Die Stadt Herford erlebte ihr heißestes Jahr seit 1891

Herford. 2022 war ein Jahr mit Wetterkapriolen, die manche Herforderinnen und Herforder als traumatisch erlebt haben. Im Februar deckte ein Sturm Dächer ab, so an der Grundschule Landsberger Straße und an einer Wohneinrichtung des Wittekindshofes an der Salzufler Straße. Am 20. Mai fegte ein Tornado durch Teile Elverdissens und richtete Schäden an Dächern an. Im Mai, Juni und Juli trafen Schlammlawinen von einem oberhalb gelegenen Acker Häuser und Gärten am Bünder Fußweg. Ein besonders trockener Sommer war des Freibadbesuchers Freud und des Landwirts und Gärtners Leid. "Das Wetter spielte verrückt", mit diesen Worten brachte es der Jahresrückblick der Lokalredaktion auf den Punkt. Der ehrenamtliche Herforder Wetterbeobachter Heinrich Wulff hält sich lieber an nüchterne Zahlen, wenn er zum Jahreswechsel Bilanz zieht. Das liegt auch daran, dass er Temperaturen und Niederschlagsmengen ausschließlich in seinem Garten am Ortsieker Weg misst, wie es schon sein Großvater seit 1891 und dann sein Vater nach ihm taten. So lassen sich Entwicklungen am gleichen Fleck über Jahrzehnte in den Aufzeichnungen ablesen. Immer häufiger aber treffen Unwetter nur lokal begrenzte Bereiche des Stadtgebietes. Schnee war Mangelware "In Erinnerung blieben die Schneeberge" hatte die NW vor einem Jahr über das Wetter von 2021 geschrieben. 2022 konnte davon nicht die Rede sein. Am 1. April maß Heinrich Wulff sieben Zentimeter Schneehöhe bei geschlossener Decke. Besondere Schneehöhen von mehr als 30 Zentimeter in den vergangenen Jahren waren 31 Zentimeter am 9. Februar 2021, 37 Zentimeter am 26. Dezember 2010, 36 Zentimeter am 13. Januar 1987 und 46 Zentimeter am 18. Februar 1969. Rekordtemperatur nur knapp verfehlt Am 19. Juli 2022 schnellte das Thermometer auf heiße 37,1 Grad Celsius. Damit wurde die bisherige Rekordtemperatur seit Beginn der Aufzeichnungen vom 25. Juli 2019 mit 38,1 Grad nur knapp unterboten. Am 17. Juni 2021 lag die höchste Temperatur des Jahres bei 34,8 Grad, am 9. August 2020 bei 35,6 Grad. Temperaturen von mehr als 30 Grad wurden 2022 an 24 Tagen erreicht. Das waren ein Tag im Mai, drei im Juni, sechs im Juli, dreizehn im August und einer noch im September. "Das ist schon ein dolles Ergebnis und ein Zeichen für einen guten Sommer", meint Wulff. "Wir denken ja immer, der August ist der schönste Monat. Das hat dieses Mal geklappt." "Heiß, heißer, Herford: Auf der Suche nach kühlen Orten" hatte schon am 19. Juli die Schlagzeile einer NW-Reportage geheißen, in der wir für unsere Leserinnen und Leser bei 32 Grad im Schatten Abkühlung suchten. 2021 war es an vier Tagen heißer als 30 Grad, 2020 an 16 Tagen, 2019 an 22 Tagen und 2018 an 29 Tagen. Wärmster Jahreswechsel Einen Rekord gab es zu Silvester vor wenigen Tagen auch in Herford: Es war mit 17,2 Grad wärmer denn je zum Jahreswechsel. Tiefsttemperatur im Dezember erreicht Am 18. Dezember sankt das Quecksilber mit -10 Grad auf den tiefsten Punkt des Jahres 2022. Am 13. Februar 2021 waren es -15,4 Grad, am 30. März 2020 -4 Grad und am 24. Januar 2019 -8 Grad gewesen. Die tiefsten Temperaturen seit Beginn der Messungen in Herford waren -27,8 Grad am 27. Januar 1942 und -26,1 Grad am 16. Februar 1956. Höchster Mittelwert der Temperaturen Mit 12,3 Grad Celsius als Jahresmittelwert der Tagestemperaturen erlebte Herford das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1891. 2021 waren es 11 Grad, 2020 12,2 Grad und 2019 11,9 Grad gewesen. Der Jahresmittelwert ist in den vergangenen Jahren mit leichten Schwankungen immer weiter angestiegen. Seit den 1990er Jahren ist er beständig zweistellig. Insgesamt regenarmes Jahr 2022 hat Heinrich Wulff 675,9 Millimeter Niederschlag an insgesamt 176 Regen- und Schneetagen gemessen. 2021 waren es 733,3 Millimeter an 225 Tagen, 2020 716,6 Millimeter an 214 Tagen und 2019 761 Millimeter an 200 Tagen gewesen. Ein Durchschnittsjahr bringt nach Wulffs Erfahrung etwas über 800 Millimeter Niederschlag. 2017 hatte es sogar 923 Liter und 2014 908 Liter pro Quadratmeter geregnet und geschneit. Die bisher größte gemessene Niederschlagsmenge gab es 2007 mit insgesamt 1.164,1 Millimetern. Regentage Der regenreichste Tag war 2022 der 21. Juli mit 33,5 Millimetern. An dem Tag gab es auch eine Überflutung am Bünder Fußweg. "Die Leute dort müssen aber viel mehr Regen abbekommen haben, als wir am Ortsieker Weg", meint Wulff. Bei Gewittern sei es immer schon so gewesen, dass es von Ortsteil zu Ortsteil unterschiedlich stark geschüttet hat. Es sei auch ein Unterschied, ob die Regenmenge des Tages in einer Viertelstunde oder über einen Zeitraum von mehreren Stunden falle. Die regenreichsten Tage der vergangenen Jahre waren der 6. Februar 2021 mit 23,4 Millimetern, der 13. August 2020 mit 34 Millimetern und der 20. Mai 2019 mit 37,7 Millimetern. Die jeweils niederschlagsreichsten Monate der vergangenen Jahre waren der Februar 2022 mit 119 Millimetern, der Mai 2021 mit 89,6 Millimetern, der Februar 2020 mit 146,7 Millimetern und der Oktober 2019 mit 125,5 Millimetern. Die jeweils niederschlagärmsten Monate waren der August 2022 mit 16,7 Millimetern, der April 2021 mit 33,98 Millimetern, der Mai 2020 mit 11,8 Millimetern und der Februar 2019 mit 26,8 Millimetern. Das Wetter 2023 Und wie wird das Wetter 2023? "Ich bin ja kein Meteorologe und kann nicht in die Zukunft schauen", sagt Heinrich Wulff. "Die kältesten Monate sind aber meist Januar, Februar und März. Da kann der Winter noch kommen."

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