Die gekippten Straßenbaubeiträge und das Problem, vor dem Herford steht

Herford. Es sind drei Fälle, auf die derzeit wohl viele Immobilienbesitzer in Herford schauen: Anlieger der Bäckerstraße hatten vor dem Verwaltungsgericht in Minden gegen die von der Stadt festgesetzten Straßenausbaubeiträge geklagt. Mit Erfolg. Damit könnte die Stadt, was künftige Bescheide angeht, schlimmstenfalls auf hohen Kosten sitzen bleiben. Zur Erinnerung: Die Sanierung der Bäckerstraße war 2016 angegangen worden und die Blaupause für die weiteren Pflaster- und Sanierungsarbeiten in der Herforder Fußgängerzone. Zurückzahlen oder auf Münster hoffen? Wegen der erfolgreichen Klagen muss die Stadt Herford nun erst mal prüfen, wie es weitergeht. Eine Option wäre es, weiterhin Rechtsmittel einzulegen und auf eine für die Stadt positive Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster zu hoffen. Darüber hinaus gibt es aber auch den Antrag der Freien Demokraten. Die wollen die bereits von den Anwohnern gezahlten Beiträge zurückzahlen.Doch das scheint nicht ohne Weiteres möglich zu sein. Ob die Stadt den Anliegern, die für den Ausbau der Bäckerstraße bereits gezahlt haben, Geld zurückerstatten muss oder darf, ist derweil Gegenstand einer juristischen Prüfung, sagt Baudezernent Peter Maria Böhm in der Ratssitzung am Freitagabend. Die Stadt hat dafür ein Rechtsanwaltsbüro beauftragt.Kähler: "Nochmal passiert uns das nicht" &bdquo;Hier geht Sorgfalt vor Schnelligkeit“, so Böhm. Zwar hat die Stadt natürlich eine eigene Rechtsabteilung. Es gebe hier aber zahlreiche ungeklärte verwaltungsrechtliche Fragen für externe Juristen. Von dieser Prüfung hänge zudem ab, so Bürgermeister Tim Kähler, ob die Stadt in Berufung geht. Das überraschende Urteil des Verwaltungsgerichts Minden könnte ein Präzedenzfall werden. Kähler: "Uns haben schon viele Kommunen angesprochen. Das Urteil setzt einen neuen Standard."Für die Bauarbeiten der Bäckerstraße sind Kosten in Höhe von rund 822.000 Euro angefallen. Die Hälfte davon - 411.000 Euro - hat die Stadt auf die Anlieger umgelegt. Drei Anlieger klagten. Und das Gericht gab ihnen Recht: Die Stadt hätte nicht darauf verzichten dürfen, zu dokumentieren, dass der Unterbau der Straße erneuert werden muss, so die Mindener Verwaltungsrichter in ihren Urteilen. Die Stadt hätte ein Gutachten in Auftrag geben müssen, Daten und Fotos, die sie eingereicht hatte, reichten der Kammer hingegen nicht.Neue Bescheide werden nicht versandtEckhart Klemens von der FDP stellt die Frage, ob die Verwaltung es nicht hätte wissen müssen, dass es sich bei dem Ausbau nicht um eine notwendige Ausbaumaßnahme, sondern um eine Verschönerung handelt, die man nicht auf die Anlieger umlegen kann. Bislang, so Böhm, sei vor Gericht die Abrechnungsfähigkeit einer 47 Jahre alten Straße nicht hinterfragt worden. Daher sei kein Verschleißnachweis erforderlich gewesen. Doch die jetzige Erfahrung mit der Bäckerstraße läute eine Kehrtwende ein: &bdquo;Da nicht jede Gerichtsentscheidung vorhersehbar ist, werden künftig auch bei älteren Straßen im Vorfeld ein Nachweis des Verschleißes durchgeführt.“ Oder wie es Bürgermeister Kähler formuliert: "Nochmal wird uns das nicht passieren." Das Thema sei komplex und für alle Kommunen in NRW von großer Wichtigkeit. Kähler: "Wir werden es transparent aufarbeiten." Bis dato schickt die Stadt keine weiteren Bescheide heraus. Hintergrund ist zum einen die aktuelle landespolitische Diskussion zur Abschaffung der Beiträge. Wie Böhm erklärt, gibt es derzeit aber auch zeitlich keinen Grund, Bescheide über Ausbaubeiträge zu versenden. Es gebe derzeit keine Fristen, die zu verjähren drohten. Anders würde es aussehen, wenn die Gefahr bestehen würde, dass die Stadt Einnahmen einbüßt.

Meistgelesen