Wie Klinikclowns wieder Freude in den manchmal traurigen Alltag bringen

Herford. "Karl-Heinz, ich hab mich total in dich verliebt", ruft eine demente Frau freudestrahlend, als sie ihn nach eineinhalb Jahren Corona-Zeit endlich in ihrem Seniorenheim wiedersieht. An vieles aus ihrem Leben kann sie sich mittlerweile nicht mehr erinnern. Aber Karl-Heinz hat sie mitten ins Herz getroffen, ist ihr genau in Erinnerung geblieben. "Das war total süß", erzählt Thomas Paul Schepansky. Regelmäßig verwandelt er sich in Karl-Heinz. Dazu muss er sich nur sein Clowns-Kostüm überziehen. Erzählen, Singen, Zuhören und manchmal auch einfach eine Hand halten: Das sind die Aufgaben von Klinikclowns. "Wir sorgen dafür, dass ein kleines bisschen Leichtigkeit in den manchmal traurigen Alltag kommt." Klinikclowns verteilen rote Nasen und Trostpflaster Am Freitag war internationaler Tag des Lächelns. Klinikclowns des Dachverbands Clowns in Medizin und Pflege Deutschland nahmen diesen Tag zum Anlass, Reisende, Wartende und Passanten deutschlandweit mit fröhlichen, bunten Aktionen auf und vor Bahnhöfen, auf öffentlichen Plätzen und in Fußgängerzonen zu überraschen. In Herford schäkerten die Clowns Ilse (Isabel Remer), Frederik (Mirko Opitz) und Karl-Heinz (Thomas Paul Schepansky) vom vom Verein Clownskontakt auf dem Gänsemarkt mit Passanten. Sie verteilten rote Nasen, Trostpflaster, alberten herum und informierten dabei über ihre Arbeit. Der gemeinnützige Verein Clownskontakt e.V. bietet seit dem Jahr 2010 Clownsbesuche in Kliniken, auf Palliativstationen sowie in Senioren- und Pflegeeinrichtungen in Ostwestfalen-Lippe und Umgebung an. Auch in der Corona Zeit sorgten die Clowns für Momente der Freude Die Corona-Pandemie war - wie für so viele andere Menschen auch - zunächst eine Herausforderung für die Clowns. "Mitte März war erst einmal Schluss", erinnert sich Schepansky. Doch er und seine Kollegen ließen sich nicht unterkriegen, wollten trotz Hygieneauflagen für Abwechslung in Altenheimen und Kliniken sorgen. Sie wurden kreativ, entwickelten coronakonforme Konzepte und gaben zum Beispiel Zirkusaufführungen in Innenhöfen. Außerdem erfanden sie den Herz-Nasen-Ohren-Funk, eine Radiosendung, die sie über die Funkanlagen in Altenheimen eine Stunde lang pro Woche sendeten. In jeder Sendung ging es um ein anderes Oberthema, wie zum Beispiel Freundschaft, die vier Jahreszeiten und die Bremer-Stadtmusikanten. Mittlerweile haben die Clowns wieder mehr Möglichkeiten, können Menschen mit Sicherheitsabstand besuchen. "Wir merken, dass die Leute in Bezug auf Kontakt total ausgehungert sind", sagt Schepansky. "Und leider haben einige sehr abgebaut." Es sei herausfordernd zu sehen, wie Menschen, die sie lange begleitet hätten, immer schwächer würden, bestimmte Dinge nicht mehr könnten. "Das sind Momente, in denen man aus dem Zimmer kommt, erst einmal einen Kaffee braucht und durchschnaufen muss." Ein ganz unterschiedlicher Umgang mit dem Altwerden Thomas Paul Schepansky beobachtet in seiner Arbeit immer wieder, dass Menschen ganz unterschiedlich mit dem Altwerden und ihrem körperlichen Verfall umgehen. Die einen seien sehr traurig und manchmal wütend, wenn sie merkten, dass sie Dinge nicht mehr so können, wie sie gerne wollten. Andere hingegen sagen: "Es ist, wie es ist, und ich muss damit jetzt leben." Die Arbeit als Clowns sei für beide Seiten eine Bereicherung, findet Schepansky. "Von so einer Leichtigkeit möchte ich mir auch etwas mit ins Alter nehmen", sagt er entschlossen. Ihn inspirieren die vielen persönlichen Lebensweisheiten, die er von Menschen hört. Manchmal, wenn er sehe, wie hilflos manche Menschen sind, frage er sich jedoch auch, wie alt er eigentlich selbst gerne werden möchte. "Aber dann sehe ich wieder 100-Jährige, die noch rumschäkern." Das mache Lust auf ein langes Leben. Fingerspitzengefühl statt großer Show Wer als Klinikclown arbeiten möchte, muss eine professionelle Clowns-Ausbildung absolvieren. Diese wird zum Beispiel an der Schule für Tanz, Clown und Theater in Hannover angeboten. Die angehenden Klinikclowns üben Bühnenpräsenz und Improvisation, genauso wie Puppenspiel, Musik, Zauberei und das Geschichtenerzählen. "Als Klinikclown geht es nicht darum, die große Show zu machen", betont Schepansky. Das Selbstverständnis der Clowns sei, mit Fingerspitzengefühl auf Menschen zuzugehen, ihre Privatsphäre zu wahren und es auch zu akzeptieren, wenn jemand keinen Kontakt mit einem Clown haben möchte. "Das finde ich gut", sagt der 80-Jährige Hartmut Schumann, als er am Freitag bei einem Spaziergang über den Herforder Gänsemarkt mit Ilse, Frederik und Karl-Heinz über ihre Arbeit als Klinikclowns ins Gespräch kommt. "Spaß ist immer ganz wichtig auf der Welt."

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