Wie diese Herforder Firma Leitungswasser von schädlichen Substanzen befreit

Herford. Wasser hat eine große Bedeutung für den Menschen. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass er es zum Überleben braucht. Das belegt aber auch der Imageschaden, den der Nestlé-Konzern bei seinem Bemühen erfahren hat, Grundwasser-Bestände weltweit aufzukaufen. Dabei ist Wasser in Flaschen - oft über weite Wege transportiert - unökologisch. Deshalb werde es das über kurz oder lang auch nicht mehr geben, prognostiziert Maximilian Klink. Sein Herforder Unternehmen, die Hytecon an der Oststraße, verwandelt mit Wasseraufbereitungsgeräten Leitungswasser in hochwertiges Trinkwasser. Klink gehört der Unternehmerfamilie an, die - bis zum Verkauf an einen amerikanischen Konzern - Eigentümer von Wedeco war. Die Wedeco wurde 1976 gegründet, um chemiefreie und umweltfreundliche Wasseraufbereitungstechnologien zu entwickeln, insbesondere für Kommunen und die Industrie. Die Hytecon setzt nun bei Privatanwendern an. Bisher stecken Klink zufolge rund 15 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung der Wasseraufbereitungsgeräte. Umstrittene Wasserfilter Es gibt viele Unternehmen, die solche Geräte anbieten. Die haben teilweise allerdings einen zweifelhaften Ruf. Geschäftsführer Jörn Lohmann kennt die Kritik der Verbraucherzentrale, der zufolge Wasser bei der Aufbereitung eher schlechter als besser wird. Etwa weil Filter verkeimen. Oder weil die Geräte mit der Umkehrosmose arbeiten: Die ist zwar in Asien und den USA populär, erzeugt aber demineralisiertes Wasser, vor dessen dauerhaftem Konsum die EU warnt, weil sie dem Körper Mineralien entziehen kann. Hytecon arbeitet mit diesem Verfahren nicht, und auch nicht mit Ionentauschern, die Mineralien wie Magnesium und Kalzium aus dem Wasser filtern. Mineralien im Wasser bleiben bei Hytecon unangetastet. Prokuristin Melina Kelterborn verweist schmunzelnd auf Edelsteine, die sich manche ins Wasser legen, um es energetisch aufzuladen. Solche Effekte seien nicht bewiesen. "Damit haben wir nichts zu tun", sagt Lohmann. Zweifelhafte Wasserqualität Er kennt natürlich auch die Garantie des Bundesumweltamtes, das sauberes Wasser bis zum Hauseingang verspricht. Der jüngste Abschlussbericht des EU-Ausschusses für nachhaltige Süßwasserbewirtschaftung (er liegt der NW vor) sagt allerdings etwas anderes. Demnach befinden sich Deutschlands, Luxemburgs und Schwedens Oberflächenwasser im Vergleich aller 27 EU-Staaten im schlechtesten chemischen Zustand. Deutsches Grundwasser schneidet ebenfalls unterdurchschnittlich ab, es folgt auf Schlusslicht Malta, Luxemburg, die Tschechische Republik, Belgien und Bulgarien. Lohmann zufolge gibt es dafür viele Gründe. Unter anderem hätten sich die Rahmenbedingungen geändert: Viele chemische Substanzen, die sich heute im Wasser befinden, gab es dort vor Jahren noch nicht im heutigen Maße, beispielsweise Antibiotika und andere Medikamente, die sich über Ausscheidungen von Mensch und Tier im Wasser anreichern. Auch Plastikpartikel und Weichmacher nehmen zu. Zudem gebe es mehrere Hunderttausend Chemikalien, auf die Wasser nicht komplett getestet werden könne. "Von vielen wissen wir noch gar nicht, welche Auswirkungen sie haben." Lohmann denkt beispielsweise an solche, die im Verdacht stehen, Brustkrebs bei Männern auszulösen. Deshalb überarbeite die EU auch alle paar Jahre ihre Anforderungen ans Wasser, sagt Lohmann. Das müssten die Mitgliedsstaaten dann umsetzen. Die kämen bei dem Tempo der Veränderungen aber kaum hinterher, zumal das die Städte und Gemeinden viel Geld kostet. Letztlich seien die Anforderungen an das Wasser sowieso ein Kompromiss widerstreitender Interessen, so der Geschäftsführer, etwa des Gesundheitsschutzes und der Industrie, die ja weiter produzieren wolle. Den Menschen ist offenbar sehr bewusst, dass Wasser Schadstoffe enthalten kann, selbst wenn es als rein gilt: Obwohl die Hytecon bis 2021 mit Forschung und Entwicklung beschäftigt war und kein Marketing betrieben