Mobilität ist ein Schwerpunkt auf dem Herforder Klimaweg

Herford. Seit 2012 sind die CO2-Emissionen in Herford pro Einwohner um elf Prozent gesunken. Der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung hat sich seither um mehr als zehn Prozent gesteigert. Und Ende 2019 wurden 82 Blockheizkraftwerke betrieben, davon 30 durch die Stadtwerke. Klimaschutzbeauftragte Laetitia Müller kann einige Erfolge vermelden. Gemeinsam mit Bürgermeister Tim Kähler informierte sie über den Sachstand beim Klimaschutz. Er steht am Dienstag, 2. Februar, auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses. Künftig sollen vor allem die Bereiche im Fokus stehen, in denen es noch Potenzial gibt, weitere CO2-Emissionen einzusparen. Schließlich sieht das aktualisierte Klimaschutzkonzept vor, diese bis zum Jahr 2025 um 30 Prozent gegenüber 2012 zu senken. Bis 2050 soll die Stadt Herford CO2-neutral werden. Um diese Ziele zu erreichen, nimmt die Stadt jetzt vor allem folgende Themengebiete in den Blick: Bestandsgebäude Die Sanierungsquote bei privaten Bestandsgebäuden zu erhöhen, sei eines der vordringlichsten Ziele, sagt Müller, die seit 2016 Klimaschutzbeauftragte in Herford ist. "Diese Gebäude tragen mit rund einem Drittel zu den Gesamtemissionen in der Stadt bei. Dazu kommt, dass zahlreiche Häuser aus den 60er und 70er Jahren stammen, rund 80 Prozent der Wohngebäude in Herford sind vor 1985 gebaut worden - hier schlummert ein sehr hohes Potenzial." Im vergangenen Jahr habe es eine kostenlose Energieberatung der Stadt in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale NRW gegeben. "Die Nachfrage nach den Beratungsthemen Solarenergie und energetische Sanierung war sehr groß", so Müller. Insgesamt gab es 234 kostenlose Beratungen - und das trotz der Einschränkungen durch Corona. Deshalb werde es ein ähnliches Angebot auch in diesem Jahr geben. Doch nicht nur im kleineren privaten Bereich seien energetische Sanierungen von Bedeutung. Hier sei es vor allem wichtig, dass Investitionskosten der Eigentümer nicht an die Mieter weitergegeben würden, sondern dass sich diese Investitionen über Einsparungen in den Nebenkosten rechneten, so Kähler. "An diesem Punkt ist die Klimafrage auch eine soziale Frage." Als gutes Beispiel nennt der Bürgermeister das Hammersmith-Quartier. Dämmung in Kombination mit Energieproduktion - nicht nur eines von beidem - sei in solchen Gebäuden wichtig. "Hier wurde gedämmt, es wird Fernwärme genutzt, die mit Holzpellets erzeugt wird. Außerdem gibt es auf den Dächern Photovoltaikanlagen, die mehr Strom erzeugen, als vor Ort verbraucht wird. Das rechnet sich, weil es ein guter Mix ist." Mobilität Klimaticket, Stadtradeln und das kostenlose Busfahren an den Adventssamstagen waren Aktionen im vergangenen Jahr. "Doch das Thema Mobilität werden wir voranstellen", so der Bürgermeister. Nicht zuletzt deshalb seien die Mittel für die Stadtverkehrsgesellschaft deutlich erhöht worden. "Wir haben einen Radbeauftragten, es soll aber noch ein Mobilitätsbeauftragter dazu kommen und auch jemand, der sich um das Thema Digitalisierung kümmert. Denn das hängt - zum Beispiel über App-Angebote - eng mit dem Thema Mobilität zusammen." Dabei gehe es um deutlich mehr als "an einer Stelle eine Fahrradstraße zu bauen oder an einer anderen einen Parkplatz wegzunehmen", sagt Kähler. "Wir wollen ein ganzheitliches Mobilitätskonzept auf die Beine stellen. Damit fangen wir in diesem Jahr an." Auch vorhandene Konzepte wie das Radverkehrs- und das