Wann Corona zu Engpässen im Klinikum führt

Herford. Im Klinikum trägt jeder Mitarbeiter einen Mund-Nasen-Schutz, der nicht alleine in seinem Büro sitzt. Das macht sich bei der Anzahl der Neuinfizierten bemerkbar: Derzeit sind nur drei Beschäftigte mit Corona infiziert; und die haben sich im privaten Umfeld angesteckt. Das Klinikum liegt damit deutlich unter den bundesweiten Infektionszahlen. Neben dem strikten Gebot, den Mund-Nasen-Schutz im Haus zu tragen, sorgt das Krankenhaus auch in der Eingangshalle für mehr Sicherheit: Inzwischen gibt es die neue Eingangsschleuse im Foyer. Ein digitales Gerät misst dort die Temperatur der Besucher und erkennt zudem, ob sie den Mund-Nasen-Schutz richtig tragen. Besucher mit erhöhter Temperatur, Erkältungssymptomen oder einer Maske, die sie unter der Nase tragen, haben keinen Zugang. Das Durchschnittsalter der stationären Covid-19-Patienten steigt jede Woche Am Freitag dieser Woche behandelte das Klinikum 25 Covid-19-Patienten stationär, sechs davon intensivmedizinisch, von denen wiederum fünf beatmet werden mussten. In der vorigen Woche wurden 48 Patienten im Klinikum stationär behandelt. Nach Einschätzung von Klinikum-Vorstand Peter Hutmacher hängt die Entwicklung davon ab, ob es zu Infektionen in den Seniorenheimen im Kreis Herford kommt. Rund 75 Prozent der Patienten leben im Kreis Herford, die übrigen außerhalb, überwiegend im Kreis Lippe. Bemerkenswert ist, dass das Durchschnittsalter der stationär aufgenommenen Covid-19-Erkrankten in den vergangenen sechs Wochen kontinuierlich jede Woche um ein Jahr gestiegen ist: Derzeit liegt es bei 44 Jahren. Im Sommer waren die Corona-Patienten 33 bis 35 Jahre alt, sagt Hutmacher. Im Blick haben der Vorstandsvorsitzende und sein Krisenstab immer auch die bundesweite Entwicklung. Die Anzahl der Neuinfektionen sei bei Kindern und Jugendlichen leicht nach oben gegangen, bei den 20- bis 40-Jährigen stark nach unten. Doch bei den 70- bis 90-Jährigen habe sie sich in den vergangenen Wochen nahezu verdoppelt. Die Anzahl der Verstorbenen ist seit September stark gestiegen Das gehe mit einer steigenden Anzahl Verstorbener einher. Darüber werde zu wenig gesprochen, sagt Hutmacher, der darin Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Recht gibt. Bundesweit um die 400 Tote täglich: &bdquo;Das tut einem in der Seele weh. Diese Menschen hätten sicher auch gerne noch Weihnachten gefeiert." Die Entwicklung zeige sich auch im Kreis Herford: Bis September lag die Anzahl der Corona-Toten noch bei weniger als zehn. &bdquo;Jetzt sind wir bei 40 Verstorbenen." Mit Sorge blickt Hutmacher zudem nach Sachsen. Er geht davon aus, dass in dem am stärksten betroffenen Bundesland mit 4.000 Neuinfektionen am vergangenen Wochenende und zuletzt 2.800 an einem Tag die Kapazitäten der Krankenhäuser nächste Woche erschöpft sind. Dann werden andere Bundesländer Patienten übernehmen müssen. Allein im November 400 Patienten weniger behandelt als im Vorjahresmonat Gelegentlich kommt es auch im Herforder Klinikum zu Engpässen, sagt Hutmacher. Das sei der Fall, wenn mehrere Erkrankte gleichzeitig auf der Infektionsstation ankommen. &bdquo;Wir müssen uns dann für infektiöse Patienten abmelden." Die Abstimmung mit dem Rettungsdienst und den anderen Krankenhäusern – Mathilden-Hospital und Lukas-Krankenhaus in Bünde – klappe aber sehr gut. &bdquo;Da bin ich froh über die dezentralen Strukturen." Seit Anfang November hat das Klinikum die OP-Kapazitäten um 25 Prozent heruntergefahren. Das frei gewordene OP-Personal arbeite auf der Intensivstation. Dafür wurde es in den vergangenen Monaten an den intensivmedizinischen Geräten geschult. Die freien Kapazitäten sind dadurch entstanden, dass planbare Operationen verschoben werden konnten. Patienten sagten aber aus Angst vor einer Infektion auch von sich aus Operationen ab. Das ist unnötig, wie Hutmacher meint: &bdquo;Die Krankenhäuser in der Region sind zur Zeit die sichersten Orte überhaupt." Ebenso viele Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten wie in den Vorjahresmonaten Schwierig ist die Situation für das Klinikum in wirtschaftlicher Hinsicht: Allein im November wurden 400 Patienten weniger stationär behandelt als im November 2019, und das ohne Rettungsschirm des Bundes. Der sei zwar in Arbeit, ob das Klinikum aber profitiert und welche Kriterien bei Kompensationszahlungen angesetzt werden, ist noch völlig unklar. Auch ein nicht erklärbares Phänomen hat Hutmacher ausgemacht: In der Lockdown-Phase im Frühjahr waren weniger Patienten mit Schlaganfall und Herzinfarkt als in den Vorjahren ins Klinikum eingeliefert worden. Das führte aber nicht dazu, dass die Zahlen nach dem Lockdown nach oben gingen. Etwas mehr Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten hat das Krankenhaus nach dem Sommer verzeichnet, die Zahl sei aber nur leicht gestiegen, sagt Hutmacher. Und derzeit liege die Aufnahme von Schlaganfall- und Herzinfarkt-Patienten im Schnitt der Vorjahre.

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