Herforder Drogen-Schüler muss für ein Jahr in Haft

Herford. Ende März 2017 wird er als minderjähriges Opfer bei der Messerstecherei am Marktkauf lebensgefährlich verletzt. Eine Mordkommission der Bielefelder Polizei übernimmt die Ermittlungen im Umfeld der jugendlichen Täter, die zu zwei verfeindeten jesidischen Familien gehören. Beeindruckt haben seine gravierenden Verletzungen den heute 20-Jährigen offenbar wenig, geschweige denn, einen Lerneffekt bei ihm ausgelöst, wie sich jetzt vor dem Herforder Jugendschöffengericht herausstellt. Urteil aus dem November 2019 belastet den Schüler Dort muss sich der junge Mann am Donnerstagmorgen mit zwei mutmaßlichen Komplizen (21,20) wegen Körperverletzung, Drogenbesitz und Sachbeschädigung verantworten. Auf dem Stuhl nach hinten gelehnt, dann wieder auf den Tisch gestützt, aber immer wieder lächelnd, folgt er im schwarzen Jack-and-Jones-Pullover der Verhandlung am zweiten Prozesstag. Die Ausführungen der Vorsitzenden lassen dann aber seine Gesichtszüge abrupt entgleisen. Auf Opfer mit Schlagstöcken eingedroschen Das Opfer aus dem Jahr 2017 war, wie im Prozess bekannt wird, schon 2018 an einem Schlagstock-Angriff auf einen Jugendlichen am Herforder High Club beteiligt. Der junge Mann erleidet durch den Angeklagten und dessen damaligen Komplizen massive Kopfverletzungen, Nase und Gesichtsknochen sind gebrochen, er bleibt tagelang im Krankenhaus. Das inzwischen rechtskräftige Urteil aus dem November 2019: Acht Monate Jugendstrafe auf Bewährung für beide Täter. Mit einem Passus in der Urteilsbegründung, der dem jungen Mann jetzt wohl zum Verhängnis wird: Denn schon in diesem Urteil aus dem Herbst stellte das Amtsgericht eine so genannte schädliche Neigungen fest. Das heißt, es sieht auf Grund einer &bdquo;unzulänglichen Erziehung oder Umwelteinflüssen" die Gefahr, dass von einem Angeklagten weitere Straftaten ausgehen. Also das Gegenteil einer positiven Sozialprognose. Es scheint so, als könnten die Herforder Richter die Zukunft vorhersagen: So ist der Schüler noch im Januar 2020 mit seinem mitangeklagten Komplizen (21) an einer Attacke auf vier junge Auto-Insassen dabei. Mit Kokain auf dem Parkplatz Und erst ein paar Wochen zuvor war er von der Polizei mit knapp acht Gramm Kokain auf dem Parkplatz des H2O erwischt worden. Angeblich gehörten die Drogen ihm und einem Freund und waren für den Eigenbedarf bestimmt. Nach Informationen von nw.de hat das Material einen ungewöhnlich hohen Reinheitsgrad. Die beiden Konsumenten hatten bei der Beschaffung also großes Glück, so reine Ware kaufen zu können. In der Regel wird das teure Kokain von Dealern mit billigen Stoffen wie Phenacetin oder Lidocain gestreckt und dann erst dann an Endkunden verkauft. Das erhöht deren kriminelle Marge. Jugendliche bedroht Der Komplize (21) des 20-Jährigen, der am Angriff auf die vier Jungen Autoinsassen beteiligt war, sie massiv bedroht und sie nach Überzeugung des Gerichts mit einem Schlagstock auf den Wagen eingedroschen hat, erhält acht Monate Haft auf Bewährung. Der 21-Jährige wird von den Richtern offensichtlich an eine ganz kurze Leine genommen: Er muss für eine Woche in einen Jugendarrest, 3.000 Euro zahlen, ein Anti-Aggressionstraining absolvieren und er bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt, bei dem er sich regelmäßig melden soll. Schädliche Neigungen sehen die Vorsitzende und die Schöffen auch bei diesem jungen Mann – da er bisher aber noch keine weiteren Verurteilungen hat, bleibt es bei der Bewährung. Wie sich der Kreis schließt Ein dritter Anklagepunkt – der Angriff auf einen jungen Mann - konnte zwei der Angeklagten nicht nachgewiesen werden. Sie wurden freigesprochen. Die Urteil des Gerichts sind noch nicht rechtskräftig. Wie berichtet, beschäftigen die Aktivitäten von Schlägern seit Jahren immer wieder die Polizei - dabei geht es etwa um Massenschlägereien nahe des Westrings. Den bisher letzten traurigen Höhepunkt gab es im Frühjahr auf der Diebrocker Straße. Dort wurde bei einer Auseinandersetzung einem jungen Mann ein Messer mehrfach ins Gesicht gestoßen und in den Schädelknochen gerammt. Die Klinge brach ab. Und hier schließt sich wieder der Kreis – unter den Beteiligten waren auch Personen, die Ende März 2017 bei der Messerstecherei am Marktkauf dabei waren. Und wieder ermittelt eine Mordkommission.

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