Warum das Event Eishockey ohne den Aufstieg in Herford am Ende gewesen wäre

Herford. Uwe Johann, der Vorsitzende des Herforder Eishockey Vereins, spricht im nw.de-Interview über die vergangenen Monate und die Entwicklungen in seinem Club. Nach den Regionalliga-Titelgewinnen 2018 und 2019 hatten Sie einen Aufstieg abgelehnt. Warum wurde gerade in diesem Jahr für die Oberliga gemeldet? Uwe Johann: Dafür gab es drei Gründe. Erstens hat sich sehr viel Positives bei unseren Sponsoren getan, und das blieb auch so trotz der einsetzenden Corona-Pandemie. Zweitens haben die Stadtwerke dem HEV im Frühjahr die Vermarktungsrechte für die Eishalle übertragen. Dadurch können wir auf mittlere und lange Sicht mehr Einnahmen generieren, somit ist das Ganze keine Eintagsfliege. Drittens befindet sich die Regionalliga seit Jahren auf einem Abwärtstrend und kann keinen attraktiven Wettbewerb für Fans und Sponsoren mehr bieten. Das ist schon vergangene Saison gekippt und hätte sich nicht fortsetzen lassen. Das Event Eishockey in Herford wäre ohne den Aufstieg in die Oberliga tatsächlich am Ende gewesen. Die Regionalliga West hat ihren Spielbetrieb in dieser Saison wegen Corona gar nicht erst aufgenommen und wird es wohl leider auch nicht mehr tun. Zudem setzten Sie sich vehement dafür ein, dass die Infrastruktur rund um das Eisstadion verbessert wird und schlugen auch einen Neubau der Eishalle vor. Auf den ersten Blick hat sich &bdquo;Im kleinen Felde" nicht viel verändert. Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Bemühungen? Uwe Johann: Bei der Eishalle richten wir unser Augenmerk auf die Haupttribüne. Hier ist eine Erhöhung für bessere Sicht wichtig. Zudem wären Sitzplätze vor allem für unsere älteren oder gehbehinderten Fans ein Segen. Das ist aber in dieser Halle schwierig zu lösen, ebenso wie viele andere Probleme, trotz aller Bemühungen der Stadtwerke. Deshalb wäre ein hoch energieeffizienter, vielleicht sogar klimaneutraler Neubau auf Dauer die bessere und wirtschaftlichere Lösung. Ich habe die große Hoffnung, dass es nach Corona das eine oder andere Investitionsprogramm gibt, um die Konjunktur anzukurbeln. Gerade die Infrastruktur im Sport sollte da in Herford ganz oben stehen. Der HEV kann im Moment spielen, weil die Oberliga als Profiliga eingestuft wurde. Der Bund sagte den Profivereinen für den Zuschauerausschluss Hilfen zu. Welchen Zuschuss bekommt der Verein und reicht er aus, die eventuellen finanziellen Verluste auszugleichen? Uwe Johann: Die Zahlungen des Bundes sind sehr wichtig. Bei der Höhe mussten wir aber eine Enttäuschung hinnehmen. 80 Prozent der Differenz zu den Vorjahreseinnahmen hört sich ja erst einmal gut an, aber wir sind hier als Aufsteiger massiv benachteiligt, weil wir im Vorjahr in der Regionalliga weniger Spiele, weniger Zuschauer und weniger Eintritt hatten. Diese drei Faktoren multiplizieren sich. Wir haben versucht, in Berlin auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen und sind bis zur Spitze der Union-Fraktion im Bundestag unterstützt worden. Letztlich haben die zuständigen Gremien aber aus rechtlichen Bedenken eine Nachbesserung abgelehnt. Zudem stehen die Zahlungen des Bundes unter vielen Vorbehalten. Letztlich ist das für uns keinesfalls ein sicheres Ruhekissen. Es bleiben große Lücken zu schließen. Ohne Zuschauer ist das ein großes Stück Arbeit. Umso dankbarer sind wir für die finanzielle Unterstützung der Stadt Herford und des Landessportbundes NRW. »Die Qualität im Kader nur an den richtigen Stellen herauskitzeln« Die neu zusammengestellte Mannschaft des Herforder EV erwischte in der Oberliga einen guten Saisonstart, verschenkte in engen Spielen oft Punkte und rutschte in der Tabelle ab. Wie fällt Ihre bisherige Analyse aus? Sven Johannhardt: Unsere Vorbereitung war durch die Corona-Pandemie recht schwierig. Wir konnten erst spät starten und mussten viele neue Spieler integrieren. Wir sind dann trotzdem ganz ordentlich gestartet, bis uns ausgerechnet in der Phase, in der man sich eigentlich einspielt, das Verletzungspech eingeholt hat. Aktuell würden wir uns ein paar Punkte mehr auf dem Konto wünschen und das wäre auch nicht ganz unverdient bei dem Einsatz, den die Jungs gezeigt haben. Es fehlt aber noch ein bisschen die Cleverness gegen Teams, die schon deutlich länger dabei sind. Wir wissen, dass wir die Qualität im Kader haben und müssen sie nur an den richtigen Stellen herauskitzeln. Daran arbeiten wir jeden Tag mit der Mannschaft. Der HEV verzichtete zunächst auf einen zweiten Kontingentspieler, um dann diese Stelle mit dem Verteidiger Guillaume Naud zu besetzen, der bereits in der vergangenen Saison das Herforder Trikot trug. Viele Vereine besetzen ihre beiden Importstellen im Sturm. Warum entschieden Sie sich für diese Verpflichtung? Sven Johannhardt: Guillaume hat immer den Kontakt mit uns gehalten, und es war klar, dass er in der DEL2 nur genommen würde, wenn es mit der deutschen Staatsbürgerschaft schnell geklappt hätte. Klar fordern viele, dass beide Kontingentspieler