Patientin sexuell missbraucht: Herforder Arzt muss ins Gefängnis

Herford/Bielefeld. Ursprünglich waren es zwei Tatkomplexe, die die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vorgeworfen hatte. Dass er von einem der Vorwürfe letztlich freigesprochen wurde, dürfte für ihn nur ein schwacher Trost sein: Das Bielefelder Landgericht hat nun einen 50-jährigen Arzt aus Herford wegen sexuellen Missbrauchs einer Patientin zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Darüber hinaus verhängte die Kammer für die Dauer von fünf Jahren ein Berufsverbot für den Angeklagten. Am 16. Oktober 2020 wurde die Patientin H. zum wiederholten Mal mit sehr starken Rückenschmerzen in der Praxis des Angeklagten vorstellig. Sie bekam eine Spritze und sollte sich im Anschluss auf eine Liege legen. Dort wies der Arzt sie an, ihre Hose herunterzuziehen. Der Orthopäde betastete die Frau, die schließlich unter Tränen vor Schmerzen bat: &bdquo;Bitte renken Sie mich ein.“ Der Orthopäde hingegen erwiderte: &bdquo;Du musst mir helfen“ – und versuchte, in die Patientin einzudringen. Dies misslang jedoch. Nachdem eine Helferin zur Tür hereingeschaut hatte, ließ er schließlich von der Frau ab. Diese verließ sodann die Praxis. In der Verhandlung vor der IV. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts hatte der Angeklagte diese Version vehement bestritten. Vielmehr sei er von der Patientin bedrängt worden. Außerdem habe diese ständig von ihren Geldsorgen gesprochen und unbedingt finanzielle Unterstützung von ihm haben wollen. Als er diese abgelehnt habe, habe sie gesagt, dass dies Konsequenzen haben werde. Gericht schenkt den Aussagen der Patientin Glauben Dieser Aussage folgte die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Carsten Glashörster jedoch nicht. Im Gegenteil: Es stelle sich die Frage, so der Richter in der Urteilsverkündung, ob mit der Behauptung, Frau H. habe den Angeklagten erpresst, die Grenze eines zulässigen Verteidigungsverhaltens nicht bereits überschritten sei. Dass das Gericht den Ausführungen der Patientin H. hingegen Glauben schenkte, lag an mehreren Faktoren – insbesondere jedoch an dem Sperma des Angeklagten, das die Ermittler in der Unterhose der Patientin festgestellt hatten. Darüber hinaus sei aber auch die Art der Anzeigeerstattung ein Indiz dafür, dass Frau H. die Wahrheit sage, so Glashörster: Diese wollte den Vorfall in der Praxis aus Scham nämlich eigentlich für sich behalten. Als ihr damaliger Freund sie am Tag der Behandlung jedoch länger als vermutet nicht am Handy erreichen konnte, wurde er misstrauisch. Er glaubte nicht, dass sie wirklich so lange in der Praxis gewesen war und vermutete stattdessen eine Affäre, so dass er seine Freundin zur Rede stellte und sie ihm schließlich mitteilte, was vorgefallen war. Am darauf folgenden Montag erstattete sie dann Anzeige bei der Polizei. Ebenfalls angeklagt, die eine Elfjährige missbraucht zu haben Darüber hinaus war der Orthopäde angeklagt, in der Zeit von Sommer 2019 bis zum Mai 2020 die elfjährige Patientin Jenny F. mehrfach, mitunter schwer, missbraucht zu haben. In diesem Punkt sprach das Gericht den Angeklagten jedoch frei. Doch betonte Richter Glashörster in der Urteilsbegründung: &bdquo;Es sprach viel, sehr viel dafür, dass es sich so ereignet hat, wie Jenny F. es uns berichtet hat.“ Doch habe es ein paar Punkte und Ungereimtheiten gegeben, über die die Kammer nicht einfach habe hinweg sehen können: &bdquo;Da stand dann Aussage gegen Aussage“, sagte Glashörster, &bdquo;für eine Verurteilung hat es letztlich in diesem Anklagepunkt nicht gereicht.“ Aber alleine die Tatsache, dass zwei Patientinnen unabhängig voneinander Vorfälle schilderten, die sich sehr ähnlich abgespielt hätten, spreche dafür, dass die Version von Jenny F. zutreffend sei. Verteidiger Christian Thüner kündigte Revision gegen das Urteil an. Der Herforder Rechtsanwalt ist von der Unschuld seines Mandanten überzeugt und hatte konsequenterweise auch einen Freispruch für diesen beantragt. Thüner: &bdquo;Es ist ein ausgesprochen bemerkenswertes Urteil, das für mich als Verteidiger nicht im Ansatz nachvollziehbar ist.“

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