Gefühl der Unsicherheit: Nach dem schweren Unfall an der Elverdisser Straße

Herford. Das einjährige Kind, das in der vergangenen Woche Opfer eines Verkehrsunfalls auf der Elverdisser Straße geworden ist, ist über den Berg. Das ist die gute Nachricht. Der Unfall wäre durch die im vergangenen Jahr von Bürgern geforderten aber nicht umgesetzten Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit womöglich nicht zu verhindern gewesen. Er wirft dennoch einmal mehr ein Schlaglicht auf die Landstraße, die zuletzt Ende 2020 auch auf Antrag der CDU ein großes Thema im Herforder Verkehrsausschuss war. Denn viele Anlieger sind mit dem seinerzeit getroffenen Beschluss nicht zufrieden, der nur eine 150 Meter lange Tempo-30-Zone vor dem Wohn- und Pflege-Zentrum Hermann-Ameler-Haus vorsieht. So wurden auch eine Entschärfung der Einmündung Heinrich Funk-Weg und weitere Bedarfsampeln gefordert. Die Anlieger empfinden die Situation insbesondere für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder, Fußgänger und Radfahrer noch immer als unsicher. Das ist die schlechte Nachricht. "Es gibt sehr brenzlige Situationen" Nadine Vorderwülbeke arbeitet als Erzieherin in einer der beiden Kitas im Quartier und ist gleichzeitig Mutter und Autofahrerin. "Es ist toll, dass das Thema noch einmal beleuchtet wird. Es gibt sehr brenzlige Situationen, seit der Fahrradweg mit Markierungen auf die Fahrbahn verlegt wurde", sagt sie. "Wenn ein Autofahrer vor sich einen Radler auf der Fahrradfahrerspur hat und ein anderes Auto entgegen kommt, muss er bremsen und dahinter bleiben. Das tun aber nicht alle Autofahrer, sondern einige versuchen noch schnell zu überholen und schneiden den Fahrradfahrer, auch wenn es ein Kind ist." Das hat sie schon häufig beobachtet, insbesondere wenn für den Autofahrer der Bahnübergang in Sicht ist und die Möglichkeit besteht, dass sich die Schranken schließen. Nadine Vorderwülbeke wünscht sich hier Tempo 30, doch sind die Behörden bei dieser Straße mit überregionaler Bedeutung dazu nicht bereit. Tempo 30 darf nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen an diesen Vorfahrtsstraßen nur dann angeordnet werden, wenn etwa eine Kita, eine Schule oder eine soziale Einrichtung mit direkter Zufahrt oder direktem Zugang daran liegt. So soll also lediglich in Höhe des Heinrich-Ameler-Haus gegenüber der Einmündung am Sennenbusch die Zone eingerichtet werden. Das ist bisher nicht geschehen. Nach Angaben des Dezernenten Peter Böhm sollen aber nun im Mai die Schilder aufgestellt werden. Auf 1,1 Kilometer Strecke kein gesicherter Überweg Die beiden Kindertagesstätten Oberlin und Hummelnest liegen etwas zurück von der Hauptstraße, dennoch kommen auch von hier viele Eltern und Kinder, die zu Fuß mit Rad oder im Fahrzeug die Hauptstraße überqueren müssen. Zwischen der Fußgängerampel an der Einmündung Viehtriftenweg und der Umgehungsstraße gibt es aber auf 1,1 Kilometer Strecke keinen gesicherten Überweg. Das beklagt auch eine andere Erzieherin, die namentlich nicht genannt werden und nur als Privatperson verstanden werden möchte. Sie sei auch Radfahrerin und insbesondere der nicht erneuerte Radweg in Richtung Umgehungsstraße sei eine Katastrophe. Sie fahre daher selbst mit ungutem Gefühl auf der Fahrbahn. Bekanntlich stehen in diesem Abschnitt Bäume am Straßenrand, für die der Radweg immer wieder