Marta, Herforder Rathaus und Co: Auf den Spuren der Steuerverschwender

Herford. Wenn am Mittwochmittag jemand vom Marta-Team aus dem Fenster gesehen hat, wird ihm oder ihr nichts Gutes geschwant haben. Der "Schwarzbus" des Bundes der Steuerzahler stand vor dem Haupteingang des Museums. "Wir kämpfen gegen Steuergeldverschwendung!" stand in roten Lettern darauf zu lesen. Der Gehry-Bau und der schwarze Kleinbus bildeten die Kulisse für ein Pressefoto mit dem Präsidenten des Bundes der Steuerzahler Deutschland, Reiner Holznagel, und dem nordrhein-westfälischen Vorsitzenden Rik Steinheuer. Sie wollten als Teil einer Jubiläumstour an mehr oder weniger kuriose und mehr oder weniger kostspielige Fälle erinnern, die seit 50 Jahren im Schwarzbuch &bdquo;Die öffentliche Verschwendung“ angeprangert werden. 50. Schwarzbuch Der eine oder andere Fall von tatsächlich oder vermeintlich verprasstem Steuergeld spielte in den vergangenen Jahrzehnten auch in Ostwestfalen-Lippe und in Stadt und Kreis Herford. Das 50. "Schwarzbuch", so viel verrieten die Herren, enthält bundesweit 100 Fälle, davon zehn in Nordrhein-Westfalen. Es erscheint in der kommenden Woche. Ostwestfalen-Lippe soll nur mit einem Fall im Raum Paderborn/Höxter betroffen sein - Entwarnung für den Moment also fürs Marta und die Verwaltungsspitzen im Kreis Herford. Nicht immer mussten in der Vergangenheit Herforder Verantwortliche aber nach den Vorwürfen des Bundes der Steuerzahler in Sack und Asche gehen. Immer wieder gab es auch plausible Argumente der Betroffenen, warum Steuergeld so ausgegeben wurde, wie es geschehen ist. Und es gibt verschiedene Perspektiven. Der Bund der Steuerzahler beklagt, wenn nach seiner Ansicht Geld der Steuerzahler-Allgemeinheit verschwendet wurde. Örtliche Akteure sehen das bisweilen gelassener, wenn das Geld nach Herford fließt und ein vielleicht aufgrund von Förderrichtlinien überdimensioniertes Projekt nicht die eigene Stadtkasse sondern Töpfe von Bund und Land belastet. Großdeponie Laar Herford tauchte schon 1995 gemeinsam mit Bielefeld in Sachen Großdeponie Laar im Schwarzbuch auf. "Starrsinn hat für die Stadt Bielefeld und den Kreis Herford zu einem Millionendesaster geführt", hieß es damals. Der Vorwurf: 130 Millionen Mark seien mit der Planung für die größte Traglufthalle der Welt in den Sand gesetzt worden. In der Halle sollten über 30 Jahre 50 Millionen Kubikmeter Müll gebunkert werden. Trotz Bürgerprotesten, erster Zweifel, der aufkommenden Vermutung, dass die Anlage drei- bis viermal zu groß dimensioniert sei, und Warnsignalen aus dem Umweltministerium seien Aufträge vergeben worden. Wenige Monate nach Baubeginn kam das Aus für die Anlage. Fußgängerbrücke am Kreishaus 1999 nimmt der Bund der Steuerzahler Anstoß an Plänen, die Fußgängerbrücke am Kreishaus über die Bahn zu erneuern. Die Kosten seien auf mehr als 800.000 Euro geschätzt worden. Nur 600 Personen täglich gingen darüber. Das werde sich nicht ändern, weil auch der Neubau mit Treppen für Radfahrer, Rollstuhlfahrer und Leute mit Kinderwagen nicht nutzbar sein werde. Die Brücke wurde schließlich ersatzlos abgerissen. Brücke für einen Landwirt 2002 ist die Brücke über die Bielefelder Straße ein Thema, die für 400.000 Euro gebaut wurde, um einem aus Gründen der Verkehrssicherheit von der Hauptstraße abgeschnittenen Landwirt zu ermöglichen, mit seinem Traktor zu seinen Feldern zu gelangen. Eine "goldene Brücke" habe man dem Landwirt gebaut, spottete der Bund der Steuerzahler. Tarzanschrei in der Radewig 2004 erklang in der Radewig aus einem Lautsprecher der Tarzanschrei, wenn jemand am Steintor über den Wall daher kam. Der Schrei war Teil des von Marta-Direktor Jan Hoet initiierten Kunstprojekts "Leere und Visionen". Der Bund der Steuerzahler beklagte die Ausgabe von 48.000 Euro. Es soll sich aber, so stellte der damalige Bürgermeister Thomas Gabriel klar, gar nicht um Steuergelder gehandelt haben. Herforder Elbphilharmonie Überhaupt das Marta. Damit habe sich Herford seine eigene Elbphilharmonie geschaffen, sagt Reiner Holznagel und spielt auf die in beiden Fällen gegenüber der ursprünglichen Planung drastisch erhöhten Baukosten an. "Auch wenn am Ende etwas Schönes entstanden ist, mussten es doch die Steuerzahler bezahlen." Die Stadt argumentierte seinerzeit, dass sich das Konzept geändert habe und sie von 28,8 Millionen Euro Baukosten nur 11,62 Millionen selbst aufbringen musste. Der Bau habe der heimischen Wirtschaft Aufträge beschert. Wenn man rein fiskalisch argumentiere wie das Schwarzbuch, dürften Kunst und Sport gar nicht stattfinden, sagte Thomas Gabriel. Wallsteg über die Aa 2009 kritisierte der Bund der Steuerzahler den für 100.000 Euro gebauten Wallsteg an der Aa als überflüssig, weil es vergleichbare Aussichten auf den Fluss schon gebe. Die Rad- und Fußgängerbrücke über die Lippische Bahn am Friedhof Hermannstraße sei überdimensioniert hieß es. Hätte die Stadt kleiner gebaut, hätte man keine Landeszuschüsse bekommen, aber weniger Steuergeld ausgegeben. Die Bauverwaltung argumentierte seinerzeit mit Erfordernissen der Barrierefreiheit. Rathaussanierung 2016 schaffte es Herford abermals ins Schwarzbuch mit der Rathaussanierung. Insbesondere das neue Bürgerbüro sei deutlich teurer geworden, als geplant, weil der Rat nur aufgrund einer groben Kostenschätzung zugestimmt habe. Die Bauverwaltung hielt seinerzeit dagegen, schnelles Handeln habe sogar unter dem Strich Geld gespart, weil die Stadt durch Umzug von Teilen der Verwaltung ins Gebäude Elsbach 2 eine hohe Abfindung für eine vorzeitige Mietvertragsauflösung von EON kassieren konnte.

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