150 Tage lang geschlossen: Für die Gastronomen wird es langsam richtig eng

Herford. Die Kühltheke ist aus, die Lichter ebenso, Weingläser reihen sich unbenutzt aneinander: Das Restaurant Amici in der Credenstraße ist seit fünf Monaten geschlossen. Und für Inhaberin Angela Rossi wird es langsam richtig eng. &bdquo;Es muss was passieren“, sagt Rossi eindringlich, die bereits die dritte Saisonkarte entworfen hat. &bdquo;Wir werden immer wieder vertröstet.“ Eine Perspektive fehlt allen Gastronomen. &bdquo;Wir dachten, wir könnten die Außengastronomie zu Gründonnerstag öffnen“, sagt Andreas Müller von der Pfälzer Weinstube. Doch auch diese Blase zerplatzt. GESCHLOSSEN SEIT FÜNF MONATEN Die Gastronomie ist durch die Corona-Krise gebeutelt. Seit 150 Tagen sind die Restaurants, Bars und Gasthäuser geschlossen. &bdquo;Die Situation ist schlimm“, sagt Regine Tönsing, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Ostwestfalen, die als Herforderin auch einen Blick auf die Lokale der Hansestadt hat. &bdquo;Wir wissen, dass es der Gastronomie nicht gut geht. Das A und O ist momentan, einen wirklich guten Steuerberater zu haben“, sagt Tönsing. Denn wer aufgrund der zu beantragenden Hilfen nicht gut beraten ist, kann schnell auf der Strecke bleiben. EINIGE RESTAURANTS SIND FÜR IMMER ZU Der Stedefreunder Krug hat bereits aufgeben müssen. &bdquo;Leider müssen wir euch mitteilen, dass wir die Pandemie finanziell nicht überstanden haben“, informiert Wirt Andreas Born auf Facebook seine Gäste und auch das Restaurant Rieke’s in Löhne wird die Türen nicht wieder öffnen: &bdquo;Wir wollen uns nicht verschulden. Corona hat uns besiegt“, sagt Karin Platt. Auch für weitere Gastronomen könnte es zappenduster werden. &bdquo;Die Branche steht mit dem Rücken zur Wand“, sagt Tönsing. Angela Rossi vom Amici hofft, noch ein, zwei Monate durchhalten zu können. &bdquo;Es braucht Rücklagen, um diese Zeit zu überstehen.“ Die Inhaberin habe gut gewirtschaftet: &bdquo;Doch unser jahrelang durch harte Arbeit angesparter Notgroschen ist bald aufgebraucht.“ Die November- und Dezemberhilfen seien sehr spät, aber immerhin angekommen, doch über die Monate Januar, Februar und März, habe sie noch keine Informationen. DIESE HILFEN GIBT ES Die Branche bekommt zwei unterschiedliche Hilfen. 75 Prozent vom Umsatz des Vorjahres gab es für November und Dezember. Dann gibt es noch die Überbrückungshilfe, die darf aber nur für Fixkosten (Miete, Versicherung, Strom) genutzt werden. &bdquo;Da hat sich dann aber noch keiner ein Brötchen von kaufen können“, bringt es Tönsing auf den Punkt. Deswegen seien gute Rücklagen in der Krise unumgänglich, um das eigentliche Leben zu bestreiten. Ein Gehalt werde den Wirten nicht gezahlt. &bdquo;Doch wie zahle ich meine Miete“, fragt Rossi, wenn sie nicht arbeiten darf. Rossi: &bdquo;Wir brauchen einen kompletten Lockdown und müssen wie verrückt impfen. Warum klappt das nicht?“ ANDERE BRANCHE, ANDERE REGELN Rossi würde liebend gerne endlich wieder arbeiten. Nicht nur aufgrund des Finanziellen. Auch die Einsamkeit trifft die Gastronomin. &bdquo;Ich vermisse meine Gäste, vermisse das Lachen, das Gläserklirren, die Musik, selbst das Schmatzen“, sagt die Amici-Inhaberin mit einem Lächeln. Sie versucht, weiter optimistisch zu bleiben. Doch die momentan ungleiche Behandlung der einzelnen Branche kann sie nicht mehr verstehen. &bdquo;Ich gönne es allen, aber warum darf man zum Friseur, darf man nach Mallorca fliegen, darf der Einzelhandel öffnen, wenn man einen negativen Test hat, und bei uns klappt das alles nicht?“ Die Gastronomie ist seit November durchgängig geschlossen. Möglich ist nur ein Außer-Haus-Verkauf. Auf den setzten einige, obwohl es sich kaum lohne. Auch das Amici bietet von Freitag bis Sonntag eine kleine Abendkarte für Selbstabholer und hat dafür extra eine WhatsApp-Gruppe gegründet, Tel. (01 70) 4 97 02 03. Rossi: Wir gehen jetzt in den sechsten Monat. Es geht um unsere Zukunft.“ Andreas Müller lässt seine Gastronomie komplett geschlossen und hat Angst. &bdquo;Angst vor den Entscheidungsträgern. Sie haben keinen Plan mehr“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende. &bdquo;Wir legen unsere gesunden Betriebe in ihre Hände und werden kaputtgemacht.“ Das kritisiert auch Angela Rossi: &bdquo;Es sind kaum Fachleute bei den Beratungen dabei. Uns fragt keiner, was machbar ist.“ VIEL INVESTIERT Sollte es zu einer baldigen Öffnung kommen, ist vorgesorgt: Hygienekonzepte sind längst etabliert, Plexiglasscheiben aufgestellt, von sonst 53 Plätzen werden im Amici nur 22 bis 24 besetzt. &bdquo;Ich habe extra in eine Lüftung investiert“, sagt Rossi, die mit dem Konzept, wie es vergangenen Sommer gelaufen ist, zufrieden war. Doch die Situation jetzt sei einfach nur chaotisch. &bdquo;Ich bin verunsichert. Es müssen jetzt knallharte Entscheidungen getroffen werden, sonst stehen wir im Herbst und Winter wieder so da.“ Kollege Andreas Müller fehlen zudem Konzepte für die Außengastronomie. Er und die anderen Gastronomen hoffen auf eine Öffnung spätestens im Mai. &bdquo;Doch was passiert, wenn es regnet? Dürfen unsere Gäste ins Restaurant, um auf die Toilette zu gehen?“, fragt er. Für Angela Rossi funktioniere die Außengastronomie zudem nur, wenn es warm ist. &bdquo;Mein Geschäft läuft abends.“ Es gebe einfach zu viele offene Fragen, kritisiert Rossi: &bdquo;Und niemand beantwortet sie.“

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