Stürmer sein müssen, aber einen guten Verteidiger zu bekommen, war uns am Ende genauso wichtig. Das Thema Geld spielt auch eine große Rolle, denn wirklich überragende Oberliga-Stürmer sind für uns im Moment gar nicht finanzierbar. Etwa die Hälfte der Hauptrunde ist gespielt. Welche Unterschiede zwischen der Regionalliga und der Oberliga haben Sie festgestellt? Uwe Johann: Der Etat ist aktuell mehr als doppelt so groß wie in der Regionalliga und damit immer noch einer der kleinsten der Liga. Man benötigt für die vielen Spiele mit höchster Intensität einen größeren und qualitativ besseren Kader. Das heißt, wir benötigen mehr Spieler und jeder einzelne kostet auch mehr. Vor allem braucht man Akteure, die Beruf und Eishockey entweder optimal miteinander verbinden können oder ganz Profis sind. Das ist schon eine andere Welt als die Regionalliga. Der Personalbedarf rund um das Spiel ist ebenfalls größer, vor allem das große Team für den Livestream auf Sprade TV. Daneben brauchen wir zum Beispiel einen Betreuer für die Schiedsrichter und ein Statistikteam, das während des Spiels viele Daten in Echtzeit erfasst und online meldet. In vielen kleinen Details ist einfach der Anspruch ein höherer und die Arbeit mehr. Das gilt auch unter der Woche: Man braucht in dieser Liga einfach ein Management, dass die ganze Woche tagsüber erreichbar und arbeitsfähig ist. Mit Feierabend-Funktionären allein ist diese Liga auf Dauer nicht zu stemmen. »Mit Feierabend-Funktionären allein auf Dauer nicht zu stemmen« Der HEV wurde nach der Meldung für die Oberliga fast komplett verändert. Haben Sie Sorge, dass das Herforder Publikum, sofern der Besuch im Eisstadion wieder möglich wird, bei Misserfolgsserien fernbleibt, weil die Identifikationsfiguren auf dem Eis fehlen? Sven Johannhardt: Gerade jetzt als Aufsteiger könnte uns das starke Herforder Publikum in engen Spielen helfen, noch mal zehn bis 15 Prozent Leistung aus uns herauszuholen. Das fehlt uns sehr, geht den anderen Teams aber ja auch so. Ob uns die Fans langfristig treu bleiben, hängt auch immer davon ab, wie wir auftreten. Die Herforder Fans sind heiß auf Oberliga-Eishockey und wissen sehr genau, ob die Mannschaft alles gibt und ihre Möglichkeiten ausreizt. Und da kann man bislang sagen: Die Mannschaft ist mutig, manchmal sogar zu mutig. Sie hat sich bereits den Ruf erarbeitet, dass sie in der Liga spielerisch mithalten kann. Nun müssen wir lernen, das richtig zu dosieren und cleverer zu agieren. Kritiker gibt es immer, aber am Ende des Tages sind wir als Team noch im Aufbau. Ist es geplant, Spieler des aktuellen Kaders längerfristig an den Verein zu binden? Sven Johannhardt: Wir haben mit einer Reihe von Spielern längere Verträge abgeschlossen, weil wir um sie herum ein Team schaffen wollen. Total gerne hätten wir noch mehr Herforder Spieler aus der Regionalliga mit hochgenommen, aber leider hat das wegen des großen Aufwandes bei einigen beruflich einfach nicht geklappt. Aber wir werden an der Mannschaft noch viel Freude haben. Haben Sie noch Hoffnung, dass in dieser Saison Zuschauer zu den Spielen zugelassen werden? Uwe Johann: Das ist leider ein Blick in die Glaskugel. Den Januar und Februar muss man wohl abhaken und am 3. April endet die reguläre Saison. Die Chancen vergrößern sich in dieser Hinsicht, wenn wir die Playoffs erreichen und länger dabei wären. Aber das wird sportlich sehr schwer. Finanziell dürfte es sich nicht mehr wesentlich auswirken. Viel wichtiger wäre uns ein anderer Effekt: Je länger die erste Mannschaft dabei ist, desto größer wird die Chance, dass wir die Jugend wenigstens für ein paar Wochen wieder auf das Eis bekommen, ehe die Eishalle abgetaut wird. Auch deshalb wünschen wir uns einen Playoff-Einzug, so schwer es auch werden wird. Wäre bei einer kompletten Saison ohne Zuschauer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des HEV gefährdet? Uwe Johann: Wie gut der Verein die Saison ohne Zuschauer finanziell übersteht, werden wir vielleicht erst im Herbst sagen können. So lange kann es nämlich dauern, bis alle Überbrückungshilfen abgerechnet und definitiv sicher vereinnahmt sind. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass die Entscheidung für die Oberliga für den Verein besser war, als in der Regionalliga zu bleiben und damit überhaupt nicht zu spielen. »Die Kinder müssen wieder aufs Eis, sonst verlieren wir unsere Zukunft« Könnte der Herforder EV eine Spielzeit mit allen Einschränkungen wie in diesem Jahr auch in der nächsten Saison stemmen? Uwe Johann: Das wäre der absolute Horror und man kann nur beten, dass uns das erspart bleibt. Ich rede hier vor allem vom Nachwuchs. Die Kinder müssen dringend wieder aufs Eis, sonst verlieren wir unsere Zukunft. Hand aufs Herz. Hätte der Verein trotzdem für die Oberliga gemeldet, wenn Sie die Probleme, die diese Saison mit sich bringt, vorher hätten erahnen können? Uwe Johann: Ja, auf jeden Fall. Wir haben die Entscheidung noch keine Sekunde bereut.

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