So lief die äußerst kurze Karriere eines Herforder Drogendealers

Herford. Es ist ein groß angelegter Schlag gegen Herforder Drogenhändler. Ende November 2019 stürmen Spezialkräfte das Haus des Mannes, der – wie sich später vor Gericht bestätigt – im großen Stil mit Kokain und Marihuana gehandelt hat. Die Strafe für den Kriminellen: sechs Jahre und sieben Monate Gefängnis. Die Komplizen des Dealers sind mittlerweile verurteilt, derzeit müssen sich aber immer wieder Abnehmer des Mannes vor Gericht verantworten. So wie am Dienstagmorgen vor dem Schöffengericht, wo auch eine ominöse Drogen-Schuldnerliste eines 31-jährigen Angeklagten eine Rolle spielt. Die hat die Polizei kurzzeitig vor ein Rätsel gestellt. Kleiner Fisch, große Finanzprobleme &bdquo;Mein Mandant war ein kleiner Fisch, der mit den großen Fischen mitschwimmen wollte", sagt die Verteidigerin. Tatsächlich währte die Drogenhändler-Karriere des zweifachen Vaters nach dem Stand der Anklage gerade einmal sechs Tage - und ist damit wohl eine der kürzesten in der Herforder Kriminalgeschichte. Für die sechs Tage bekommt der kleine Fisch aber große Probleme, die ihn vors Schöffengericht bringen. &bdquo;Ich habe über Jahre Marihuana geraucht, war stark abhängig und hatte immer Geldprobleme", erklärt der Mann vor Gericht. Deshalb sei er auf die Idee gekommen, selbst zu dealen. Wie die Ermittler auf seine Spur kommen Als der Herforder Großdealer Mitte November 2019 eine frische Lieferung von fünf Kilo Marihuana aus den Niederlanden erhält, kauft auch der Angeklagte - nach Angaben seiner Anwältin, "um sich wichtig zu machen" - ein Kilo für 4.900 Euro. Der Kriminelle ist aber längst im Visier der Polizei. Und kurz darauf schlagen die Ermittler zu, bei dem Großdealer, seinen Komplizen, bei Verwandten und auch bei Abnehmern wie dem 31-Jährigen. Neben dem Rest der Drogen – knapp 17 Gramm – finden sie in der Wohnung, in der er mit seiner Mutter lebt, auch 24.000 Euro und eine Liste mit Namen und Geldbeträgen. Die meisten liegen im Bereich zwischen 30 und 50 Euro. Offenbar eine Liste von Schuldnern, die Drogen bei ihm gekauft haben? Die zweiseitige Liste &bdquo;in Mädchenhandschrift", so Richterin Alea Blöbaum, umfasst Vor- und Familiennamen. Die Überprüfung der Namen durch die Ermittler ergibt aber, dass keine der aufgeführten Personen zum Kundenkreis der Kriminalisten zählt. &bdquo;Die Liste stammt von der Beerdigung meiner Großmutter, sie ist für mich ungeheuer wichtig. Auf ihr sind die Namen meiner Verwandten - meist ältere Leuten - und die Geldbeträge aufgeführt, die sie gegeben haben", erklärt der Mann. Die Liste brauche er aus familiären Gründen zurück. Sonst habe er bei der nächsten Beerdigung Probleme und wisse nicht, was er geben müsse. Das Geld habe seine inzwischen verstorbene Mutter für einen Verwandten verwahrt. Weil das Gericht nicht das Gegenteil beweisen kann, wird das Geld freigegeben. Offenheit bringt Pluspunkte Den Drogenhandel räumt der 31-Jährige ein. &bdquo;Ein Viertel des von mir gekauften Kilos habe ich selbst konsumiert, den Rest habe weiterverkauft." Die Offenheit zahlt sich aus, das Gericht verhängt wie bei anderen Abnehmern der Marihuana-Lieferung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre. Ähnliche Strafen haben auch drei weitere Drogenkäufer erhalten. Derweil hat der mutmaßlich nur sechs Tage dauerende Ausflug in die Welt des Drogenhandels die finanziellen Probleme des 31-Jährigen, der keinerlei Ausbildung abgeschlossen hat, noch extrem vergrößert. Er muss die 4.900 Euro für die Drogen an die Staatskasse zahlen, dazu kommen 1.500 Euro Geldstrafe. Zusätzlich kommen noch die Kosten des Gerichtsverfahrens auf ihn zu. Die Liste mit den Beerdigungsbeträgen bleibt eingezogen. Der Verurteilte darf aber eine Kopie erhalten.

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