36 Jahre lang grüne Politik im Herforder Rat gemacht

Herford. Gründungsvorstand des Kreisverbandes der Grünen im Jahr 1979 und im Beruf Diplom-Rechtspflegerin, zuletzt auch als langjährige Verwaltungsleiterin des Arbeitsgerichts Herford. Die Kombination klingt ungewöhnlich. Doch mit der Justiz hatte schon das erste soziale Engagement von Angela Schmalhorst zu tun. Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen sitzt seit 1984 im Herforder Rat und ist damit zusammen mit dem Fraktionskollegen Herbert Even länger dabei als andere amtierende Ratskollegen. Bei der Kommunalwahl am 13. September tritt die 70-Jährige nicht mehr an und freut sich, dass deutlich jüngere Kandidatinnen und Kandidaten der Partei auf erfolgversprechenden Listenplätzen stehen. Am Wahlprogramm hat sie noch mitgewirkt. Arbeitskreis "Knast" des CVJM hat die junge Angela politisiert Die gebürtige Herforderin machte ihr Abitur am Königin-Mathilde-Gymnasium. Sie war 19, als sie Mitglied wurde im Arbeitskreis "Knast" des CVJM Herford. "Das hat mich wohl politisiert", meint Schmalhorst. Man hatte sich auf die Fahnen geschrieben, die gleichaltrigen oder etwas jüngeren Gefangenen, die teils schwerste Straftaten auf dem Kerbholz hatten, den Rückweg in die Gesellschaft zu ebnen. "Sozialisiert waren die meisten nicht", erinnert sie sich. "Wir haben die Gefangenen nach der Entlassung begleitet, wenn sie aus Herford kamen, und versucht, Ausbildungsstellen für sie zu finden." Sich einsetzen für andere - das hat sie wohl vom Großvater gelernt. Delegierte bei der Gründung der Grünen 1979 in Karlsruhe Angela Schmalhorst hat sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung engagiert und im FlaFla "fleißig mitgearbeitet". "Aus dem autonomen Jugendzentrum heraus sind die Grünen im Kreis Herford erwachsen", sagt sie. "Es ging um Kritik an den gesellschaftlichen Bedingungen. Mit 91 Mitgliedern war der Kreisverband gleich relativ groß." Als sich die Bundespartei 1979 in Karlsruhe gründete, war Schmalhorst als Delegierte dabei. Linke Themen wurden in einer Wohngemeinschaft an der Salzufler Straße diskutiert. Noch außerparlamentarisch setzten sich die Grünen in Herford erfolgreich gegen die Abholzung einer Allee im Verlauf der Vlothoer Straße ein. "Wir haben die Bäume mit Kreuzen besprüht", erinnert sich Schmalhorst. Den Abriss prägender Häuser an der Kreuzung Goebenstraße/Hansastraße verhinderte man durch Besetzung. Bei der Landtagswahl 1980 gelang den Grünen mit Angela Schmalhorst auf Listenplatz 12 nicht der Sprung ins Parlament. 1983 folgte aber der Einzug der Partei in den Bundestag, 1984 in den Herforder Rat. Die Konditionen für ein rot-grünes Bündnis wurden in der Gaststätte Spilker an der Bielefelder Straße noch öffentlich ausgehandelt. Rot/Grün hatte in Herford eine hauchdünne Mehrheit von 41 Wählerstimmen. CDU-Bürgermeister Kurt Schober musste nach 23 Jahren abtreten. Gerd Klippstein (SPD) folgte. 1984 gab es nur acht U 3-Kitaplätze 1989 wurde sie als erste Frau im Herforder Rat Fraktionssprecherin. Das blieb sie bis auf die Zeit als stellvertretende Bürgermeisterin bis heute, also 26 Jahre. Angela Schmalhorsts eigene politische Themen waren Soziales und Frauen. So erinnert sie sich an die Gründung des integrativen Kindergartens an der Diebrocker Straße als einen ersten schönen Erfolg. Und: "Als ich 1984 in den Rat einzog, gab es in der Stadt nur acht Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren", erinnert sie sich. Das hat sich auch mit ihrem Zutun grundlegend gewandelt, auch wenn "der erste Kampf nur eine Verdoppelung bewirkte". Als erste Tat im Sozialausschuss ist ihr die Abschaffung von Gutscheinen für Sozialhilfeempfänger in Erinnerung geblieben. "Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, mit anderen Akteuren im Rat Übereinstimmungen zu finden und Kompromisse zu erzielen", meint sie. Man ging wechselnde Mehrheiten ein - manchmal rot-grüne (ausschließlich bis 1999) und manchmal schwarz-grüne (erstmalig ab 2004). Schmalhorst meint auch, dass es den Grünen zu verdanken ist, dass ein weiterer Ausbau Herfords zur verkehrsgerechten Stadt gestoppt werden konnte. So wurde etwa der vierspurige Ausbau des Innenstadtrings von der Bahnhofskreuzung über Wittekind- und Hermannstraße bis zur Elverdisser Straße verhindert. Dennoch meint sie, dass man im Bezug auf einen ökologischeren Verkehr mehr hätte erreichen sollen. Nicht zufrieden ist sie auch mit dem Anteil von Frauen im Rat, der zuletzt bei einem Viertel lag. Schmalhorst sieht noch große Aufgaben in der Integration von Zugewanderten. Sie selbst stellt noch heute fest, dass sie in der Gesellschaft anders behandelt werden als klassische Einheimische - sei es im Restaurant, in Behörden oder am Arbeitsplatz. Zufrieden ist sie mit ihrem Anteil an der Rekommunalisierung von Stromnetzbetreiber, Stadtwerken und SWK. Ganze Vielfalt der Stadtgesellschaft kennengelernt Von 2004 bis 2009 war Angela Schmalhorst stellvertretende Bürgermeisterin. "Ich bin neugierig auf Menschen und das hat mir viel Spaß gemacht", sagt sie. "Ich habe die ganze Vielfalt unserer Stadtgesellschaft kennen und schätzen gelernt. 36 Jahre im Rat - ich hab das gerne gemacht und war mit Leib und Seele dabei."

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