Herford. Corona ist zwar im Klinikum das beherrschende Thema. Seit dem Frühjahr drehen sich aber einige Gespräche auch noch um etwas anderes: Auf einer kleinen Fläche von rund 250 Quadratmetern entsteht auf dem Klinikum-Gelände der erste Tiny Forest NRWs. Und dieser kleine Mischwald wird vor allem mit und für die jungen Patienten der Kinder- und Jugendklinik angepflanzt.
Der ökologische Aspekt
Tiny Forests sind Mini-Wälder, die auf sehr kleinen, vor allem auf ökologisch minderwertigen Flächen, angepflanzt werden. Das Konzept stammt von dem japanischen Wissenschaftler Akira Miyawaki. Bausteine sind eine gute Bodenvorbereitung, eine sehr dichte Bepflanzung mit drei bis vier Gehölzen je Quadratmeter und eine große Vielfalt an heimischen Baumarten.
Die Bäume können im aufgelockerten Boden schnell mit ihren Wurzeln in die Tiefe gehen. Und weil sie um Licht konkurrieren, wachsen sie auch schnell in die Höhe, so NW-Redakteurin Corina Lass, die mit Klinikum-Vorstand Peter Hutmacher und dem Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik, Walter Koch, hinter dem Projekt steht.
Der Tiny Forest solle zudem ein Baustein bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels sein. Denn Tiny Forests speichern Wasser, kühlen ihre Umgebung, filtern Schadstoffe aus der Luft, binden CO2 und bringen Menschen wieder in Kontakt mit der Natur. Und sie tragen zur Artenvielfalt bei, weil sich Vögel und Insekten in ihnen ansiedeln. "Schon mit kleinen Dingen lässt sich etwas bewirken", sagt Hutmacher mit Blick auf den Klimawandel.

Damit der Wald auch gut anwächst, haben sich die Initiatoren fachkundige Berater geholt: Stefan Scharfe und Lukas Steingässer, zwei Studenten der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, haben Anfang 2020 den ersten Tiny Forest in Deutschland gepflanzt. Auf Einladung der CDU-Kreistagsfraktion berichteten sie davon auch vor Interessierten aus dem Kreis Herford.
Nach Erfahrungen aus anderen Ländern wachsen Tiny Forests nach der
Miyawaki-Methode fünf- bis achtmal schneller als herkömmlicher Wald. Die
Herforder Fläche liegt aber auf der Nordseite des neuen Parkhauses.
Dort wird es nicht ganz so zügig gehen, sagt Lass. Außerdem schränke die
Lage die Vielfalt der Gehölzarten ein. Statt der 38 verschiedenen
heimische Arten für einen sonnigen Standort, haben die Berater 25 Arten
empfohlen, die Schatten gut vertragen.
Der soziale Aspekt
Besonderheit am Tiny Forest in Herford ist die Trägerschaft durch den Förderverein Kinder- und Jugendklinik Herford, dem Koch vorsteht. Er hat als Kind selbst in Wäldern gespielt und sie als Orte kennengelernt, die Erdverbundenheit schaffen und Kraft geben. Für die jungen Patienten und ihre Angehörigen sei der Mini-Wald auf dem Klinikum-Gelände eine Bereicherung, sagt Koch.
Geplant ist eine gemeinsame Pflanzaktion Ende Februar/Anfang März mit den jungen Patienten der Kinderklinik, den Unterstützern des Projekts, Mitarbeitern und allen Interessierten. Zudem haben die Initiatoren erlebnispädagogische Angebote über einen längeren Zeitraum vorgesehen. Dabei sollen die Patienten unter anderem erfahren, wie Waldboden entsteht und dass Bäume Pilze wie Telefonleitungen nutzen, um einander vor Schädlingen zu warnen.
Für diese waldpädagogischen Angebote und zur Nutzung für alle, die auf dem Gelände wohnen, arbeiten, Patient oder Besucher sind, ist eine kleine runde Fläche mit Sitzplätzen im Tiny Forest geplant. "Dort wird der Wald dann auch sinnlich erfahrbar", sagt Hutmacher, der sich ebenso wie Koch und Lass schon darauf freut, selbst den Spaten in die Hand zu nehmen und Bäume zu pflanzen.
Angedacht ist außerdem, weitere Gruppen in das Projekt einzubeziehen, zum Beispiel die Kita-Kinder auf dem Klinikum-Gelände oder Mitarbeiter-Teams. Denn der Wald solle allen zugute kommen, sagt Lass. "Es soll ihr Wald werden. Und sie sollen ihn nutzen, vielleicht um Ruhe zu finden und inne zu halten, vielleicht auch über die Artenvielfalt zu staunen, die sich dort ansiedelt."
Der Gemeinwohl-Aspekt
Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf knapp 20.000 Euro und umfassen die erlebnispädagogischen Angebote in den nächsten zwei Jahren. Dafür hoffen die Projektbeteiligten auf Spenden über die Crowdfunding-Plattform der Volksbank Herford-Mindener Land www.viele-schaffen-mehr.de/projekte/tiny-forest-herford. Dort gibt es neben vielen weiteren Informationen die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren. Dafür müssen sich Interessierte zunächst registrieren und "Fan werden" anklicken. Neben dem Fan-Button erscheint dann der Button "News abonnieren".
Das verpflichtet nicht zur Spende, ist den Projektverantwortlichen aber vor allem deshalb wichtig, weil sie alle, die ebenfalls eine minderwertige Fläche aufwerten möchten oder die das Tiny-Forest-Konzept interessiert, an ihren Erfahrungen teilhaben lassen wollen. Zudem finden Unterstützer dort auch eine Möglichkeit, Fragen zu stellen.