überfall hatte nicht einmal eine Minute lang gedauert. Dabei hatten die Männer einen Sachschaden von rund 1.400 Euro angerichtet. Reizgas gesprüht Der am Eingang postierte Maskierte hatte zudem beim Verlassen des Ladens Reizgas in den Verkaufsraum gesprüht, so dass die Mitarbeiterinnen und die Kundin bei ihrer Rückkehr Atembeschwerden und Augenreizungen erlitten. Die Täter sollen Mitglieder einer von Litauen aus operierenden Bande gewesen sein, die sich auf so genannte Blitzeinbrüche bei Juwelieren in mehreren europäischen Ländern spezialisiert hatte. Insbesondere auf hochwertige Uhren hatten es die Männer abgesehen. Einer der in Herford beteiligten Räuber ist 2018 vom Bielefelder Landgericht unter anderem wegen dieser Tat zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bei diesem Mann handelt es sich um denjenigen, der die Eingangstür abgesichert und das Reizgas versprüht hatte. Führende Rolle in der Bande Während der Dritte im Bunde immer noch unbekannt ist, soll es sich bei Täter Nummer zwei um den nun angeklagten Artur G. handeln. Der 41-Jährige soll laut Staatsanwaltschaft eine leitende Rolle in der Bandenstruktur innegehabt haben. So soll er bei den Überfällen vor Ort die Aufgabenverteilung festgelegt haben. Artur G. sitzt derzeit aufgrund zweier Urteile der Landgerichte in Regensburg und Osnabrück wegen weiterer Blitzüberfälle Freiheitsstrafen von insgesamt achteinhalb Jahren ab. Da er auch in seiner litauischen Heimat mehrfach vorbestraft ist, "wird G. bei seiner voraussichtlichen Haftentlassung im Dezember 2028 13 Jahre in Haft gesessen haben", sagte der Vorsitzende Richter Christoph Meiring nun zum Prozessauftakt vor der X. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts. Und diese Aussicht war noch exklusiv des möglicherweise in Bielefeld zu erwartenden Nachschlags. Doch ob es diesen tatsächlich geben wird, ist alles andere als sicher - wird der Tatnachweis doch möglicherweise nur sehr schwer oder eben auch überhaupt nicht zu führen sein. Der Angeklagte schweigt Artur G. schweigt beharrlich zu dem Vorwurf. Sein bereits verurteilter Komplize B. ist mittlerweile nach Litauen abgeschoben worden, wo er unbekannten Aufenthalts und somit für die Justiz als Zeuge nicht zu greifen ist. Darüber hinaus waren dessen bisherigen Angaben zu einer etwaigen Beteiligung von Artur G. nicht frei von Widersprüchen. Und die damals im Laden anwesenden Frauen haben aufgrund der Kürze des Überfalls und der Maskierungen niemanden erkannt, den sie nun - insbesondere nach acht Jahren - noch einwandfrei identifizieren könnten. Objektiv belastet wird Artur G. lediglich durch Spuren seiner DNS, die Ermittler auf einer von den Tätern im Geschäft zurückgelassenen Plastiktüte sichergestellt hatten. "Doch wie das mit DNS-Spuren so ist: Es ist fraglich, zu welchem Zeitpunkt diese an die Tüte gekommen sind", sagte Richter Meiring. Der Prozess wird am 5. Juni fortgesetzt.

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