Millionen-Untreue: Ex-Frau widerspricht Herforder Ex-Manager

Herford/Minden/Bielefeld. Blickkontakt vermieden sie: Vor dem Bielefelder Landgericht hat nun die ehemalige Geschäftsführerin eines mittlerweile insolventen großen Personalservice-Anbieters zu den Vorgängen der Jahre 2009 bis 2017 ausgesagt. In dieser Zeit war sie gemeinsam mit ihrem Ex-Mann Geschäftsführerin einer Unternehmensgruppe mit mehreren Gesellschaften, unter anderem mit Sitzen in Bielefeld, Herford und Minden. Ihr 51 Jahre alter Ex-Mann ist angeklagt, zu Unrecht mehrere Millionen Euro von Konten des gemeinsamen Unternehmens auf Konten seiner eigenen Firmen transferiert zu haben. Drei Verhandlungstage lang hatte der Angeklagte seine Sicht auf die damaligen Ereignisse in einer schriftlich ausgearbeiteten Erklärung verlesen. Drei Tage, in denen er jegliche Verantwortung für die spätere Insolvenz des Unternehmens seiner Schwiegerfamilie – er hatte eine Tochter des 2008 gestorbenen Firmengründers geheiratet – von sich wies. Auch seien die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu Unrecht erhoben worden. Die Ermittler werfen dem 51-Jährigen vor, namens seiner eigenen Firmen der Unternehmensgruppe seiner Schwiegerfamilie Leistungen in Rechnungen gestellt zu haben, die es entweder nie gegeben habe oder für die deutlich zu viel Geld geflossen sein soll. Dabei soll er in seiner Funktion als Geschäftsführer des Familienunternehmens die Angestellten angewiesen haben, diese Rechnungen ungeprüft zu begleichen. Vorgänge seien abgesprochen gewesen Diesen Vorwürfen hatte der mittlerweile in Niedersachsen lebende Geschäftsmann vor Gericht vehement widersprochen. Sämtliche Vorgänge seien, wie es in einem Familienunternehmen üblich sei, stets mit seiner ebenfalls als Geschäftsführerin fungierenden damaligen Ehefrau besprochen gewesen. &bdquo;Sie war ständig informiert“, hieß es in der Erklärung des Angeklagten. Aus dem Mund seiner Ex-Frau (54) klang das hingegen vollkommen anders: &bdquo;Ende 2016 habe ich einen Hinweis unserer Buchhalterin bekommen, ich möge doch bitte einmal in unsere Mindener Niederlassung kommen, um mir einen auffälligen Sachverhalt anzusehen“, berichtete die Frau nun vor der IX. Großen Strafkammer des Landgerichts. Dort habe ihr die Mitarbeiterin zahlreiche auffällige Rechnungen von Firmen ihres Mannes gezeigt. Diese hätten teils noch nicht einmal den Mindeststandards genügt – so sei bei einigen kein Rechnungsgrund oder die Art der Leistung eingetragen gewesen, sondern lediglich die zu begleichende Forderung: &bdquo;30.000 Euro, 35.000 Euro, 40.000 Euro – ich war fassungslos“, sagte die Herforderin vor Gericht. &bdquo;Ich habe ihm vertraut“ &bdquo;Ich musste damit erst mal klarkommen“, führte die Zeugin weiter aus, &bdquo;er war ja nicht nur mein Geschäftsführer, sondern auch mein Ehemann und der Vater meiner Kinder.“ Sie habe sodann den Steuerberater des Unternehmens benachrichtigt, um den ganzen Sachverhalt nachvollziehen zu können. &bdquo;Irgendwann 2017 habe ich meinen damaligen Mann darauf angesprochen“, berichtete die 54-Jährige weiter. Am 20. Juni 2017 wurde eine Gesellschafterversammlung abgehalten, in der schon mehrere Änderungen im Binnenverhältnis des Unternehmens besprochen wurden. Im August 2017 schließlich wurde der Angeklagte als Geschäftsführer des Familienunternehmens abberufen. &bdquo;Ich war mit der gesamten Situation tatsächlich überfordert“, sagte die Zeugin vor Gericht. Sie habe zu jener Zeit lediglich eine Handvoll wichtiger Kunden betreut, das gesamte &bdquo;operative Geschäft oblag meinem Mann. Ich habe ihm vertraut“. Dieser habe sich entgegen seiner Angabe vor Gericht auch sehr wenig mit ihr über das Tagesgeschehen ausgetauscht. So antwortete die Zeugin auf die Frage des Vorsitzenden Richters Thorsten Bolte, was sie denn von der Entstehung der Unternehmensgruppe ihres Ex-Manns mitbekommen habe, mit einem kurzen, aber klaren &bdquo;Gar nichts“. Auch der Zweck eines Kredits über mehr als 400.000 Euro, den ihr Mann vom Familienunternehmen erhalten hatte, sei ihr nicht bekannt gewesen. &bdquo;Dass damit irgendwelche Firmen finanziert werden sollten, wusste ich nicht. Ich schneide mir doch nicht ins eigene Fleisch.“ Wegen der Vorgänge zerbrach die Ehe Über die in Rede stehenden Vorwürfe zerbrach die Ehe des Angeklagten, das Familienunternehmen meldete schließlich Insolvenz an und wurde von einer anderen Unternehmensgruppe aufgekauft. Auch der Aussage des Angeklagten, das Familienunternehmen sei zum Zeitpunkt seines Ausscheidens gut aufgestellt gewesen und er werde nur als Sündenbock hingestellt, um die wahren Gründe der späteren Insolvenz – unter anderem eine im großen Stil erfolgte Abwanderung von Mitarbeitern – zu verschleiern, widersprach seine Ex-Frau: &bdquo;Das war nicht so.“ Auch seien die der Anklage zugrunde liegenden Verträge über vermeintliche Leistungen der Firmen des Angeklagten nicht mit ihr abgesprochen gewesen. Der Prozess wird am 24. Mai fortgesetzt.

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