Spezialeinheit der Polizei untersucht schwere Verkehrsunfälle

Kreis Herford. Wir kennen das aus US-Filmen, sagt Margit Picker, die Leitende Polizeidirektorin Verkehr im Polizeipräsidiums Bielefeld: Wird eine Leiche gefunden, rückt die CSI an, eine Spezialeinheit, die ein Zelt über dem Toten aufspannt und akribisch die Spuren sichert. Jedes Detail kann später Bedeutung gewinnen: ein Haar, der Teilabdruck eines Schuhs, der Rest einer Zigarette . . . Im realen Leben hat nun auch die Verkehrspolizei im Polizeipräsidium Bielefeld sehr spezialisierte Spurensucher. Das Verkehrsunfallaufnahme-Team (VU), so sein offizieller Name, hat seinen Sitz auf dem Gelände der Autobahnpolizeiwache an der Ahmser Straße in Herford. Es ist das dritte Team in NRW, das neben denen in Münster und Dortmund neu aufgebaut wurde. Drei weitere, unter anderem in Köln, wurden umgerüstet. Der Kreis Paderborn erhält ein weiteres im September. Denn NRW-weit sollen alle Teams in Ausstattung, Ausbildung und Aufbau einen einheitlichen Standard haben. Hintergrund für die Spezialisierung in der Verkehrsunfallaufnahme ist die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung von Fahrzeugen: Sie erfordern eine besondere Mess- und Auslesetechnik und gut geschultes Personal, das mit der dafür nötigen Technik zurecht kommt, darunter Drohnen und 3D-Laserscaner, und die gewonnenen Daten auch zu bewerten weiß. Die Teams lesen die Bordcomputer aus und scannen den kompletten Unfallort Die Teams lesen beispielsweise die Bordcomputer der Autos aus, machen Luftaufnahmen vom Unfallort, vermessen millimetergenau die gesamte Unfallstelle und fotografieren sie. Die Aufnahmen der Drohne und die Messungen und Bilder des 360-Grad-Laserscanners können dann am Computer wieder zusammengesetzt werden. Die Szenerie lässt sich dadurch am Bildschirm von jedem beliebigen Punkt aus betrachten.Bei einem Rechtsstreit können sich die Beteiligten vor Gericht die Situation so noch einmal vor Augen führen. Sie können sich dabei auch mitten in die Szene am Unfallort stellen oder den Einsatzort durchlaufen. Wichtig kann so etwas zum Beispiel werden, wenn der Unfallfahrer behauptet, dass ihm die Sicht durch ein am Straßenrand parkendes Auto versperrt gewesen sei. Das Gericht kann sich dann auf seine Position bewegen und das überprüfen.Am Ende der drei Einführungsphasen sollen in NRW 17 Teams, die Daten an Unfallorten sammeln und dabei be- und entlastende Informationen mitnehmen, so der Leiter des VU-Teams, Polizeihauptkommissar Dominik Keil. Die Auswertung der Daten obliege den Teams aber nicht.Die Experten werden ihre Ermittlungstätigkeit noch ausdehnen Keil stellte Team und Technik jetzt in Herford vor. Am Start sind die Ermittler bereits seit September, in den ersten Monaten wurden die Mitarbeiter umfassend geschult und ihr VU-Wagen aufgerüstet. So lange erst sechs Teams NRW-weit im Einsatz sind, fahren diese ausschließlich zu Verkehrsunfällen mit Getöteten und Schwerstverletzten oder zu solchen mit Verletzten nach verbotenen Autorennen. Das allerdings rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Kommen weitere Teams hinzu, wird sich die Ermittlungstätigkeit der Beamten auch auf nicht ganz so schwere Verkehrsunfälle ausdehnen. In der nächsten Phase ab September wird unter anderem auch Paderborn VU-Experten bekommen.Solange die VU-Teams im Land dünn gesät sind, müssen die in Herford stationierten Ermittler auch mal weiter zu einem Unfall fahren. Sind die Münsteraner Verkehrsexperten zum Beispiel bereits im Einsatz und ereignet sich ein weiterer schwerer Unfall in seinem Bereich, fahren sie auch mal von Herford nach Steinfurt. In der Regel seien sie aber spätestens nach 60 Minuten am Einsatzort, sagte Keil nach den Erfahrungen der vergangenen Monate. In NRW gibt es ein bis zwei Unfälle mit Toten am Tag Die am Unfallort gewonnenen Informationen leiten die VU-Teams an das Verkehrskommissariat weiter, das sie angefordert hat. Die Verkehrsexperten müssen nicht selbst auch das gesamte Verfahren weiter begleiten, das ist der Vorteil am landesweiten System, sagt Keil.Der Bordcomputer lasse sich zum Beispiel besser auslesen, wenn das Fahrzeug bereits sichergestellt ist. Denn dafür müsse die Technik mit Strom versorgt werden, und dabei beginne sie leicht mal zu brennen. Bei dem Beispiel-Unfall in Steinfurt könnten das die Münsteraner Kollegen am nächsten Tag übernehmen. In NRW gibt es derzeit ein bis zwei Unfälle mit Toten am Tag. Leerläufe gibt es beim VU-Team dennoch nicht: Die später einmal zehn Polizei- und zwei Regierungsbeamten je Team testen die neuen Geräte noch unter verschiedenen Bedingungen, etwa bei Dunkelheit, die von der Technik taghell ausgeleuchtet wird, bei Schnee und Hitze. Wer noch keine Fortbildung hat, den weisen Kollegen in die Technik ein. Und schließlich setzen sie ihre Kenntnisse auch beim Auslesen von Bordcomputern bei anderen Unfällen ein.

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