Die unverantwortlichen Raser in Herford und das Problem, sie zu stoppen

Herford. Der 24. April, gegen 16.40 Uhr auf der Vlothoer Straße: Ein schwarzer BMW-Kombi schießt mit hoher Geschwindigkeit auf der Gegenfahrbahn auf das Auto einer 84-Jährigen zu. Die Rentnerin kann nicht mehr ausweichen. Beim Zusammenprall wird die Vlohoerin schwer verletzt. Den Insassen des BMW - ein 20-Jähriger aus Gütersloh und sein Beifahrer (23) - passiert nichts. Die Herforder Polizei geht davon aus, dass es sich bei dem Unfall um das Ende eines illegalen Rennens mit einem Audifahrer aus Gütersloh handeln könnte. Nach dem tödlichen Unfall in Oetinghausen wäre damit zu zweiten Mal binnen weniger Wochen ein Mensch durch die Lust am Rasen schwer geschädigt worden. Statistiken oder aber bestimmte Raser-Strecken im Kreisgebiet, so die Polizei, gibt es nicht. Es sind vor allem junge Fahrer, die offensichtlich an Selbstüberschätzung leiden, als Raser und bei illegalen Rennen auffallen und die Strecken wohl mehr oder minder spontan aussuchen. Polizeisprecher Uwe Maser verweist dabei auf die Unfallstatistik aus der sich Erkenntnisse ableiten lassen. &bdquo;Junge Fahrer sind, gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung, überproportional häufig an Unfällen beteiligt.“ Eine der Hauptunfallursachen ist dabei wiederum die Geschwindigkeit. Die jungen Raser, so mahnen Verkehrspsychologen immer wieder, lebten in einer eigenen Welt und erfassten oftmals gar nicht, dass sie das Leben anderer Menschen gefährdeten.Konnte ihnen nichts passieren? Der Gesetzgeber hat gleich an zwei Punkten gegengesteuert. Seit fünf Jahren ist die Teilnahme an einem Kraftfahrzeugrennen auf öffentlichen Straßen eine Straftat. Darüber hinaus gab es Renn-Unfälle mit Todesopfern bei denen die Gerichte nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs sogar von Mord ausgehen können. In der Vergangenheit war dagegen meist wegen fahrlässiger Tötung ermittelt und damit milder geurteilt worden. Offenbar glauben aber viele Fahrer, dass ihnen nichts passieren kann. Im Fall des mutmaßlichen Motorradrennens in Oetinghausen hatten Herforder und Bielefelder Ermittler eine Mordkommission gebildet. Neben dem 23-Jährigen, der mit seinem Motorrad gegen das 58-jährige Opfer prallte und den Familienvater tötete, richten sich die Ermittlungen auch gegen einen 18-jährigen Motorradfahrer, der zwischenzeitlich sogar in Untersuchungshaft saß. Er dementiert allerdings, dass es sich am 8. März um ein illegales Rennen gehandelt hat. Oft ist es nicht leicht, Fahrern die Teilnahme an einem illegalen Rennen nachzuweisen, selbst dann, wenn alles zusammenzupassen scheint. Im August 2018 waren gleich zwei damals 26 Jahre alte Autofahrer mit mehr als 0,8 Promille Alkohol im Blut an der Stadtholzstraße gegen ein Haus geprallt, einer von ihnen hatte zuvor eine Garage so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. Auch ein Auto war nur noch ein Wrack. Der Sachschaden: rund 70.000 Euro. Den Vorwurf des illegalen Rennens konnten die Ermittler damals aber nicht erhärten.Schutzengel helfen manchmal Im November war es ein 18-Jähriger aus Horn-Bad Meinberg, der auf der Ringstraße nach einem mutmaßlichen Rennen beim Überholen einen schweren Unfall verursachte. Er prallte gegen einen Audi, dessen Insassen verletzt wurden. Zeugen hatten gesehen, wie sich der Unfallverursacher und ein weiterer Wagen immer wieder gegenseitig überholten. Noch am Unfallort musste der 18-Jährige seinen Führerschein abgeben. Der Sachschaden: 23.000 Euro.Dass illegale Rennen kein Vorrecht junger Leute sein müssen, bewiesen zwei 29 und 47 Jahre alte Männer schließlich bei einem illegalen Rennen mitten in der Herforder Innenstadt. Beim Anfahren an der Kreuzung Berliner Straße/Mindener Straße beschleunigten beide Fahrer stark. Der zur Tatzeit 29-Jährige - der keinen Führerschein besaß und der auch noch seinen neunjährigen Sohn dabei hatte – verlor die Kontrolle über seinen Wagen. Der schleuderte über die Gegenfahrbahn gegen drei geparkte Autos. Offenbar waren auch Drogen im Spiel, wobei sich nicht nachweisen ließ, ob der 29-Jährige vor oder nach dem Unfall Kokain und Cannabis konsumiert hatte. Beide Männer müssen für längere Zeit ihren Führerschein abgeben und eine Geldstrafe zahlen. Für beide wäre es wohl weniger glimpflich ausgegangen, wären andere Verkehrsteilnehmer verletzt worden – aber die hatten in diesem Fall offensichtlich einen Schutzengel. Nach dem Unfall hatte die Polizei zusammen mit Ordnungsamt und Kreis die Raserszene bei Schwerpunktkontrollen ins Visier genommen. Einer der Orte, den die Beamten besonders in den Blick nahmen: die Mindener Straße. Hier gibt es immer wieder Beschwerden von Anwohnern über lautstarke Autos aber auch illegale Rennen. Im November 2020 war ein Audifahrer mit Tempo 124 vor dem Amtsgericht Auf der Freiheit geblitzt worden, Tage zuvor waren gleich drei Pkw erfasst worden, die mit mehr als 75 Stundenkilometern abends in Herford an der gleichen Stelle unterwegs waren. Ein britischer Sportwagen brachte es auf Tempo 110. Im Frühjahr 2021 wurde dann ein junger Mann mit 106 Stundenkilometern auf der Salzufler Straße geblitzt. Lesen Sie dazu auch: Verhängnisvoller Übermut, Raser-Unfälle in Herford häufen sich

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