unterbrochen wird. Daher müssen Radler dann auf den teils unebenen Gehweg ausweichen oder gleich auf der vielbefahrenen Straße fahren. Auch die Erzieherin bedauert, dass es auf der langen Strecke keinen Überweg gibt. Wenn es ihn gäbe, könnte man nach ihrer Meinung viel sicherer von den Kitas und den Wohngebieten östlich der Elverdisser Straße zur Aa und weiter auf einem sicheren Weg in Richtung Innenstadt gelangen. Ein Passant hat wahrgenommen, dass ein am Laternenpfahl montierter Smiley, der Autofahrern bei zu hoher Geschwindigkeit rot und verärgert und sonst grün entgegen leuchtet, durchaus Wirkung zeigt. Zu schnell gefahren werde hauptsächlich abends und nachts. "Wir rufen konsequent die Polizei an" Seinen Namen möchte auch einer der Initiatoren des Bürgerantrags einer Nachbarschaftsinitiative zur Beseitigung von Gefahrenzonen im Bereich der Elverdisser Straße vom vergangenen Jahr nicht mehr in der Zeitung lesen, denn: "Wir sind alle frustriert. Man kommt nicht weiter, weil die Statistik keinen Gefahrenpunkt hergibt." Wenn man aber wie er aus dem Heinrich-Funk-Weg, an der auch die Kita Hummelnest liegt, auf die Elverdisser Straße einbiegen wolle, dann sehe man wegen Autos auf dem Parkstreifen "nichts" vom herannahenden Verkehr. Immer wieder stehen nach seiner Erfahrung Autos auf den Flächen, auf denen Schraffierungen signalisieren sollen, dass so nah an der Einmündung nicht geparkt werden dürfe. Inzwischen rufen die Anlieger in solchen Fällen konsequent die Polizei. Besonders frustriert sei er von einer Auskunft von Straßen-NRW bezüglich eines Sicherheitsspiegels. Man habe die Erlaubnis bekommen, ihn auf eigene Kosten aufstellen zu lassen und eine Spenderin dafür gefunden. Dann habe es aber geheißen, die Spenderin müsse haften, wenn durch den Spiegel ein Unfall verursacht wurde. Offenbar gibt es Untersuchungen, nach denen Autofahrer aus Seitenstraßen im Weitwinkel-Spiegel die Entfernung herannahender Fahrzeuge auf der Hauptstraße falsch einschätzen und zu viel riskieren. "Aber immerhin kann man überhaupt sehen, ob ein Auto kommt", sagt der Anlieger. Für eine Zumutung hält er auch die Empfehlung eines Ratsmitgliedes, sich jedes Mal einen Einweiser mitzubringen: "Soll ich da einen Rentner engagieren?" Hupkonzert an der Grundschule Die Leiterin der Grundschule Falkstraße, Silke Leuchter, hat von Eltern gehört, dass die Fußgängerampel zu kurz Grün für Fußgänger zeigt. Die Verkehrssituation unmittelbar vor ihrer Schule ist etwas entspannter, seit die Falkstraße Einbahnstraße ist. Allerdings komme es gelegentlich zum Stau und zu Hupkonzerten, weil viele Eltern die Kinder noch immer vor dem Schultor abliefern: "Dann kommt keiner mehr durch." Im Juli 2020 wurde ein 57-jähriger Radfahrer bei einem Unfall lebensgefährlich verletzt. Im Oktober wurde ein 17-jähriger Motorradfahrer lebensgefährlich verletzt. Er soll noch immer im Koma liegen. Unfälle gibt es immer wieder auf der Elverdisser Straße. Laut Pressesprecherin der Polizei, Simone Lah-Schnier, ist die Strecke zwischen Bahn und Umgehungstraße statistisch gesehen aber kein Unfallschwerpunkt. In diesem Jahr gab es acht Unfälle mit Leichtverletzten und den Unfall mit dem lebensgefährlich verletzten Jungen. Im Jahr 2020 gab es insgesamt 19 Verkehrsunfälle mit insgesamt zwei Schwerverletzten.

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