hat, setzt das Unternehmen Klink zufolge schon jetzt knapp 2 Millionen Euro im Jahr um. Auch Küchenzulieferer zeigen Interesse. "Wir setzen auf Qualität", sagt Lohmann. Wie die Geräte arbeiten Die Hytecon setzt für ihre Geräte auf die Wissenschaft, konkret auf chemiefreie UV-C-Desinfektion mit LED-Leuchten und Aktivkohle. UV-C steht für den Bereich C der Ultraviolettstrahlung. Dabei werden pathogene, also krank machende biologische Substanzen wie Bakterien und Viren inaktiviert, indem ihre DNA zerstört wird. Das passiert in einem geschlossenen Gerät. Bevor Licht eingesetzt wurde, war Chlor der Stoff gegen Viren und Bakterien. In vielen Ländern wird es immer noch benutzt. Hytecon nutzt - anders als bei herkömmlichen Gasentladungslampen - LEDs ohne Quecksilber. Das ist noch nicht üblich und hat den Vorteil, dass die LEDs nicht erst auf Betriebstemperatur gebracht und später wieder heruntergefahren werden müssen. Das wäre in großen Anlagen, beispielsweise Kläranlagen, kein Problem, sagt Lohmann. In privaten Küchen läuft das Wasser aber immer mal wieder und dann nur kurz. Außerdem würden auf Dauer die quecksilberhaltigen LEDs in solchen Geräten sowieso vom Markt genommen. Hytecon arbeitet deshalb bereits an größeren Geräten für Hotels oder Mehrfamilienhäuser. Die Aktivkohle im Hytecon-Gerät filtert Schadstoffe heraus, darunter Pestizide, Blei, das Herbizid Atrazin, PFOA, das in der Teflon-Herstellung anfällt, und Chrom. Ausgetauscht werden muss der Filter nach einem Wasserdurchfluss von 2.000 Litern, also ungefähr alle vier Monate, so Klink. Kosten: 59 Euro. Das entspricht knapp 3 Cent je Liter. Die Hytecon nimmt gebrauchte Filter zudem zurück und recycelt sie. Ein Chip kontrolliert das Wasseraufbereitungsgerät. Er kann Daten zum Wasserdurchfluss und zum Zeitpunkt, an dem der Filter ausgetauscht werden muss, an eine App senden. Wer das nicht möchte, wird über ein Warnlicht am Gerät informiert, wann der Filter ausgewechselt werden muss oder ein technischer Defekt aufgetreten ist. Die Geräte selbst werden in Leipzig produziert, jedes einzelne aber - wie auch Waschmaschinen vor dem Verkauf - noch einmal in Herford über mehrere Stunden getestet. Die Wirkung der Wasseraufbereitung und die Qualität der Geräte hat sich die Hytecon von unabhängigen Instituten in Langzeittests zertifizieren lassen. Zudem hält das Unternehmen nach Angaben von Klink zahlreiche weltweite Patente, so auch in den USA. Einfluss des Klimawandels Die Geschäftsführung und das elfköpfige Mitarbeiter-Team der Hytecon glauben an den Erfolg. Der Absatz ist schon jetzt fünfstellig. Zunehmende Probleme mit dem Wasser im Klimawandel dürften die Nachfrage befördern: Die Rohre in den Straßen liegen so tief, dass das Wasser eigentlich kalt an den Häusern ankommen sollte; mit den langen Hitzeperioden im Sommer ändere sich das, sagt Lohmann. Und mit den erhöhten Temperaturen kämen auch die Keime. Zudem sind Flüsse in Trockenphasen und bei niedrigem Wasserstand stärker belastet. Die Aufbereitungsanlagen von flussnahem Wasser seien nicht auf diese höhere Schadstoffbelastung ausgelegt. "So schnell, wie es nötig wäre, kann der Staat gar nicht reagieren", sagt Lohmann. Und: "Schon bei oberflächennahen Brunnen sehen wir starke Veränderungen am Nitratgehalts des Wassers in Herford." Und schließlich gebe es in Deutschland viel alte Bausubstanz - mit veralteten Rohren, deren Ablagerungen ins Wasser gelangen können. Letztlich bedeute die Filtration auch aktiven Umweltschutz, sagt Prokuristin Kelterborn. Denn das Wasser, das durch Hytecon-Filter Geräte fließt und - etwa beim Waschen von Gemüse - wieder in die Kanalisation gelangt, sei sauber. Test des eigenen Wassers Wer sein eigenes Wasser testen lassen möchte, dem empfehlen Kelterborn und Lohmann die Firma Ivario (wassertest-online.de), mit der sie selbst zusammenarbeiten. Es gibt aber auch viele andere Labore, die solche Tests durchführen. Mehr zur Hytecon auf der Seite www.hytecon.com.

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