Was die Krankenhäuser zu "Gewalt während der Geburt" sagen

Kreis Herford/Kreis Minden-Lübbecke. Wie berichtet, hatte die Neue Westfälische mit drei Frauen über ihre negativen Erfahrungen im Kreißsaal gesprochen. Für den Verein "Trauma Geburt" aus Stemwede handelte es sich dabei teilweise um Gewalt: Die Berichte wiesen auf strukturelle Gewalt, "etwa in Form von Alleingelassen werden oder hektischen Untersuchungen", so der Verein. Die Frauen würden aber auch von verbalen und körperlichen Übergriffen durch Geburtshelfer in der 1:1-Betreuung berichten - auch abseits von hektischen Situationen. Die Frauen sind offenbar nicht die einzigen Betroffenen. Das zeigen Google-Bewertungen zu Entbindungen in den Kreisen Herford und Minden-Lübbecke. Einige Frauen schildern dabei Vorfälle, die auch andere Stationen, beispielsweise die Notaufnahme oder die Kinderstation betreffen Nach Einschätzung des Vereins "Trauma Geburt", herrschen eben "auch in anderen Fachbereichen und der Pflege generell untragbare Missstände". Er fügt jedoch hinzu: "Die Dimension und vor allem auch die Bedeutsamkeit des sexuellen Aspektes dieser Gewalt sind jedoch in der Gynäkologie und Geburtshilfe eine andere. Die facettenreiche gröbste Missachtung von Frauen macht nicht einmal vor validen Patientenrechten und einem allgemein anerkannten gesellschaftlichen Konsens zum respektvollen Umgang miteinander halt." Negative Bewertungen Die Mühlenkreiskliniken haben bei den Google-Bewertungen zu ihren Kliniken mehr als 1.000 Kommentare. Darunter befinden sich dreizehn eindeutig positive und sieben eindeutig negative Bewertungen zum allgemeinen Thema "Geburt". Nicht in allen der negativen Bewertungen äußern sich die Frauen ausführlich zu dem, was passiert sein soll. Eine Frau schreibt, dass sie in den Mühlenkreiskliniken als "Gebärmaschine" betitelt worden sei. Eine andere berichtet, dass ihr das Personal eine Spritze habe aufdrängen wollen. Beides gilt nach den Kriterien des Vereins "Trauma Geburt" als Gewalt. Auffällig bei den negativen Bewertungen ist, dass meist nicht das gesamte Krankenhauspersonal kritisiert wird. Oft werden auch einzelne Mitarbeiterinnen positiv hervorgehoben. Eine Kommentatorin bezeichnet eine Ärztin als "Lichtstrahl im finsteren Reich". Gewalt während einer "geburtshilflichen Behandlung", ist für die Mühlenkreiskliniken absolut inakzeptabel, sagt deren Sprecher, Christian Busse, "sei es physisch, sei es psychisch, beispielsweise durch abfällige Bemerkungen oder unzureichende Aufklärungen". Er weist darauf hin, dass die Geburt von jeder Frau anders erlebt wird. Und es sei hin und wieder so, "dass Gebärende negative Gefühle auf die umstehenden Personen projizieren". Busse zufolge ist es extrem selten, dass Hebammen oder Gynäkologinnen und Gynäkologen unsachgemäß während einer Geburt handeln. "Ein nachgewiesener Fall von Gewaltanwendung während einer Geburt ist bei den Mühlenkreiskliniken bislang nicht dokumentiert worden." Auch deutschlandweit sei die Anzahl der Fälle physischer Gewaltanwendungen durch Krankenhauspersonal im Kreißsaal beziehungsweise generell in Krankenhäusern äußerst gering. "Häufiger berichten Gebärende von verbalen Gewalterfahrungen im Kreißsaal." Krankenhäuser im Kreis Herford Das Klinikum Herford hat auf Google bis dato 375 Bewertungen, davon zwölf positive und acht negative, die sich eindeutig auf die Geburt beziehen. Darin heißt es in zwei Kommentaren, dass Interventionen ohne Absprache mit der Gebärenden gemacht und sie beleidigt worden seien."Wir schenken diesem hochsensiblen Thema in jedem Fall unbedingt Beachtung", so Unternehmenssprecherin Victoria Star. In der Regel sei ein Interneteintrag eine Erstreaktion und durch die Niedrigschwelligkeit einfach und schnell zu schreiben. "Wenn allerdings ein Nachgespräch ausbleibt, kann der Vorfall leider selten aufgearbeitet werden", fügt Star hinzu. Die Frauen würden sich nach den Bewertungen nicht mehr bei ihnen melden. Das mache es schwierig, die Situation aufzuarbeiten, da die Einträge im Internet in der Regel anonymisiert sind. Im Klinikum seien sie dankbar, wenn die Frauen mit ihren Erfahrungen direkt auf sie zukommen würden. Für das Mathilden-Hospital gibt es 185 Google Bewertungen. Davon sind fünfzehn eindeutig positiv und zwei eindeutig negativ in Bezug auf die Geburt. Das Krankenhaus kann die Kritik nicht vollständig nachvollziehen und aufarbeiten, teilt es mit, "da sich beide Rezensenten nicht auf unsere Nachfrage gemeldet haben und auf Google anonym agieren". "Eine Geburt ist eine hochsensible, sehr individuelle Situation, in der bisweilen das Gefühl von Kontrollverlust aufkommen und in deren Verlauf es auch zu schnellerem Handeln kommen kann, wenn medizinische Faktoren dafür sprechen, dass Mutter oder Kind auch nur annähernd in Gefahr sind", sagt Geschäftsführer Georg Rüter. "In unseren Kreißsälen sind immer Hebammen sowie Ärztinnen und Ärzte anwesend." Das Mathilden-Hospital lege Wert auf eine gute, offene und vertrauensvolle Kommunikation - in der Geburtsvorbereitung sowie während und nach der Geburt. Dadurch hätten Familien einen großen Anteil am Geburtsgeschehen. "Auch später stehen wir immer persönlich als Ansprechpartner zur Verfügung, so dass vielleicht belastende Situationen gegebenenfalls auch noch nachbesprochen werden können", betont Rüter.

Meistgelesen