ICE-Trasse: So verlief der Auftakt des Bürgerdialogs

Herford. Die Bürgerinitiative Widuland machte bereits kürzlich mit einer Mahnwache deutlich, einen kompletten Neubau einer ICE-Trasse durch ihre Region nicht hinnehmen zu wollen. Mit Fackeln demonstrierten zahlreiche Mitglieder coronakonform in ihren eigenen Gärten. Doch am Donnerstag bot sich nun die Möglichkeit, am Planungsprozess der Deutschen Bahn teilzunehmen: Das Auftakttreffen des öffentlichen Bürgerdialogs fand digital statt, mehr als 1.000 Personen nahmen teil. Dirk Schitthelm, Vorsitzender der Bürgerinitiative, war mit dabei - und erlebte einige Überraschungen. Das Auftakttreffen sei interessant und aufschlussreich gewesen, schildert Schitthelm seine ersten Eindrücke. Zwar sei es teils eine Werbeveranstaltung der Bahn für ihr Vorhaben gewesen, dennoch seien auch Vertreter aus der Politik zu Wort gekommen. Sämtliche Teilnehmer konnten zudem nicht nur passiv zuhören, sondern auch aktiv Fragen in einem Chat stellen: "Da herrschte eine rege Beteiligung, die Bahn konnte nur einen Bruchteil überhaupt beantworten", sagt der Widuland-Vorsitzende. Fragenansturm an die Bahn Doch durch den Ansturm an Fragen sei deutlich geworden, dass bei vielen Bürgern Klärungsbedarf vorherrsche. Oft sei die Frage gestellt worden, ob es wirklich sinnvoll sei, für einen geringen Fahrzeitgewinn so viel Geld aufzuwenden und derart stark in die Umwelt einzugreifen. Im Zuge der Argumentation der Bahn, man müsse sich am geplanten "Deutschlandtakt" orientieren und habe dementsprechend für die Fahrtstrecke 31 Minuten zur Verfügung, wurde gleichzeitig klar, dass der Deutschen Bahn der Planungsauftrag bislang lediglich mündlich übermittelt wurde. Einen schriftlichen Planungsauftrag gebe es bislang noch gar nicht. Für Dirk Schitthelm unverständlich: "Wie kann eine der größten Baumaßnahmen einfach mündlich per Telefon beauftragt werden? Es sollen immerhin mehrere Milliarden Euro verbaut werden." Erst im März stehe ein schriftlicher Planungsauftrag überhaupt zur Verfügung, an dem man sich orientieren könne. So sieht es zumindest die derzeitige Planung vor. "Mich würde auch interessieren, wie andere Ministerien das Bauvorhaben beurteilen. Vom Umwelt- und Finanzministerium gab es bislang noch überhaupt keine Stellungnahme", betont Schitthelm. Es müsse schließlich neben den Umweltaspekten auch die Rentabillität in den Blick genommen werden. Durch die Corona-Krise sei deutlich geworden, dass so viel Geschäftsverkehr, wie er bislang existierte, nicht mehr unbedingt nötig sei und auch anderweitig ersetzt werden könne. Erste Ziele erreicht Trotz der Unsicherheit sei durch den Protest schon ein erstes Ziel erreicht worden: Vertreter der Bahn hätten mitgeteilt, dass auch ein Ausbau der bestehenden Strecke als Vorschlag mit in den Planungsprozess integriert werde. Das habe davor als ausgeschlossen gegolten, so Schitthelm. Dabei müsse die bestehende Strecke ohnehin saniert werden. Die Bahn habe bislang immer argumentiert, dass die Neubaustrecke zu einer Entlastung der Bestandsstrecke führen und dann dort mehr Nahverkehrs- und Güterzüge fahren könnten. "Die Technik der Strecke ist aber uralt, die Nadelöhre bleiben", beschreibt Schitthelm. Sein Fazit: "Was unsere Möglichkeiten angeht, bin ich weiterhin skeptisch und realistisch." Denn die Ergebnisse des Bürgerdialogs seien für die Bahn nicht bindend. Dennoch sei er auch optimistisch. "Man sieht ja, dass gewisse Punkte, die eigentlich nicht in den Planungsprozess aufgenommen werden sollen, nun doch zur Diskussion stehen." So geht es weiter Im März soll der Dialog nach jetzigem Planungsstand fortgeführt werden. In einem gemeinsamen Plenum sollen dann Politiker, Verbände und Bürgerinitiativen gemeinsam diskutieren und eine mögliche Lösung finden, die sowohl der Umwelt als auch den Bewohnern in streckennahen Gebieten gerecht wird. "Wir werden das weiterhin kritisch begleiten", betont Schitthelm. Auch Herfords Bürgermeister Tim Kähler plant, das Thema ICE-Trasse im März im Zuge einer Ratssitzung zu diskutieren. Er lädt zu diesem Termin Vertreter der Bahn ein. Aus terminlichen Gründen war er beim Auftakttermin des Bürgerdialogs am Donnerstag nicht mit dabei.

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