Einen Malocher zieht's zum vierten Mal in den Bundestag

Kreis Herford. Stefan Schwartze hat am Samstag in der SPD-Wahlkreiskonferenz seine Kandidatur als SPD-Kandidat für den Bundestag mit einer Rede untermauert. Der Abgeordnete, der 2009, 2013 und 2017 direkt gewählt worden ist und sich das auch für die Wahl am 26. September erhofft, sprach über die Herausforderungen in und nach der Pandemie, die Notwendigkeiten eines starken Staates und seine Ziele in den nächsten Jahren. Die Delegierten haben die Möglichkeit, bis zum 6. März per Briefwahl für oder gegen ihn zu stimmen. Lob und Kritik Der 45-Jährige kritisierte, wie schleppend Hilfen - zur Verfügung gestellt vom Bundestag und Finanzminister Olaf Scholz - bei den Betroffenen ankommen. Verantwortlich: Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Lob hatte er für das Krisenmanagement von Landrat Jürgen Müller übrig. Von seinen Qualitäten könnte sich Jens Spahn viel abschneiden. Der Gesundheitsminister kündige ständig Dinge an, die er oft schon am gleichen Tag wieder zurücknehmen müsse. Verärgert äußerte sich Schwartze über Spahn, weil der vor wenigen Tagen Einfluss auf den Arbeitgeberverband der Caritas genommen habe, damit dieser einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege verhindere. "Dafür sollte er sich schämen." Von dem Chaos in der Terminvergabe, den die Landesregierung und vor allem Armin Laschet zu verantworten habe, wolle er gar nicht reden. "Diese Landesregierung ist schlecht für die Menschen, die hier leben und arbeiten. Wie Freund immer sagt: Von Laschet würdest du kein gebrauchtes Auto kaufen." Grundsätze für die SPD Ein handlungsfähiger Staat und Investitionen in die Zukunft - beides sei wichtig, damit Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgehe, sagte Schwartze. In Zeiten großer Umbrüche sei die SPD immer besonders stark gewesen sei. Denn sie habe Antworten auf die wichtigen Fragen von Morgen statt auf die Bewahrung der Vergangenheit und Gegenwart zu schauen. "Darauf sollten wir uns besinnnen: Die SPD muss die Partei des Fortschritts sein": Sozial, gesellschaftlich, wirtschaftlich, technologisch und ökologisch -, verbunden mit einem positiven Menschenbild und dem Glauben, die Dinge zum Besseren verändern zu können - das sei ein Alleinstellungsgedanke der SPD. Umwelt und Klima "Deutschland soll führend in Wasserstofftechnik werden", sagte Schwartze - und hatte dabei auch OWL im Blick. Er schlug vor, ein Bundesförderprojekt in die Region zu holen, für das die finanziellen Mittel gerade bereit gestellt worden seien. Seine Vision ist eine Energiewende, die Arbeitsplätze schafft und die Menschen mitnimmt. Mobilität Schwartze setzt sich für den Ausbau des Güterverkehrs ein, weil das ein wichtiger Baustein für eine gelingende Verkehrswende ist. Eine ICE-Trasse abseits der vorhandenen, die den Kreis zerschneidet, durch Wohngebiete und an Reha-Kliniken vorbeiführt, steht für ihn nicht zur Debatte. Er will sich für aber eine S-Bahn-Verbindung zwischen Gütersloh und Minden einsetzen. Denn es gehe um Berufspendler, nicht darum, dass Investmentbänker zehn Minuten schneller in Berlin seien. Digitalisierung Im Bereich der Digitalisierung müsse Deutschland neue Standards setzen, warum nicht made in OWL? Dazu sei eine digitale Infrastruktur auf Weltniveau nötig. "Es geht um gut bezahlte Industriearbeitsplätze der Zukunft." Die müssten nach Werten entstehen, die "wir als Gesellschaft demokratisch gesetzt haben, und nicht nach solchen, die internationale Tech-Giganten für uns setzen". Diese Tech-Giganten müssten sich dabei an den Kosten der Allgemeinheit beteiligen. Gesundheitsvorsorge Die SPD setze sich für eine Bürgerkranken- und eine Bürgerpflegeversicherung ein. Letztere solle alle pflegerischen Bedarfe und Leistungen abdecken. "Pflege ist für uns Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge." Eine Anerkennung der Gesundheits- und Pflegeberufe müsse sich zudem auch im Portemonnaie der Arbeitnehmer widerspiegeln. "Deshalb ist es so schlimm, dass der Pflegetarifvertrag nicht zustande gekommen ist." Soziale Friede Verteilungsgerechtigkeit als notwendige Bedingung für solidarisches Miteinander sind Schwartze ein Anliegen. "Die Prediger des Privat vor Staat mögen etwas leiser geworden sein, aber sie werden wieder kommen, dann müssen wir gegenhalten", sagte er. Wichtig für soziale Gerechtigkeit sei zudem ein gerechtes Steuersystem: "Die Starken müssen mehr leisten als die Schwächeren." Das sind diejenigen, die derzeit nach den besten Anlageoptionen schauten, während diejenigen, die in Kurzarbeit sind, um ihre Existenz zitterten. Rechter Terror Der Anschlag von Hanau, der Mord an Walter Lübke, das Attentat von Halle, unzählige Angriffe auf Kommunalpolitiker: "Es gibt strukturellen Rassismus im Land." Unter den Opfern des Nationalsozialismus seien auch viele Sozialdemokraten gewesen. "Ihr Tod ist unsere Verpflichtung. Wir werden dagegen halten." Und: "Der Wahlkampf ist auch ein Kampf gegen die AfD und für die Demokratie in unserem Land. Klare Kante gegen Rechts, dafür stehe ich." Wahlkampf Schwartze erinnerte daran, dass er als "klassischer Malocher" keine Diskussionen um der Diskussionen willen führe. Aber wenn jemand den Menschen in der Region die Butter vom Brot nehmen wolle, könne er etwas erleben. Der Abgeordnete betonte, dass dies nur im Zusammenspiel mit anderen Akteuren in der Region und den richtigen Kontakten in Berlin gehe. Er forderte alle auf, das Gespräch mit den Wählern zu suchen, in Corona-Zeiten eben am Telefon. Und sobald es wieder möglich sei, werde er selbst von Tür zu Tür gehen - in diesem Wahlkampf, in dem erstmals seit Jahrzehnten kein amtierender Bundeskanzler zur Wahl antrete.

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