Gas- und Stromverträge gekündigt: Tausende Kunden im Kreis betroffen

Kreis Herford. Die E-Mail erreichte den Verbraucher kurz vor dem Jahreswechsel. Da hatte die Stromio GmbH die Lieferung mit Strom allerdings schon vor einer Woche eingestellt. Ähnliches ist Anfang Dezember 2021 bereits Kunden der gas.de Belieferungsgesellschaft - auch bekannt unter der Marke Grünwelt Energie - passiert. Die Verträge wurden von jetzt auf gleich gekündigt. Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale NRW, schätzt, dass im Kreis Herford mehrere tausend Menschen betroffen sind: "Bei uns glühen alle Drähte." Lesen Sie dazu: Strom- und Gaskündigung - Das müssen Verbraucher jetzt wissen Warmes Wasser zum Duschen und Strom, um den Fernseher und die Lampen zum Laufen zu bringen, gibt es für alle aber weiterhin. "Der Gesetzgeber hat beschlossen, dass keiner ohne Energie bleibt", sagt die Pressesprecherin Christine Brinkmann von den Stadtwerken Herford. Statt vom vorab ausgewählten Anbieter beliefert zu werden rutschen die gekündigten Kunden automatisch in die Grundversorgung. Die Preise variieren stark Ein Grundversorger ist immer das Unternehmen, das im Netzgebiet die meisten Kunden hat. Beim Erdgas gibt es im Kreisgebiet vier verschiedene Grundversorger. Die Stadtwerke Herford haben Kunden aus Herford, Enger und Hiddenhausen übernommen, Westfalica die Löhner Betroffenen. Für Bünde, Kirchlengern, Rödinghausen und Spenge ist die EWB (Energie- und Wasserversorgung Bünde) zuständig und in Vlotho sind es ebenfalls die heimischen Stadtwerke. E.ON ist hingegen der Grundversorger Strom. In einigen Regionen müssen die Kunden aufgrund der Kündigung und dem daraus folgenden Wechsel in die Grundversorgung jetzt ganz schön tief in die Tasche greifen. Die Preise variieren stark. "Die meisten, die sich bei uns melden, haben es mindestens mit einer Verdoppelung zu tun", sagt Maik Böhme, der die Beratungsstelle in Herford leitet. "Die Anfragen häufen sich derzeit." Preise auf dem Markt sind regelrecht explodiert Negativbeispiel aus der Region sind die Stadtwerke Gütersloh. Sie haben die Preise für die "Neukunden", die jetzt in der Grundversorgung gelandet sind, enorm angezogen. Für sie gilt ein Arbeitspreis von 91,98 Cent pro Kilowattstunde. Das ist dreimal so viel, wie die Bestandskunden zahlen, weiß Sieverding. Als Grund werde die Risikomarge genannt. Da die Grundversorger mit den "Neukunden" nicht planen konnten, konnten die Anbieter dafür auch keine Energie beizeiten einkaufen. Derzeit geraten vor allem jene Unternehmen in Schwierigkeiten, die die Energiemengen vorwiegend kurzfristig beschafft haben. Und die Preise sind in der letzten Zeit regelrecht explodiert, daher können sie ihren Verpflichtungen nicht mehr kostendeckend nachkommen. Stromio nennt dies eine "historisch einmalige Preisentwicklung im Strommarkt" und habe aufgrund dessen die Lieferung mit Strom einstellen müssen, heißt es in der Mail vom 28. Dezember. Christine Brinkmann aus Herford gibt einen Einblick in die Gaspreisentwicklung. Seit dem Spätsommer 2021 gebe es auf dem Energiemarkt eine deutliche Verteuerung. "Es hat sich dramatisch verändert. Wir zahlen für Erdgas das vier- bis fünffache", sagt die Stadtwerke-Sprecherin. Vor Weihnachten seien die Energiepreise sogar bis auf das zehnfache angezogen. Das habe sie so noch nicht erlebt.Hier zahlen Stromkunden nicht drauf Auch E.ON spricht von "Turbulenzen am Markt". Der Strombetreiber weist allerdings für die Kunden, die in die Grundversorgung gefallen sind, keine extra Preiserhöhung aus. "Während sich einige Discountanbieter in dieser schwierigen Marktsituation ihrer Verantwortung entziehen und sogar ihren Kunden kündigen, springen wir in vielen Regionen Deutschlands ein, darunter für Strom unter anderem auch in der Region Herford", teilt der E.ON-Unternehmenssprecher Stefan Moriße mit. "Das sind zuletzt insgesamt deutlich mehr als üblicherweise." Zu konkreten Kundenzahlen äußert sich das Unternehmen aufgrund des Wettbewerbs aber nicht. Ebenso wenig wie die Stadtwerke Herford. Die Verbraucherzentrale rät, ganz genau auf den Tarif der Grundversorger zu schauen. Rechtlich schwierig gestalte sich das Thema laut Sieveding, wenn die Tarife für Kunden "die vom Discounter kommen" extrem teuer sind: "Die Grundversorgung darf jetzt nicht die Versorgung zweiter Klasse sein." Der Bereichsleiter spricht gar von einem Stromio-Skandal: "Wir gehen davon aus, dass die Kündigungen unzulässig sind."Die Grundversorgung sei nicht per se schlecht, habe aber ein negatives Image, sagt Christine Brinkmann. Dafür gesorgt hätten eben diese Unternehmen, die jetzt nicht mehr auf dem Markt sind. Vergleichen lohne sich auch hier. Denn so manches Angebot der Grundversorger könne derzeit sogar günstiger sein, als die Angebote auf Vergleichsseiten im Internet. Lesen Sie dazu: Wasser wird teurer: Was bedeutet das für einen Durchschnitts-Haushalt?

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