Corona macht einen Strich durchs Goldene Weihnachtsmarkt-Jubiläum

Herford. Ein Gespräch in aller Ruhe mit einem NW-Redakteur im eigenen Wohnzimmer – das wäre in den Vorweihnachtstagen anderer Jahre für Horst und Ingrid &bdquo;Mecki“ Laffontien undenkbar gewesen. Zu viel Arbeit hätte gewartet. Zum 50. Mal wäre das von vielen Volksfesten bekannte Schaustellerehepaar in dieser Saison mit einem Stand auf dem Herforder Weihnachtsmarkt vertreten gewesen. Weihnachtsbier: Zapfhahn bleibt trocken Doch das Goldene Weihnachtsmarkt-Jubiläum muss verschoben werden. Der Corona-Pandemie geschuldet ist vom &bdquo;Weihnachtslicht“ nur die Dekoration geblieben – insbesondere der von Sohn Björn Laffontien mit Hilfe von Sponsoren und Spenden der Herforder aufgestellte echte Weihnachtsbaum auf dem Alten Markt. Er hat eine Höhe von 20 Metern und trägt die beliebten Lebenslichter-Sterne für neugeborene Kinder. Unter dem Baum, der 2009 auf Laffontiens Initiative ein zunehmend unbeliebtes Modell aus Kunststoff ablöste, wird in anderen Jahren heimisches Weihnachtsbier gezapft, das die Leute trotz Winterwetter mögen. &bdquo;Die Laffontiens sind seit 1801 als Schaustellerfamilie nachgewiesen“, sagt &bdquo;Hoschel“ stolz. Nach Herford sind sie nach dem Krieg gekommen, weil es im Ruhrgebiet nichts zu beißen gab und seine Großeltern Weber hier wohnten. &bdquo;Weihnachtsmarkt gab es hier nach dem Krieg erst gar nicht mehr“, sagt Horst Laffontien, der am 19.12. 1942 geboren wurde. Er feiert auf dem Weihnachtsmarkt sonst immer seinen Geburtstag mit vielen Gästen – zuletzt in Björns Almrauschhütte auf dem Linnenbauerplatz. Start mit Zuckerwatte auf dem Neuen Markt &bdquo;Der Weihnachtsmarkt fing vor rund 60 Jahren wieder mit der Honigkuchenbude von Hirschhorns auf dem Neuen Markt an“, erinnern sich die Laffontiens. Es entwickelte sich weiter auf dem noch von Bussen umfahrenen Alten Markt mit Margot Raus Kindereisenbahn, Walter Laffontiens Ponybahn, der Kuchenbude von Alex Weber und dem Stand von &bdquo;Mandel-Axel“ Berries. Bratwurst verkaufte Fleischer Reckendorf. Die Laffontiens waren im Sommer mit selbst gemachtem Kirmes-Eis unterwegs – im Winter kein Geschäft. Kein anderer machte Zuckerwatte auf dem Weihnachtsmarkt, so boten sie es vor 50 Jahren erstmals auf dem Neuen Markt an. Um einen lukrativeren Platz auf dem Alten Markt mussten sie gegen Platzhirsche kämpfen. Hot Dogs - die Neuheit aus Amerika Vor 48 Jahren boten sie hier erstmals eine Neuheit aus Amerika an: Hot Dogs. Das sind spezielle Geflügelwürstchen mit gedünsteten Zwiebeln, Gurkenscheiben und Soßen im weichen Brötchen, die bei Laffontiens täglich frisch aus der Bäckerei kommen und für Anfänger ohne Flecken auf der Jacke kaum zu essen sind. &bdquo;Wir haben immer Wert auf Qualität gelegt“, sagt &bdquo;Mecki“. Die gut vernetzte Bratwurst-Konkurrenz auf dem Alten Markt war damals nicht begeistert, doch Hoschel hatte wohlweislich Unterschriften bei maßgeblichen Einzelhändlern gesammelt. Die Weihnachtsmärkte gewannen immer mehr an Bedeutung und die Konkurrenz in anderen Städten schlief nicht. So ging Horst Laffontien mit der Initiative für den Bau einer Bühne und Auftritten heimischer Bands und Chöre voran. &bdquo;Alle fanden das gut, aber keiner fragte nach den Kosten“, erinnert er sich. Es gelang ihm, einen Sponsor zu gewinnen. 6.000 Mark wollte die Stadtsparkasse geben. Dafür sollte &bdquo;Wenns ums Geld geht, Sparkasse“ auf einem Banner stehen. &bdquo;Darüber regte man sich aber im Stadtrat auf, und ich musste mir die Kosten selber ans Bein binden“, erinnert sich Laffontien. Im Jahr darauf hat es dann mit &bdquo;Die Stadtsparkasse wünscht ein frohes Weihnachtsfest“ geklappt. &bdquo;Das war der Beginn von Marketing in Herford“, meint der tatkräftige Schausteller. Fortschritte machte man auch mit der Weihnachtsdekoration. &bdquo;Erst hatten wir nur zwei kleine Tannen auf der Bude“, erinnert sich Mecki Laffontien. &bdquo;Dann konnte ich Dekoration aus dem Vorjahr von Freunden bei Karstadt bekommen wie einen großen Nussknacker“, berichtet Hoschel. Vier Jacken und Seehundstiefel wärmten &bdquo;In unserer ersten Hot-Dog-Bude war es oft kalt und zugig“, erinnert sich Ingrid Laffontien. &bdquo;Aber das ist Gewohnheitssache. Wir hatten vier Jacken angezogen und ich trug Seehundstiefel. Das war kein Zuckerschlecken.“ Doch man lernte viele Leute kennen – &bdquo;nette und nicht so nette“ – zu denen man immer freundlich und zuvorkommend war. Der heutige Wagen, den es vor 45 Jahren gab, ist rundherum besser vor Wind geschützt und hat seit einigen Jahren Fußbodenheizung. &bdquo;Das hat man sich verdient“, meint die 72-Jährige. Ihre Kundschaft ist keineswegs nur jung. Es gibt viele Stammkunden auch in dritter Generation. &bdquo;Da kommen auch Leute mit Rollator und machen es sich bei uns in der Ecke gemütlich.“ &bdquo;Wir brauchen uns mit unserem Herforder Weihnachtsmarkt im bundesweiten Vergleich nicht verstecken“, meint Horst Laffontien, der weit gereist ist. Dass der in diesem Jahr nicht stattfinden kann, macht ihn &bdquo;tieftraurig“.

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