Zu stressig? Zu gefährlich? Was die Herforder von den Radwegen halten

Herford. Glücklich ist kein Schüler über eine 4. Ein Ausreichend im Zeugnis heißt zwar, dass es gerade noch für eine Versetzung reicht, aber wirklich gut ist die Note nicht. Auch die Stadt Herford bekommt ein schlechtes Zeugnis. Wieder einmal. Der ADFC hat den Fahrradklima-Test veröffentlicht und die Hansestadt trumpft bei keiner Kategorie auf. Im Städteranking der Kommunen zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern nimmt Herford Platz 94 ein. Nur 16 Städte dieser Größenordnung haben noch desaströsere Noten. Alle zwei Jahre führt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) den Test durch. Noch nie haben so viele Radfahrer in NRW über die Fahrradfreundlichkeit ihrer Kommune abgestimmt: Von den 230.000 Teilnehmenden stammen mehr als 60.200 aus NRW (2018: 41.000), heißt es in der Pressemitteilung aus Düsseldorf. Lediglich 15 Prozent sind übrigens ADFC-Mitglieder. Daher ergibt sich ein deutliches Meinungsbild auch über den Verband hinaus, sagt Pressesprecher Ludger Vortmann: Die Unzufriedenheit der Radfahrenden bleibt hoch. Radfahrende fühlen sich unsicher, klagen über Falschparker und beschreiben ihre Wege durch die Stadt vom Sattel aus als Stress. "Eigentlich ist Herford fürs Radfahren gut geeignet" Das Stimmungsbild teilt Peter Dobrindt, Vorsitzender des ADFC-Kreisverbands Herford. "Herford hat wieder keinen Spitzenposten erreicht", sagt er. Vor zwei Jahren sei das Ergebnis ähnlich schlecht ausgefallen, erinnert sich Dobrindt, der kritisiert, dass sich bei der Förderung des Radverkehrs in Herford einfach nichts bewege. "Das fällt auf." Dabei hat die Stadt eine eigene Radfahrbeauftragte. Frauke Heidemann sitzt allerdings erst seit Juni 2020 auf dem Posten. Davor blieb die Stelle lange unbesetzt. Laut Dobrindt dürfe das aber keine Ausrede für die Stadt sein, um den Radverkehr links liegen zu lassen. "Vieles dümpelt nur so dahin", sagt er und spricht den Radschnellweg an. "Das bringt Frust mit sich." Generell findet der ADFC-Vorsitzende, dass Herford zum Radfahren gut geeignet ist: "Es gibt nur wenige Hügel, die Stadt hat ein klares Zentrum, das gut erreichbar ist, aber es entwickelt sich einfach nichts." Laut dem Kreisverband vermissen die Radler aber vor allem Sicherheit. Mehr Stress als Spaß Das spiegelt die Ergebnisse der Umfrage wider. Für viele scheint Radfahrern eher in Stress statt in Spaß auszuarten. Hier vergeben die Herforder eine 4,0. Für das generelle Sicherheitsgefühl reicht es nur für eine 4,6. Bei weitem nicht die schlechtesten Noten. Am unzufriedensten sind die Befragten mit der Breite der Radwege (5,1) sowie deren Oberfläche (5,0). Doch auch die Ampelschaltungen für Radfahrer (5,0) scheint zu wünschen übrig lassen und es werden kaum Falschparkerkontrollen auf Radwegen (5,0) durchgeführt. Mit einer Gesamtwertung von 4,3 gilt Herford als fahrradunfreundliche Stadt. Das will Frauke Heidemann ändern. Herfords Radfahrbeauftragte hat den ADFC-Test genau im Blick. "Er zeigt, wie die Stimmung hier in der Stadt ist", sagt Heidemann, die allerdings im Hinterkopf behält, dass nur 112 Herforder daran teilgenommen haben. Doch die Umfrage zeige "wichtige Stellschrauben" auf. Und: "Dass in der Vergangenheit wenig bis gar nichts lief und es viel zu machen gibt", so Heidemann. Positiv bewerte die Frau aus Bad Salzuflen, die mit dem Rad zur Arbeit ins Herforder Rathaus fährt, die Nebenrouten. "Der Wall ist gut zu befahren und auch die Fahrradstraßen." Auch Peter Dobrindt erwähnt die extra ausgewiesenen Straßen für Radler, allerdings mit einer anderen Intention. "Sie haben keine Struktur", bemängelt der ADFC-Mann. Auch seien viele Radwege zu schmal oder hören einfach auf und die Radler landen mitten im Verkehr. Dobrindt: "Wir brauchen breite und sicherere Wege." Hauptrouten sind die großen Probleme Ein großes Problem sieht die Fachfrau vor allem auf den Hauptrouten und nennt die Berliner und Mindener Straße als Beispiel. Doch so einfach sei das Problem hier nicht zu lösen, sagt Heidemann, die allen Verkehrsteilnehmern ein "Rundumpaket" anbieten will. Das sieht Dobrindt anders, der sich "mehr Ideen" wünscht. "Es muss ein Zeichen für den Radverkehr gesetzt werden." Autospuren könnten mit Pylonen von Radwegen abgrenzt werden, oder es könnten Popup-Wege entstehen. "Das zeigt, dass sich was bewegt." Heidemann setzt hingegen auf die Bürger und ihr Mängelmanagement. "Sie können sich gerne direkt melden, dann können wir uns drum kümmern." Derzeit werde die Oberfläche auf dem Radweg an der Werre zwischen Herford und Bad Salzuflen ertüchtigt, nennt Heidemann als Beispiel: "Dann rollt es sich wieder gut hier lang." Heidemann wünscht sich weitere solch fahrradfreundlichen Routen. Für den ADFC sind aber vor allem auch die "Zweckfahrten" zur Schule, Arbeit oder zum Arzt wichtig. Dobrindt: "Viele Leute leisten sich ein gutes Fahrrad, wollen fahren. Sie fühlen sich aber nicht sicher."

Meistgelesen