Abzocke mit neuem Blitzer? So reagiert die Stadt auf diesen Vorwurf

Herford. "Wir können ja sagen, der Herforder Blitzer ist nach Daniel Pöppelmann benannt", brachte ein Herforder bei einem edlen Tropfen den berühmten Baumeister als Namensgeber ins Spiel. Er wusste aber nicht, dass das Leihgerät nicht von der Stadt, sondern vom Hersteller den Namen "Danijel" bekommen hat. Auf dem Weinfest am vergangenen Wochenende wurde über dies und das geplaudert - weniger über das wundersame "J" im "Danijel" als über Fluch und Segen des mobilen Panzer-Blitzers, den die Stadt gerade an 33 Stellen wie Tempo-30-Abschnitten an Schulstandorten ausprobiert. Man will anhand der Ergebnisse entscheiden, ob die Stadt solch ein Gerät selbst anschafft und wo der Einsatz Sinn macht. Der eine oder andere hat schon zu spüren bekommen, dass Danijel abends keinen Feierabend macht und hatte meist keinen Grund zur Freude. Tatsächlich muss man auch nicht notorischer Raser sein, um seinen Führerschein durch Tempoüberschreitung für einige Wochen zu verlieren. "Zweifelhaftes Vergnügen, Danijel kennenzulernen" NW-Leserin Angela Schwab macht in einem Brief an die Redaktion ihrem Ärger Luft: "Auch ich hatte schon das zweifelhafte Vergnügen, ,Danijel' kennenzulernen und habe so unfreiwillig zur Erprobung des Blitzers durch die Stadt beigetragen." Sie gehöre zu den Autofahrern, von denen es in einem ersten Zeitungsbericht hieß, dass sie "ordentlich aufs Gas gedrückt" hätten. Schwab war am Mittwochabend auf der Diebrocker Straße in Höhe der Grundschule nicht mit 30, sondern nach eigener Schätzung mit knapp 50 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen und geblitzt worden. "Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich, wo man mit Kindern auf der Straße rechnen muss, immer ausgesprochen aufmerksam bin und Tempo 30 vor Schulen für absolut sinnvoll halte", schreibt die Autofahrerin. "Aber doch nicht um 20.30 Uhr!" Dass die Geschwindigkeitsbeschränkungen vor Schulen nicht generell an bestimmte, "gerne auch großzügig festgelegte Zeiten" gebunden seien, findet sie unverständlich. Dass ein Blitzer an einer solchen Stelle installiert werde, damit er Autofahrer erfasse, die abends auf der nahezu leeren Straße schneller als 30 fahren, sei nicht zu begreifen, "wenn man nicht an die These von der Geldschneiderei fürs Stadtsäckel glauben möchte". Ein anderer Kritiker des Blitzers hat bekanntlich versucht, ihn mit Sprühfarbe außer Gefecht zu setzen. Der Erfolg war nicht von Dauer. "Wir haben Anzeige erstattet und wir haben gute Reinigungsmittel", sagt Ordnungsamtsleiterin Petra Stender. In Bielefeld ist Tempolimit zeitlich befristet Knackpunkt ist nicht nur die Unermüdlichkeit des Blitzers, sondern die Anordnung des Tempolimits durch die Stadt ohne zeitliche Einschränkung. In Herford hatte man sich wohl dennoch bisher bei der Geschwindigkeitsüberwachung an Schulen an den tatsächlichen Gefährdungszeiten für Kinder und Jugendliche orientiert - bis Danijel kam. Andere Städte wie etwa Bielefeld begrenzen das Tempolimit vor Schulen zeitlich auf 6.30 bis 17 Uhr. Da kann auch "Bernhard" mal Pause machen. "Es gibt keine Idealbeschilderung in Sachen zeitliche Beschränkung oder nicht. Da gibt es kein Richtig oder Falsch", meint Stender. Nach ihrer Erfahrung sind an Schulen auch außerhalb der Schulzeiten Schüler unterwegs und auch Veranstaltungen in den Sporthallen erforderten eine vorsichtige Fahrweise. Der Verkehrsausschuss hat sich schon mehrmals damit beschäftigt und die Entscheidung für Herford so getroffen. "Anwohner freuen sich über Sicherheit und Ruhe" Ordnungsamtsleiterin Petra Stender verspricht immerhin: "In den Ferien sparen wir die Schulstandorte aus." "Abzocke" ist für sie ein Standardvorwurf, den sie kennt. Sie sagt aber auch: "Die Anwohner freuen sich über Sicherheit und Ruhe." Man erinnere sich: Der unabhängige Bürgermeisterkandidat Jürgen Josting hatte vor zwei Jahren Tempo 30 für die ganze Innenstadt gefordert. Der Verkehrsausschuss hatte das mehrheitlich abgelehnt, nachdem die Verwaltung rechtliche Probleme geltend gemacht und bezweifelt hatte, dass es einen positiven Umwelteffekt gebe. Es wurden aber weitere Tempo-30-Zonen geschaffen. Die Stadt Paris hat unlängst Schlagzeilen mit flächendeckendem Tempo 30 gemacht. Das mag auch in Deutschland nach der Bundestagswahl zu einer Neubewertung führen. Mit Tempo 120 durch Elverdissen Nach Angaben des Ordnungsamtes hat die Stadt zwischen Januar und August 3.171 relevante Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt, allein 1.050 mit Hilfe von Danijel, der Mitte August seinen dreimonatigen Probedienst angetreten hat. Insgesamt hat die Stadt bis heute rund 80.000 Euro Bußgeld kassiert. Es wurden einmal drei Monate, einmal zwei Monate und 36 Mal ein Monat Fahrverbot verhängt. Aktuell hat Danijel am vergangenen Wochenende ein Foto gemacht, das für den betroffenen Autofahrer gravierende Folgen hat. Am Samstag-Spätnachmittag fuhr er in Höhe des Sportplatzes an der Elverdisser Straße mit 120 km/h. Erlaubt ist in der Ortschaft Tempo 50. Stender vermutet, dass die drastische Geschwindigkeitsüberschreitung für drei Monate Fahrverbot gut sind. In Zukunft könnte zu schnelles Fahren deutlich teurer werden. Allerdings ist der nach einigem politischen Hickhack beschlossene verschärfte Bußgeldkatalog noch nicht in Kraft getreten.

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