Bielefelder Autohaus vor dem Aus: Wie ist die Lage in Herford?

Herford. Der alteingesessene Bielefelder Ford-Vertragshändler Erdmann & Domke wird zum 31. August den Geschäftsbetrieb ganz einstellen. Die Nachricht hat in der Region hohe Wellen geschlagen. Als Hauptgrund nannte Geschäftsführer Andreas Erdmann in der Neuen Westfälischen die bevorstehenden Veränderungen im Vertriebsmodell des Herstellers. Ford will seine Autos im Direktvertrieb selbst an die Kunden verkaufen. Das Autohaus, für das sich ein Kunde entscheidet, bekommt als Agentur und Service-Partner vor Ort nur eine Provision. Auf deren Höhe hat die Agentur ebenso wenig Einfluss, wie auf den dann deutschlandweit einheitlichen Preis des Fahrzeugs. Laut Erdmann hätte das einen Umsatzverlust von 80 Prozent für sein Unternehmen bedeutet. Bielefelder Ford-Händler ist in einer Sondersituation Allerdings ist Erdmann & Domke in einer Sondersituation. Die Stadt Bielefeld hat das Gelände des Stammsitzes an der Herforder Straße gekauft, um einen Bildungscampus zu errichten. Das Autohaus hätte für eine weitere Zukunft selbst ganz neu bauen müssen. Eine Investition, die man angesichts der angekündigten Kündigung der Händlerverträge scheut. Ulrich Meyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Hermann Meyer GmbH&Co KG mit Zentrale in Bad Oeynhausen und Ford-Stores gleicher Größe als Filialen in Herford, Minden und Lübbecke. Meyer beschäftigt derzeit 104 Mitarbeiter. Der Chef von Ford-Meyer sieht die Lage in Hinsicht auf das veränderte Vertriebsmodell für sein Haus nicht so dramatisch, wie sein Bielefelder Kollege: "Wir bleiben mit unseren Standorten präsent und bieten sichere Arbeitsplätze." Hersteller will Rabattschlachten verhindern Er bestätigt aber, dass Ford europaweit sein Vertriebssystem ändern und dieses Jahr mit einer Frist von zwei Jahren die klassischen Händlerverträge kündigen will. Es sei aber für die Zukunft noch vieles ungeklärt. Für 2025 würden den Mitgliedern im Händlerverband Deutschland-Österreich-Schweiz neue Verträge in Aussicht gestellt. Nächstes Jahr bleibe noch alles wie gehabt. "Mit dem Direktvertrieb will Ford auch das Rabattgebaren einiger deutschlandweit aktiver Händler beenden", meint Ulrich Meyer. Die Höhe dieser Rabatte sei oft kaum nachvollziehbar. An die neuen Verträge mit den zukünftigen Agenturpartnern vor Ort wird Ford wohl Mindestanforderungen zu Gestaltung und Ausstattung der Autohäuser stellen. Stichwort: Corporate Identity - firmentypisches Erscheinungsbild. Hier können Kunden weiterhin Fahrzeuge ansehen, Probe fahren, reparieren und warten lassen und Neufahrzeuge in Empfang nehmen. Die klassische Inzahlungnahme von Gebrauchtfahrzeugen könnte zu einem eigenständigen Geschäftszweig werden. Ford-Meyer sieht sich schon heute als "Leuchtturm-Händler" "Für uns ändert sich baulich nichts", sagt Meyer. "Wir haben bereits entsprechende Investitionen getätigt." Als Ford-Store mit Händler- und Service-Vertrag gehöre man schon zu den "Leuchttürmen" der Ford-Autohäuser mit der Möglichkeit, auch bestimmte exklusive Modelle anzubieten. Vieles sei noch in der Schwebe, aber: "Die Händler werden weiter eine große Rolle spielen." Der Ford-Partner-Verband verhandle mit dem Konzern auf Augenhöhe und man werde Kompromisse finden. Meyer: "Man wird sehen, was dabei herauskommt." Eine zentrale Auslieferungsstelle an den regionalen Händler vorbei werde es jedenfalls nach heutigem Stand nicht geben. Bis das Direktvertriebssystem im Raum Deutschland, Österreich und Schweiz laufen wird wie geplant, wird es mit inzwischen geschätzt fünf bis sieben Jahren aber wohl länger dauern, als von Ford zunächst geplant, hat Meyer erfahren. Das liege auch an den verschiedenen Währungssystemen in der Schweiz und der EU. Ford setzt auf höherwertige Fahrzeuge Bis dahin werde es Übergangslösungen in Form von Stufenverträgen geben, weiß der 55-Jährige und meint: "Es gibt Veränderungen, aber wir behalten eine wichtige Funktion." Derzeit könnte Ford-Meyer mehr Fahrzeuge verkaufen, als Ford liefern kann - insbesondere von Nutzfahrzeugen wie dem E-Transit. "Auch der SUV Kuga mit Plug-in-Hybrid läuft gut". Bielefelder Ford-Fahrern werde man die Möglichkeit bieten, ihre Fahrzeuge in Herford warten und reparieren zu lassen und sich auch im Bezug auf Neufahrzeuge hierhin zu orientieren. Ford ändert unterdessen nicht nur seine Vertriebs-, sondern auch seine Modellstrategie. "Der Trend geht zu höherwertigen Fahrzeugen", sagt Meyer. So wird der Kleinwagen-Klassiker Fiesta aufgegeben. Laut Handelsblatt will Ford von 2030 an ausschließlich Elektrofahrzeuge verkaufen.

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