Deshalb rufen Hundebesitzer weinend bei Hundetrainerin an

Herford. Jacqueline Freitag hat zwei Probleme: Zum einen sucht die Hundetrainerin seit über einem Jahr ein neues Gelände für ihre Hundeschule "Pfotenformel". Doch sämtliche Gesuche bei den Ämtern und bei Internetportalen wie ebay-Kleinanzeigen oder Facebook verliefen ins Leere. Zum anderen darf sie ihre Hundeschule aufgrund der Hygienevorschriften während der Corona-Pandemie derzeit nicht betreiben. Das spürt nicht nur sie auf dem Konto, sondern auch die Hundebesitzer, die nun auf sich gestellt sind - und teilweise weinend bei Jacqueline Freitag anrufen. Ein Reiterhof in Herford: Hier hat die Hundetrainerin ein großes Gelände für die Hundeerziehung zur Verfügung. Doch dort wird sie nur noch geduldet. Nicht der Hofbesitzer möchte die Kooperation beenden, sondern die Behörden. Das Gelände unterliegt nämlich dem Landschaftsschutz und darf für eine Hundeschule deshalb nicht genutzt werden. Und das, obwohl sich auf dem Areal sogar eine Hundepension befinde. Doch eine Alternativfläche zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit. "Dabei sind wir keine riesige Schule mit großen Gruppen", betont Jacqueline Freitag. Vier bis sechs Hunde würden höchstens zusammen trainiert. "Ich habe das Gefühl, da haben manche eine falsche Vorstellung, was auf sie zukommen würde." Hundehalter werden immer mehr Die fehlende Alternative wird für sie jedoch immer mehr zum Problem. Vor drei Jahren hat sie ihre Hundeschule gegründet und war komplett mobil bei den Kunden zu Hause. Doch der Bedarf an Hundeerziehung stieg, so dass sie nun mit weiteren Mitarbeitern nicht nur mobil Hunde erzieht, sondern auch ein Trainingsprogramm auf dem Hundeplatz anbietet - eigentlich. Denn durch die Corona-Pandemie darf sie nicht mehr arbeiten, lediglich Online-Beratung ist im Moment möglich. Doch so könne sie die Hunde nicht adäquat betreuen: "Viele haben sich während des Jahres unbedacht einen Hund angeschafft, weil sie das Homeoffice als Chance gesehen haben, sich diesen Traum zu erfüllen." Die Kaufentscheidung sei oftmals jedoch viel zu schnell getroffen worden und Hundehalter teilweise überfordert mit der Erziehung. Dass Hunde beliebte Haustiere sind, zeigt sich auch an den Anmeldezahlen in Herford und den umliegenden Kommunen: Wurden 2019 in Herford 406 Hunde angemeldet, waren es 2020 schon 411, auch in Kirchlengern stieg die Zahl von 161 Neuanmeldungen auf 175. In Rödinghausen knackte 2020 die Gesamtzahl aller dort lebenden Hunde die 1.000er-Grenze, also etwas mehr als ein Zehntel der dort lebenden Bevölkerung. Online-Unterricht funktioniert mit Welpen nicht Doch sich nur einen süßen Welpen anzuschaffen, das reiche nicht. Nicht nur Kindern, sondern auch Hunde müssten erzogen werden. Aber das sei mit Online-Unterricht nicht zu machen, man müsse den Hund live sehen. "Es ist teilweise wirklich problematisch. Der Leidensdrucks der Halter wird immer größer, weil sie nicht wissen, was sie machen sollen. Die rufen dann weinend bei mir an." Gründe für die Verzweiflung seien beispielsweise, dass der Welpe immer wieder nach den Besitzern schnappe oder ein ausgewachsener Hund dauerhaft an der Leine ziehe. Wenn dann das richtige Training ausbliebe, entstünden bei den Tieren zudem Verhaltensauffälligkeiten. Erschwerend komme hinzu, dass der heimische Tiermarkt mittlerweile leergefegt sei und mittlerweile Hundewelpen aus dem Ausland (oft Osteuropa) importiert würden. "Die wachsen allerdings nicht behütet auf", sagt die Hundetrainerin. Auch das erschwere die Erziehung. "Im Ausland gibt es richtige Zuchtfarmen, in denen das Muttertier total ausgebeutet wird. Und wo Mutter und Welpen gerade genug zu fressen bekommen, damit sie nicht sterben", warnt ein Bielefelder Tierheim. Gegen Berufsverbot vorgehen Doch unabhängig davon, ob es sich um einen deutschen oder ausländischen Welpen handele, das richtige Training sei entscheidend. "Viele denken, wir sind nur dazu da, um den Hunden Tricks beizubringen, aber darum geht es hauptsächlich gar nicht. Wir versuchen, Beziehungsstrukturen aufzubauen", erklärt Jacqueline Freitag. Doch das Training sei ihr aufgrund der geltenden Corona-Beschränkungen verboten worden. Für sie unverständlich: "Draußen dürfen zwei Haushalte unterwegs sein, auf dem Hundeplatz haben wir 800 Quadratmeter Fläche zur Verfügung." Die Abstände, sowohl beim Kunden zu Hause als auch auf dem Trainingsgelände einzuhalten, sei gar kein Problem. An- und Abfahrt könnten organisiert und die Gruppengrößen angepasst werden. "Alle Kunden haben immer so viel Rücksicht aufeinander genommen." Mittlerweile haben 25 Hundetrainer gemeinsam mit einer Rechtsanwältin einen Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingereicht, um gegen das Berufsverbot vorzugehen. Doch der Antrag wurde am Mittwoch abgewiesen. Wann Jacqueline Freitag wieder mit Hunden draußen trainieren darf, ist deshalb noch ungewiss. Bis auf Weiteres bleibt ihr nur die Online-Beratung - und Beruhigungstelefonate für verzweifelte Kunden.

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