Vor Gericht Vom eigenen Sohn in die Falle gelockt? Verletzter Vater aus Herford berichtet von Messerangriff

Herford/Bielefeld. Bereits zuvor hatte es Drohungen und sogar Schläge gegeben. Dass er Angst vor den Aggressionsausbrüchen seines eigenen Sohns habe, daraus machte Jörn C. (Namen aller Betroffenen geändert) in der Verhandlung keinen Hehl. Und diese Angst war offenbar begründet: Im November des vergangenen Jahrs griff der psychisch auffällige Ole C. (24) seinen Vater in seiner Wohnung unvermittelt mit einem Messer an und verletzte ihn schwer. Nun muss sich der junge Mann aus Herford wegen des Verdacht des versuchten Totschlags vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. Angst vor unkontrollierten Aggressionen &bdquo;Ich hätte ahnen müssen, dass da etwas nicht passt“, sagte der 50-jährige Vater nun vor Gericht: Er war im November 2021 von seinem Sohn gebeten worden, etwas in dessen Wohnung zu reparieren. Bevor er sich auf den Weg machte, hatte Jörn C. dem 24-jährigen mitgeteilt, dass er Angst vor diesem und dessen unkontrollierten Aggressionen habe. Dennoch begab sich der Vater am 23. November zur Herforder Wohnung seines Sohns, um dort nach dem Rechten zu sehen.Doch weder in der Küche noch im Badezimmer sei – entgegen der Schilderung des Sohns – etwas Reparaturbedürftiges zu sehen gewesen. Stattdessen habe, so sagte Jörn C. vor Gericht, Ole sich in der Zimmertür aufgebaut und sinngemäß geäußert: &bdquo;So kann das nicht weitergehen.“ Dann habe der Sohn unvermittelt ein Messer aus der Hosentasche gezogen. &bdquo;Ich wandte ihm intuitiv den Rücken zu“, führte der Vater weiter aus. Dann habe Ole drei oder vier Mal zugestochen. Ein Stich traf die Niere Dem 50-Jährigen gelang die Flucht aus der Wohnung. Auf der anderen Straßenseite rief er mit seinem Handy einen Notarzt. Kurz darauf kam nach Angaben des Zeugen Ole C. aus dem Haus und fuhr mit den Worten &bdquo;Dich kriege ich irgendwann noch“ davon. Der schwer verletzte Vater – ein Stich hatte eine Niere getroffen – wurde im Krankenhaus notoperiert.Paradoxerweise sei einer seiner ersten Gedanken im Krankenhaus gewesen: &bdquo;Wie geht es Ole?“, schilderte der Vater vor Gericht. Denn trotz aller Angst vor dem eigenen Sohn sei ja doch immer auch die Sorge um diesen ein bestimmender Teil des Familienlebens gewesen. Ole sei, so berichtete er, bereits von früher Kindheit auffällig gewesen. Zunächst noch ein sehr guter Schüler, glitt er den Eltern nach Schilderung des Vaters in der Pubertät allmählich aus den Händen. Mit 13 Jahren habe Ole angefangen, Marihuana zu rauchen. Später sei dann auch noch verstärkt Alkohol hinzugekommen. Ole lebte zeitweise in Wohngruppen, aus denen er jedoch wegen mangelnden Anpassungswillen immer wieder herausgeworfen worden sei. Dennoch schaffte er es immerhin, die elfte Klasse des Gymnasiums abzuschließen. Spätestens Anfang 2021 gab es für die Eltern jedoch Anzeichen für akut psychotisches Erleben bei ihrem Sohn: &bdquo;Er sagte mir mehrfach, ich solle die Kameras und Mikrofone aus seinem Zimmer entfernen“, berichtete der Vater vor Gericht. Im Mai 2021 befand sich Ole wegen seiner Psychose bereits schon einmal in stationärer Behandlung. Doch weigerte er sich im Anschluss, seine Tabletten regelmäßig einzunehmen. Die Folge: Der Zustand des mittlerweile unter Betreuung stehenden 24-Jährigen verschlechterte sich wieder. Am 23. November erfolgte dann schließlich der Angriff mit einem Messer. Angeklagter randalierte im Zellentrakt Ole C. wurde festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Im August dieses Jahrs hatte der Prozess bereits beginnen sollen, doch war Ole C. nach Aussage des als Gutachter geladenen Psychiaters Oliver Dollase nicht verhandlungsfähig. Er randalierte im Zellentrakt, bespuckte und beleidigte den Psychiater und seinen Verteidiger. Das Gericht wandelte daher den Haft- in einen Unterbringungsbefehl um: Ole C. sollte zunächst eine Weile in der Forensischen Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn beobachtet werden, um Aufschluss über dessen Gesundheitszustand zu erlangen.Dort verweigert er jedoch nach Aussage seines Verteidigers Christian Thüner jegliche Mitarbeit. Den Prozessauftakt verfolgte Ole C. nun in Handfesseln. Dessen ungeachtet hielt er sich die gesamte Zeit eine Mappe vors Gesicht. Rechtsanwalt Thüner sagte, dass C. ihn angewiesen habe mitzuteilen, dass er sich weder zu den Vorwürfen noch zu seiner Person äußern werde.Der Prozess wird am 2. November fortgesetzt.

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