Urlaub vor der eigenen Haustür boomt - auch in Herford

Herford. Nicht mal eine Woche lang bleiben Touristen in Herford. Doch ganz so schwarz wie es klingt, ist es gar nicht. Denn die Aufenthaltsdauer in der Hansestadt hat sich laut dem Statistischen Landesamt seit dem Jahr 2000 gesteigert. Im Durchschnitt bleiben Touristen mittlerweile 4,7 Tage (Zahl aus dem Jahr 2020). 2005 waren es noch 3,7 Tage. Die Stadt der starken Frauen, tollen Fachwerkhäusern, zwei Flüssen und vielen Plätzen und Denkmälern wollen Sarah Busse und Marnie Scheider noch stärker in die Köpfe potenzieller Gäste rücken. Aber auch für Einheimische und Zugezogene hat Herford einiges zu bieten, finden die beiden jungen Frauen, die sich beim Stadtmarketing Pro Herford um den Tourismus kümmern.Die Corona-Pandemie hat den Tourismus verändert. Monatelang war Reisen plötzlich nicht mehr möglich. Länder haben Einreisestopps verhängt und selbst im eigenen Land war es zeitweise unmöglich das Bundesland zu wechseln. "Urlaub vor der eigenen Haustür ist zum Trend geworden", sagt Marnie Scheider und ihre Kollegin Sarah Busse ergänzt: "Das Bedürfnis nach Urlaub in der Heimat ist da." Corona habe den Blick fürs Lokale, für die Natur und die Gesundheit gestärkt.Wandern bis nach Hameln Die Zeit des Stillstands hat das Pro-Herford-Team genutzt und die Pandemie als Chance gesehen. Busse: "Wir haben geschaut, was es schon gibt, wo wir Verknüpfungen herstellen können und es war uns wichtig, die Angebote sichtbarer zu machen." Die Homepage "Herford erleben" ist so entstanden. Ein Blick darauf lohnt sich - auch für die Herforder. "Man ist vielleicht überrascht, was die eigene Heimat so zu bieten hat." Das ist neben den Klassikern wie Marta, Theater, H2O und Tierpark definitiv noch mehr. Für Nervenkitzel sorgt etwa ein Escape Room, im Sommer bietet sich ein Picknick auf der großen Wiese vor dem Bismarckturm an, der Stuckenberg bietet Nordic-Walking-Touren und für Wanderfans gibt es den Hansaweg. Der Fernwanderweg führt bis nach Hameln - "an ganz tollen Ecken vorbei", sagt Scheider. Ganz neu im Programm ist eine Rad-Rallye. Mit dem Angebot könnte ein Nerv getroffen werden, denn auch das Radfahren boomt in der Corona-Zeit. "Es ist wie eine Schnitzeljagd aufgebaut." 16 Stationen gilt es in und um Herford zu erradeln. "Es ist auch perfekt für Familien mit Kindern." Die Räder dafür müssen sich die Nutzer aber selbst mitbringen - noch. Busse: "Die Stadt ist an einem Angebot für Leihfahrräder dran." Audioguide gibt einen guten ersten Überblick Sarah Busse legt denjenigen, die Herford noch gar nicht kennen, einen Audioguide ans Herz. Mit der kostenlosen digitalen Stadtführung kann jeder auf eigene Faust die Hansestadt entdecken und spannende Informationen erfahren. "Es ist ein guter erster Überblick", sagt Busse. Fußläufig sind die Hinweisschilder zu erreichen. Eines von "Mathildes Lieblingsblick(e)" ist die Büchersäule im Elsbach Haus. Hier steckt Geschichte hinter. Nicht nur, dass das Elsbach Haus den ursprünglichen Besitzern der größten Wäschefabrik Europas gedenkt, die Bücher, die meterhoch aufgestapelt sind, sind die Bücher von Käthe Elsbach. Sie konnte vor den Nazis nicht mehr rechtzeitig fliehen und wurde deportiert. Die Familien- und Firmengeschichte zeigt beispielhaft den Aufstieg jüdischen Unternehmertums und den jähen Sturz in den Abgrund durch das NS-Regime. Doch es gibt noch mehr zu entdecken. Warum hat das Frühherrenhaus ein Loch in der Wand, warum steht eine britische Telefonzelle auf dem Gänsemarkt? Aber für Scheider ist auch der Wallrundgang stets ein Highlight. "Wer mit offenen Augen durch die Stadt läuft, entdeckt viel. Man sollte definitiv länger als einen Tag hier bleiben." Und auch mal eine Stadtführung in der eigenen Stadt besuchen. 2019 haben mehr als 4.300 Menschen an einer Führung teilgenommen. Die Zahl hat sich zwei Jahre später durch die Pandemie extrem verkleinert. Nur 600 Gäste nutzen die Stadtführungen 2021, die bis in den Sommer hinein nicht stattfinden durften und dann auch nur mit begrenzter Teilnahmezahl. Was bei den Einheimischen sehr gut ankommt, sind die kulinarischen Führungen. Hier gibt es zwischen drei Gängen in verschiedenen Restaurants viel Wissenswertes über die Stadt.Über den aktuellen Arbeitsschwerpunkt will das Tourismus-Team noch nicht viel verraten. Nur so viel: "Wir möchten Veranstaltungen konzipieren, die Strahlkraft haben und Menschen in Herford aber auch darüber hinaus ansprechen." Langweilig wird es Sarah Busse und Marnie Scheider also nicht. Im Gegenteil: "Die Nachfrage und das Bedürfnis ändern sich ständig." Tourismus ist niemals endlich.

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