Herforder Leser haben fast 600 "Pakete mit Herz" verschenkt

Herford. "Es sind sehr liebenswerte Menschen, die wir begleiten, auch wenn manche verbittert sind und das in ihrem Verhalten zeigen", sagt Matthias Marx. Der Sozial- und Suchttherapeut leitet das Ambulant Betreute Wohnen des Kurt-Dietrich-Hauses, das wiederum Teil der Evangelischen Diakoniestiftung Herford ist. Sein Team betreut chronisch sucht- und psychisch kranke Menschen in ihren Wohnungen.Corona hat viele dieser Menschen noch einsamer gemacht, die vierte Welle ist da nicht besser als der erste Corona-Winter, weiß Marx. "Das ,Paket mit Herz' ist für viele von ihnen das einzige Weihnachtsgeschenk, weil die Verbindungen zu Familien und Freunden abgerissen sind. Die Geschenke zeigen Wertschätzung und dafür sind unsere Klienten sehr, sehr dankbar."Kontakt zu Familien oft abgerissen Fast 600 mal haben die Herforder Leserinnen und Leser der Neuen Westfälischen in dieser Vorweihnachtszeit Herz gezeigt, und von Hilfseinrichtungen angesprochenen Bedürftigen mit einem kleinen Päckchen eine große Freude gemacht. Dafür bedankt sich die Redaktion sehr herzlich. Es ist umso beeindruckender, als auch das Einkaufen der Geschenke in diesem Jahr coronabedingt schwieriger war. Die Auswahl eines Wunschzettels auf der Homepage der NW immerhin scheint für die Schenkenden keine Hürde. Vielleicht ist sie in diesen Zeiten sogar eine Erleichterung gegenüber dem persönlichen Aussuchen in der Geschäftsstelle an der Lübberstraße. Es ist halt nur nicht so gesellig.Das 13-köpfige Team aus den Berufsfeldern Sozialarbeit, Erziehung und Altenpflege um Matthias Marx hat von Beginn der NW-Weihnachtsaktion an daran teilgenommen. "Wir betreuen rund 100 Menschen im Kreis Herford in ihrer häuslichen Umgebung", sagt Marx. Ein zweites Team ist an den Sozialberatungsdienst angebunden und betreut 70 Klienten."Die Leute haben ja schon viel hinter sich" Die wohnen überwiegend alleine in ihren Wohnungen, sind oft alkoholkrank und psychisch krank und leben in der Regel von Hartz-IV-Leistungen. Das Ziel der Arbeit der Betreuerinnen und Betreuer ist es in den meisten Fällen, den Ist-Zustand zu erhalten, sodass die Betroffenen in ihrer häuslichen Umgebung weiter leben können. Der Landschaftsverband finanziert diese Zuwendung, für die vorab eine Hilfeplanung aufgestellt wird. Es geht um Überlebenssicherung und Alltagsbegleitung."Die Leute haben ja schon viel hinter sich", weiß Marx. Sein Team versucht auch, an familiäre Bindungen wieder anzuknüpfen. Gemeinsamkeit unter Betroffenen zu schaffen durch Ausflüge, kulturelle Unternehmungen und Feiern ist unter Coronabedingungen nicht machbar. "Im Sommer haben wir einen neuen Anlauf gemacht, aber im Moment läuft da nichts", bedauert Marx. Viele Klienten leiden unter Angststörungen. Corona mit seiner Bedrohlichkeit hat das noch verstärkt. Die Impfungen bis hin zum Boostern, die auch vom Team organisiert werden, haben etwas Erleichterung verschafft. Da auch die Weihnachtsfeier ausfallen muss, bringen die Betreuerinnen und Betreuer die Geschenke als Weihnachtsfreude mit in die Wohnungen. "Es ist oft ganz beeindruckend, wie liebevoll die Geschenke eingepackt sind", sagt Matthias Marx. Meist liegt noch ein Schreiben bei mit guten Wünschen, manchmal sogar ein Gedicht dabei. Zu den Wünschen der Klienten gehören Kleidung, Friseurgutscheine, besondere Süßigkeiten, Hygieneartikel und Parfum.Migrantinnen suchen eine Zukunftsperspektive Auch die Caritas ist mit ihren Hilfsdiensten wieder an der Aktion "Paket mit Herz beteiligt". So berichtetet Salwa Al-Mahmod, wie schwierig ihre Arbeit in der vierten Corona-Welle wieder geworden ist. Sie und Kolleginnen und Kollegen helfen im Migrationsdienst und in der Integrationsagentur Frauen aus Migrantenfamilien, in der neuen und fremden Heimat Fuß zu fassen und für sich und ihre Kinder eine Zukunft aufzubauen. Für die Frauen und ihre Töchter ist oft das aus dem heimatlichen Kulturkreis importierte Werteverständnis der Männer eine Hürde, sich in die hiesigen Lebenswelten einzufügen.Die Impfungen machen auch vielen Migranten Hoffnung, sagt Al-Mahmod. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen versuchen, sie laufend auf den neusten Stand der Regelungen zur Corona-Pandemie zu bringen. So ist es auch gelungen, Frauen, die Angst vor der Impfung hatten, von deren Vorteilen zu überzeugen. Ein Ansatzpunkt ist das bereits 2004 gestartete Projekt "Dialog der Kulturen und Religionen", in dem immer neue Familien einschließlich der Männer und Jungen zusammen Kunst schaffen. Die Ergebnisse wurden in diesem Sommer in einer Ausstellung im Kreishaus präsentiert."Corona hat viele Probleme in den Familien verschärft" "Corona hat viele Probleme der Migranten verschärft", weiß Al-Mahmod. "Es gibt mehr Gewalt in den Familien, Depression, Krankheit und Verzweiflung. Jugendliche streiten häufiger mit ihren Vätern, weil sie weniger Möglichkeiten haben, sich außerhalb der Wohnung zu beschäftigen. "Obwohl wir uns derzeit nicht mehr mit den Frauen treffen können, halten wir den Kontakt und sind immer bis abends telefonisch erreichbar", sagt sie. Viele Männer hätten aber gelernt, dass ein Leben für ihre Familien in Deutschland nicht möglich sei, wenn sei den Frauen und Mädchen nicht die Freiheit lassen, die sie hier kennenlernen.Im Sommer waren viele Treffen und Aktionen möglich, nun nicht mehr. Da nun also auch die lange geplante Weihnachtsfeier ausfällt, freut sich Salwa Al Mahmod umso mehr, dass sie mit Hilfe ihrer Tochter Narin die Geschenke aus der Aktion "Paket mit Herz" zu den Familien nach Hause bringen kann. "Die Päckchen hätten wir nicht finanzieren können", sagt sie. Auf der Wunschliste standen Dinge wie Wasserkocher, Kaffeemaschine, Toaster, Schuhe, Schal, Pyjama, Socken, Handtücher, Strickjacke und Armbanduhr - und ein Arabisch-Deutsch-Wörterbuch. Herforder Weihnachtsbräuche kennen lernen "Ich bin begeistert, dass die Herforder Christen den muslimischen Zuwanderern so viel Freude machen", sagt Al-Mahmod. Es sei eine gute Möglichkeit, den Migranten näher zu bringen, was den Herfordern Weihnachten bedeutet und welche Gebräuche es gibt. Sie hätten auch verstanden, dass auch sie auf dem Alten Markt unter dem Weihnachtsbaumbaum willkommen seien und Crèpes und Pommes kaufen können. Dann stehen ihre Kinder mit anderen Kinder zusammen und freuen sich.

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