Nachbarschafts-Stress: Grundschüler terrorisieren Familie und älteres Ehepaar

Herford. Pausenglocke und Kindertrubel? Kein Problem, dachte sich Nadeshda Kaufmann, als sie vor fünf Jahren ins schmucke Einfamilienhaus in direkter Nachbarschaft zur Grundschule Obering zog. &bdquo;Ich bin selber Lehrerin, habe mich auf das Umfeld gefreut", sagt die 45-Jährige. Inzwischen ist diese Vorfreude permanentem Ärger gewichen. Denn offensichtlich finden Erst-, Zweit-, Dritt- oder Viertklässler Gefallen daran, die Bewohner von nebenan zu nerven. Mal fliegen Steine über den Schulzaun, mal werden Hunde der Hausbesitzer mit Stöckchen malträtiert. Beschwerden bei Schulleitung oder dem städtischen Schulamt seien erfolglos gewesen – seitens der Stadt habe Nadeshda Kaufmann lediglich den lapidaren Satz gehört, dass sie schließlich gewusst habe, wo sie baut. Die Schule bestehe schon länger als das Haus der Kaufmanns, hieß es. Dabei sind Nadeshda Kaufmann und ihr Mann Alexej nicht alleine betroffen. Ein benachbartes Ehepaar hätte bereits aufgegeben und sei wegen der beständigen Belästigungen nach dem Verkauf des Hauses fortgezogen. Auf der anderen Seite der Kaufmanns sollen gar schon Scheiben nach Steinwürfen zu Bruch gegangen sein. Der Hauseigentümer bestätigt &bdquo;den Ärger mit der Schule", möchte aber namentlich nicht erwähnt werden. Glas ist bei den Kaufmanns noch nicht gesplittert. Dafür seien gleich nach dem Einzug ins neue Haus fette Erdklumpen gegen die Lamellen des zur Schule gelegenen Badezimmer-Fensters geflogen. Ein Beschwerdebrief an die Schule sei mit einer Entschuldigung und der Erklärung versehen gewesen, dass nicht jedes Kind beständig beaufsichtigt werden könne. An einem anderen weniger schönen Tag hätten die Grundschüler Obst gepflückt. Aber nicht zum eigenen Verzehr. &bdquo;Die haben Kirschen gegen unsere weiße Hauswand geschmissen. Die war frisch gestrichen, so dass ich das abwaschen konnte", sagt die Herforderin. Immer wieder seien zudem Steine geflogen . Und als sich die Kaufmanns im Mai vergangenen Jahres zwei kleine Hunde zulegten, waren auch &bdquo;Mickey" und &bdquo;Flocke" schnell zur Zielscheibe der übermütigen Kinder geworden, so die Hauseigentümerin. &bdquo;Die Hunde wurden regelmäßig mit Stöcken und Steinen beschmissen. Ich habe hier haufenweise Schrott gefunden, so dass die Tiere mittlerweile richtig schreckhaft geworden sind." Irgendwann reichte es dem Ehepaar. Ein Sichtschutz am Zaun sollte für Ruhe sorgen. &bdquo;Das hilft aber nichts. Die Kinder schieben den Sichtschutz zur Seite." Neuerdings gibt es auf dem Schulhof einen Hügel, von dem das tiefer gelegene Gelände der Kaufmanns prima einzusehen ist. Auch der im Garten stehende Swimmingpool. &bdquo;Als ich zuletzt nach Hause kann, schwammen Äpfel und ausgerissene Büsche mit den Wurzeln im Wasser", sagt die Pädagogin einer weiterführenden Schule in Herford. Äpfel und Büsche schwimmen im Pool-Wasser Obering-Schulleiterin Annette Sliwinski kennt die Probleme. &bdquo;Wir haben den Schulbetrieb, der um 16 Uhr endet. Es geht aber nicht um die zwei Pausen vormittags. Sondern es geht um den freieren Bereich am Nachmittag. Zum einen haben wir mit den Erzieherinnen abgesprochen, dass sich die Kinder von diesem Grenzgelände fernzuhalten haben. Dann haben wir mit der Stadt nach Lösungen gesucht. Ein anfangs nicht vorhandener Zaun und zusätzliche Bepflanzung davor sollten Abhilfe schaffen", sagt die Rektorin. Annette Sliwinski ergänzt: &bdquo;Wir können aber nicht immer alle 350 Kinder im Blick haben, zumal das eine weite Strecke zu den Nachbarn ist. Wenn Kinder erwischt werden, dann müssen sie mit Konsequenzen rechnen. Beispielsweise erhalten sie Pausenverbot. Im Herbst schreibe ich einen Apfelbrief, worin steht, dass keine Äpfel geworfen werden dürfen. Auch bei Steinwürfen gibt es diese Briefe, die in den Klassen vorgelesen und mit den Kindern besprochen werden. Ganz abgesehen davon, dass das Gelände nach den Schulzeiten allen offen steht." Die Grundschule Obering ist kein Einzelfall in Herford. &bdquo;Die Schulleitungen suchen immer das direkte Gespräch mit den Nachbarn und natürlich auch, bei Beschädigungen, mit den Kindern. Das Thema wird vor Ort besprochen und geklärt. Die Stadt ist Ansprechpartnerin für die Schulleitungen, kann unterstützen und beraten", sagt Heidi Pahmeyer, Abteilungsleiterin Bildung und Sport. Gegebenenfalls werde versucht, mit baulichen Veränderungen die Situation vor Ort zu entschärfen. Dies könne eine Erhöhung oder Versetzung eines Zauns sein oder die Versetzung eines Tores. Wann die Störenfriede an der Grundschule Obering unterwegs sind, weiß Nadeshda Kaufmann nicht. &bdquo;Zu den normalen Schulzeiten vormittags bin ich meistens selbst in der Schule und kann schlecht etwas dazu sagen. Nachmittags ist aber hier ständig Tumult, ab etwa 12 oder 13 Uhr geht es schon los", sagt Nadeshda Kaufmann. Zuletzt fand sie einen ausrangierten und zerbeulten Suppentopf auf ihrem Rasen. Darin sammelt sie jetzt Schottersteine, die so groß wie Kartoffeln sind und die immer mal wieder über den Schulzaun fliegen. Der Topf füllt sich allmählich.

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