Bereits 15 Geburten im hebammengeleiteten Kreißsaal im Klinikum

Herford. Vor rund drei Wochen, am 2. Mai, brachte Jennifer B. im Herforder Klinikum ihren Sohn Lennart zur Welt, eines von etwa 1.300 Kindern, die jährlich im Klinikum geboren werden. Diese Geburt war dennoch etwas Besonderes, denn der kleine Lennart wurde im hebammengeleiteten Kreißsaal geboren. Diesen gibt es im Mutter-Kind-Zentrum des Klinikums seit Oktober vergangenen Jahres. Werdende Mütter können hier allein unter der Anleitung von Hebammen entbinden. Ein Arzt wird nur hinzugezogen, wenn unvorhergesehene Komplikationen während des Geburtsvorgangs auftreten. Die Hebammen übernehmen auch die Betreuung der Mutter im Wochenbett. Für Jennifer B., die ihren Nachnamen aus persönlichen Gründen nicht in der Zeitung lesen möchte, hätte die Geburt trotz der Dauer von acht Stunden kaum entspannter verlaufen können. "Es war einfach eine sehr schöne, heimelige und auch intime Atmosphäre. Neben der Hebamme war nur mein Mann mit dabei. Ich habe zunächst in der Badewanne gelegen und wurde von der Hebamme betreut. Als später Schichtwechsel war, hat mit Jana Klöpper meine eigentliche Hebamme, übernommen", erzählt Jennifer B. "Sie hat mich gefragt, wie ich alles haben möchte und mich in Ruhe gelassen, das war einfach sehr entspannt." Dass ein Arzt für den Notfall in der Nähe gewesen sei, habe sie als sehr beruhigend empfunden, ergänzt die 38-Jährige. Geburt des ersten Kindes mit einigen Komplikationen Dass sich Jennifer B. überhaupt für die selbstbestimmte Geburt im hebammengeleiteten Kreißsaal entschieden hat, liegt auch an den Erfahrungen, die sie bei der Geburt ihres ersten Kindes vor rund sechs Jahren gemacht hatte. "Das war überhaupt nicht schön. Die Geburt musste irgendwann eingeleitet werden, weil das Kind nicht kam. Ich hatte große Schmerzen, musste die ganze Zeit auf dem Rücken liegen, der Arzt war ständig da und zwei Leute mussten auf meinen Bauch drücken, damit das Kind herauskam", erinnert sie sich mit Schrecken. Neben ihrem Mann und dem Arzt seien zwei Hebammen und noch zwei weitere Leute bei der zwölfstündigen Prozedur im Kreißsaal dabei gewesen. "Am Ende ist alles gut gegangen, aber ich hatte danach noch eine ganze Weile damit zu tun", erinnert sie sich. Die Geburt ihres zweiten Kindes vor vier Jahren sei dagegen völlig komplikationslos verlaufen. "Da ich ein wenig Fruchtwasser verloren hatte, war ich hier im Krankenhaus. Als die Wehen nachts einsetzten, bin ich zur Hebamme gegangen. Es ging ohne Arzt alles sehr schnell und war sehr viel entspannter als bei meinem ersten Kind. Da habe ich gedacht, dass ich das bei meinem dritten Kind genauso haben möchte." Ihre Gynäkologin hat ihr von dem hebammengeleiteten Kreißsaal berichtet. "So dass ich beschlossen habe, mich dafür anzumelden", sagt die Herforderin mit einem Lächeln. Seit Oktober haben laut Jana Klöpper 15 Frauen ihr Kind im hebammengeleiteten Kreißsaal zur Welt gebracht. "Wir würden uns wünschen, dass es noch mehr werden", hofft die Hebamme, die auch die Geburt des Sohnes von Jennifer B. begleitet hat, auf eine höhere Nachfrage. Allerdings kommen längst nicht alle schwangeren Frauen für eine solche Geburt in Frage. So gebe es einen großen Katalog an Risiken, die während einer Schwangerschaft auftreten können, sagt Jana Klöpper. "Dazu zählen zum Beispiel Bluthochdruck und Diabetes, aber auch wenn das Kind zu klein oder zu groß ist", so Klöpper. Etwa bei zehn Prozent aller Schwangeren sei eine Geburt im hebammengeleiteten Kreißsaal möglich. Hebamme benötigt zwei Jahre Berufserfahrung Eine zeitliche Entlastung seien die Geburten für die Hebammen nicht. "Es ist eine sehr intensive 1:1-Betreuung, aber gerade für solche Erlebnisse habe ich ja den Beruf erlernt", sagt Friederike Pilarski, leitende Hebamme am Klinikum. Bevor eine Hebamme die Geburt selbst leiten kann, benötigt sie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Von den 18 Hebammen, die das Klinikum aktuell beschäftigt, könnten zehn bis zwölf Hebammen eine solche Geburt betreuen, sagt Pilarski. "Der Arzt kommt dann quasi nur noch zum Gratulieren." Jennifer B. plant zwar kein viertes Kind, würde das Klinikum aber in jedem Fall weiterempfehlen. "Ich habe mich hier immer sehr gut aufgehoben gefühlt, sowohl vor, während und auch nach der Geburt", sagt die Herforderin.

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