ÖPNV-Konzept sollen einfließen, um für Herford "den besten Mix für die Mobilität der Zukunft" herauszufinden, so der Bürgermeister. Ein wichtiger Teil beim Thema Mobilität sei die Führung der Buslinien durch die Stadt. Dazu positioniert sich Kähler klar: "Bislang haben wir eine autogerechte Stadt einfach mit Buslinien nachvollzogen. Das reicht so jetzt nicht mehr aus." Stattdessen müssten ganz klar Bedarfe ermittelt werden, damit sie dann die entsprechenden alltagsgerechten Angebote für die Menschen machen könnten. "Wir haben zum Beispiel das Klinikum als größten Arbeitgeber der Stadt", so Kähler. "Und gerade im Hinblick auf Früh- und Spätschichten der Mitarbeiter ist das nicht optimal angebunden." Sensibilisierung Neben großen Aktionen wie der Klimawoche sind auch kleinere Dinge geplant, die Bürger gezielt für das Thema Klimaschutz sensibilisieren sollen. Denn es brauche ständig neue - auch kleine - Anreize, die auf Dauer zu einer Bewusstseinsänderung führten, so Kähler. Eine Idee sei zum Beispiel, dass die Stadt 200 Bäume an Bürger verschenkt, führt Laetitia Müller aus. "Es sind nur 200, weil wir da an wirklich große Bäume denken, nicht nur an kleine Setzlinge." Der Ansatz für das Projekt, bei dem sich Bürger bei der Stadt melden können, die einen Baum auf ihrem Privatgrund pflanzen wollen, sei bereits im Haushalt enthalten. Der Vorschlag stehe in der Märzsitzung auf der Tagesordnung des Stadtrates, sagt Kähler. "Und wenn wir das jährlich machen, dann sind es nach fünf Jahren in dieser Legislatur schon 1.000 Bäume mehr in der Innenstadt." Bäume Darüber hinaus seien als Reaktion auf wetterbedingte Ausfälle von Bäumen und Pflanzen in den vergangenen Jahren auch weitere Anpflanzungen im Stadtgebiet geplant, sagt Müller. "Sowohl in der Innenstadt als auch in den Außenbereichen werden wir verstärkt Arten pflanzen, die mit den zukünftigen Veränderungen des Klimas besser zurecht kommen." Die probeweise Begrünung von bislang drei Buswartehäuschen mit verschiedenen Kletterpflanzen soll ausgeweitet werden. "Da kommen in diesem Jahr zwei weitere dazu." Photovoltaik Auf kommunalen Gebäuden gebe es - trotz stetigen Zubaus in den vergangenen Jahren - noch ein großes Potenzial für die Installation von Solarstromanlagen, berichtet Müller. "Die Überprüfung durch ein externes Ingenieurbüro habe ergaben, dass auf städtischen Gebäuden noch 4.395 Quadratmeter geeignete Fläche zur Verfügung stehen. Das wäre ein Energieertrag von 467.370 Kilowattstunden und ein mögliches Einsparpotenzial von bis zu 271 Tonnen." Auch die Gebäude des Wohn- und Wirtschaftsservice WWS hätten zum Teil noch Platz für Photovoltaikanlagen. Die WWS habe damit begonnen, eine energetische Strategie für ihren gesamten Immobilienbestand zu entwickeln und will damit in diesem Jahr fertig sein. Das Ergebnis werde dann den Rahmen für künftige energetische Modernisierungsmaßnahmen vorgeben. Wirtschaftlichkeit Im Hinblick darauf, dass die Stadt künftig Gewerbegrundstücke nach ökologischen Kriterien vergeben könnte - Anträge dazu haben die Grünen und die CDU-SPD-Koalition für die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gestellt - unterstreicht Kähler die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen. "Bei Gewerbe, das sich hier ansiedeln will, müssen wir genau hinschauen und zwar unsere ökologischen Kriterien ansetzen, aber bitte auch flexibel und innovativ bleiben und uns nicht durch rigide Vorgaben selbst behindern."

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