Warnung im Katastrophenfall: Hat Herford genug Sirenen?

Herford. Sirenen galten lange Zeit als Relikt aus der Zeit des Kalten Krieges. Im Zeitalter von Smartphones und Onlinediensten haben sie jahrelang keine große Rolle mehr gespielt. Doch die Vorzüge des lauten, akustischen Warntons sind nicht von der Hand zu weisen. Nach dem verheerenden Hochwasser im Westen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz entspringt eine Debatte um die Heuler auf den Dächern. Mehr als 160 Menschen haben bei der Flutkatastrophe ihr Leben verloren. Hat der Katastrophenschutz die Bevölkerung früh genug gewarnt oder ist die Warnung nicht ernst genommen worden? Ein Blick auf die hiesigen Sirenenstandorte zeigt, wie Herford aufgestellt ist. Seit einigen Jahren rücken die Sirenen wieder vermehrt in den Vordergrund. Seit 2018 gibt es einen landesweiten Warntag. Der offenbart eine mangelhafte flächendeckende Warnung der Bevölkerung im Katastrophenfall. Ein Blick nach Herford zeigt, dass auch hier noch Luft nach oben ist. Sieben Sirenenstandorte gibt es bislang, sagt Stadtkämmerer Jochen Strieckmann. Weitere sollen aber noch in diesem Jahr folgen. Weitere Sirenen kommen noch in diesem Jahr Mit den sieben Sirenen können nicht alle Bürger gleichermaßen im Fall der Fälle gewarnt werden. Mehr als ein Drittel der Stadt ist nicht versorgt. Das zeigt eine entsprechende Karte, die auch den Beschallungsradius wiedergibt. Vor allem der Westen des Stadtgebiets würde still bleiben - Stedefreund, Eickum, aber auch Herringhausen ist noch nicht abgedeckt. Hier müssten im Katastrophenfall mobile Sirenen zum Einsatz kommen, die Organisation dessen könnte aber wertvolle Zeit kosten. Die Sirenen, die schon stehen, decken vor allem die Innenstadt ab und die Orte, wo viele Menschen zusammenleben. Doch Strieckmann hat auch gute Nachrichten: "Bis Ende des Jahres sollen zehn weitere Sirenen dazukommen." Die genauen Standorte - das sind meist öffentliche Gebäude - seien schon geklärt, es gehe nur noch um den Aufbau. "Dann ist Herford so abgedeckt, dass alle Bürger alarmiert werden können", sagt der Kämmerer, der den Wiederaufbau der Heuler grundsätzlich gut findet. Sirenen haben eine Warn- und Weckfunktion Schließlich haben nicht alle Menschen eine Warn-App auf dem Smartphone. Und gerade nachts sei das Handy ausgeschaltet oder liege nicht in unmittelbarer Reichweite. Strieckmann: "Wenn ein Risiko für Leib und Seele besteht, müssen alle Menschen informiert werden." Ein akustisches Signal würde das erreichen. Sirenen haben eine Warn- und Weckfunktion. Es geht um Schnelligkeit und Effektivität. Noch besser sei eine Verzahnung beider Warnmittel. Die Apps Katwarn oder Nina sind digitale Möglichkeiten, um sich über lokale Ereignisse zu informieren. Das kann ein heftiges Unwetter sein, Hochwasser oder andere Gefährdungslagen. Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, räumte am Montag ein, dass man sich zu sehr auf digitale Warn-Apps fokussiert habe. Im Deutschlandfunk sagte er, man habe erkannt, "dass das nicht der richtige Weg ist". Auch er geht darauf ein, dass Menschen Warnungen per App nachts oft nicht wahrnähmen - anders als den Heulton einer Sirene. "Das Gefährdungsbewusstsein ist nicht groß vorhanden" Kreisbrandmeister Dirk Kröger, der mit etlichen Kollegen zum Helfen im Hochwassergebiet war, begrüßt ebenfalls die Sirenen-Entwicklung. "Das Warnmittel ist schnell und sicher", sagt Kröger. Heult eine Sirene, würden die Menschen die dahinterstehende Gefährdung eher wahrnehmen als einen Hinweis per App. Über die entsprechenden Apps sei vor dem Starkregen zwar gewarnt worden. Kröger: "Viele nehmen das aber nicht so ernst. Das Gefährdungsbewusstsein ist nicht groß vorhanden." Hier müsse man ansetzen, so der Kreisbrandmeister. Niemand habe mit solchen extremen Regenmassen gerechnet, doch laut Experten werden sich solche Wetterereignisse häufen. Und sie sind extrem lokal. Auch hierbei sind Sirenen wichtig. Den Auslöser für die kreisweit mehr als 50 Standorte hat die Leitstelle. Sie können die Heuler einzeln und gezielt ansteuern. Das ist sinnvoll, wenn etwa aus einem verunglückten Lkw auf der A 2 Schadstoffe in die Luft entweichen, dies aber nur den nächstgelegenen Stadtteil betrifft. Kröger: "Wenn wir auf den Knopf drücken, dann gehen sie los."

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