Umsatz bricht ein: Harte Zeit für Bio-Läden im Kreis Herford

Kreis Herford. Nachhaltig und am besten frisch aus der Region: Bio-Lebensmittel sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Allerdings erschüttern Krisen den Einzelhandel. Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg mit der Folge von Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie. Es mussten bereits Bio-Läden wie der Unverpackt-Laden "Bio-Provinz" in Herford schließen. Auch der auf Bio-Produkte spezialisierte Betrieb "Bio-Zeit" wird zum Jahresende die Herforder Markthalle verlassen. Trotzdem sind einige Bio-Händler im Kreis Herford optimistisch. Regine Steffen, Geschäftsführerin des Unverpacktladens "Pur Produkt" an der Steinstraße in Enger, glaubt nicht, dass sich der Bio-Trend aufgrund der Inflation umkehrt. Im Gegenteil. "Das ist vielleicht eine kleine Delle im Moment. Aber auf Dauer sehe ich das überhaupt nicht", sagt Steffen. Angesichts der Klima-Krise würden die Menschen erkennen, "dass wir in unserem Leben etwas ändern müssen. Das kann eine Umstellung auf Bio-Produkte sein oder der Kauf von nachhaltigen Produkten." Der Unverpacktladen in Enger ist einer der letzten Unverpacktläden in OWL. Trotz allem Optimismus habe er mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. "Seitdem die Spritpreise durch die Decke gehen, ist die Innenstadt von Enger leerer geworden." Trotzdem bestehe die Hoffnung, dass sich die Situation in den kommenden Monaten wieder entspannt. "Wir müssen jetzt den längeren Atem behalten", sagt Steffen. Der Unverpacktladen versuche, sich nun stärker an den Interessen der Kunden zu orientieren. Deshalb sei das Sortiment immer wieder auf dem Prüfstand. Ab Mitte November werden die Öffnungszeiten angepasst. Montags sei wieder geöffnet, dafür öffnet der Laden mittwochs erst am Nachmittag. Kunden kaufen in Bio-Läden im Kreis Herford bewusster ein An der Bahnhofsstraße in Bünde hat vor circa zwei Jahren der Bio-Laden "Tante Else" eröffnet. Bio-Produkte, meist aus der Region, mit möglichst wenig Verpackung - das ist das Konzept von Elke Kupitz, Meike Oebke und Maik Behring. Durch die Anfänge während der Corona-Pandemie habe der Bioladen sich an Wellenbewegungen im Umsatz gewöhnt. "Aktuell verzeichnen wir einen deutlichen Umsatzrückgang im Vergleich zum letzten Jahr. Das liegt im Bereich von teilweise 15 bis 20 Prozent", fasst Behring zusammen. Dabei habe sich die Anzahl der Kunden, die in den Laden kommen, kaum geändert. Ein Rückgang sei eher in der Höhe des Einkaufswerts zu spüren. Kunden kauften im Biomarkt eine Kleinigkeit, erledigten ihren Haupteinkauf aber woanders. Das erlebt auch Regine Steffen in Enger. Kunden schränkten sich bei ihrem Einkauf ein und kauften beispielsweise statt zehn nur sechs Eier. Darin sieht die Geschäftsführerin jedoch einen Vorteil ihres Unverpacktladens. Die Menschen könnten nach Bedarf einkaufen. Das spare Geld. Auch Behring empfehle Kunden, die sparen wollen, den Griff zu unverpackten Lebensmitteln. Während der Corona-Pandemie sei die Nachfrage nach Bio-Produkten gestiegen. Nun seien die Umsätze in der Branche teilweise rückläufig. "Dennoch verzeichnen wir im Schnitt und im Vergleich zum Vor-Pandemie-Zeitraum eine wachsende Nachfrage, auch in Herford", sagt Michael Rosenboom, bei Denns Biomarkt Leitung der Region Hamburg-Hannover. Der "Biomarkt Verbund" ist laut eigenen Angaben ein Zusammenschluss von rund 500 selbstständigen Biomärkten und "Denns Biomärkten" in Deutschland und Österreich. Im Kreis Herford gibt es eine Denns-Filiale an der Mindener Straße in Herford. Die Nachfrage sei da und die Preise für Bio-Produkte seien im Vergleich weniger stark gestiegen als im konventionellen Bereich: "Das liegt neben kürzeren Lieferketten unter anderem daran, dass der Ökolandbau auf die Verwendung von energieintensiven Dünge- und Spritzmitteln verzichtet", erklärt Rosenboom. Discounter drängen in den Bio-Markt Laut Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des "Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V.", gibt es eine Kaufzurückhaltung als Reaktion auf die Folgen des Ukraine-Krieges. "Hier erleben wir, dass die Kunden im Grundsatz Bio treu bleiben, aber vermehrt zu günstigeren Bio-Produkten greifen. Diese Tendenz sehen wir im Fachhandel aber auch am Bio-Umsatzzuwachs im Discounthandel." Maik Behring sieht den Umstand, dass immer mehr Discounter Bio-Produkte anbieten, kritisch. "Die Kunden möchten sparen und schauen, wo sie dieses am einfachsten machen können", der Geschäftsinhaber. Dabei würden Discounter meist Produkte mit dem Biosiegel der EU verkaufen. "Ein eher einfaches und weniger strenges Label, für die meisten Kunden ist jedoch Bio gleich Bio", sagt Behring. "Die Bio-Läden werden es schwerer haben. Bio-Produkte nicht", sagt Hans-Peter Klein, Geschäftsführer der Bio-Bäckerei Farina in Herford, laut eigenen Angaben eine der ältesten Bio-Bäckerein in OWL. Der Bäcker, der 1984 auf reine Bio-Produkte umgestiegen ist, sieht die Angleichung der Preise zwischen Bio und konventionellen Produkten kritisch. Denn der Bio-Bäcker habe nicht die Gewinnspanne einer herkömmlichen Bäckerei. Einige Bio-Bäcker-Kollegen hätten schon aufgeben müssen.

Meistgelesen