Anti-Corona-Demos: Woran die Impfgegner dort glauben

Herford. Bei den Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, zum Beispiel in Herford, laufen auch immer eine Reihe von Impfgegnern mit. Sie beziehen sich auch auf eine Tetanus-Impfung in Kenia 2014. Dort sollten speziell werdende Mütter und ihre Neugeborenen vor Tetanus geschützt werden. Die Impfgegner behaupten, sie seien mit dem Impfstoff sterilisiert worden. Den Mythos haben sie weiter ausgeschmückt: Sie glauben, dass dem Tetanus-Impfstoff Beta-HCG zugefügt wurde, der zur Sterilisation geführt habe. Dass dies Teil einer Impf-Kampagne sei, die Bill Gates gegen die Überbevölkerung initiiert und finanziert habe. Und dass Gates etwas ähnliches mit einem Impfstoff gegen Corona plane. "Würde Beta-HCG zur Sterilisation führen, könnte jede Frau nur einmal schwanger werden" Schon die Beta-HCG-Behauptung ist Unsinn. Bei Beta-HCG handelt es sich um ein Hormon, das der Körper in jeder Schwangerschaft selbst bildet und mit dem er die Schwangerschaft erhält, erklärt der Ärztliche Leiter der Krankenhaushygiene am Herforder Klinikum, Johannes Baltzer, der zugleich Chirurg, Unfallchirurg und Orthopäde ist und Zusatzqualifikationen in den Bereichen Spezielle Unfallchirurgie und Physikalische Therapie hat. "Würde Beta-HCG zur Sterilisation führen, könnte jede Frau nur einmal schwanger werden", sagt er. Unglücklicherweise habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) tatsächlich überlegt, ob eine Verhütung mit Beta-HCG möglich sei, sagt Baltzer. Wegen der nur sehr kurzen Wirkzeit habe sie das aber schnell wieder verworfen. Um eine heimliche Zwangssterilisation ging es dabei nicht. Dennoch würden Verschwörungsmystiker aus dem Lager der Impfgegner nun Tetanus-Impfung in Kenia und Verhütung in einen Topf werfen und miteinander verrühren, sagt Baltzer. Ähnlich unsinnig sei die Diskussion um Masern- und Windpocken-Impfungen: Wer spät in seiner Jugend Mumps bekomme, sei in höherem Alter anfälliger für Diabetes, sagt Mediziner. Das liege daran, dass Mumps die Bauspeicheldrüse schädige. Die Impfgegner hätten daraus die Behauptung gemacht: Wer geimpft wird, bekommt Diabetes. "Die Folgen einer Mumps-Erkrankung schreiben sie also der Impfung zu." Gegner der Masern-Impfung berufen sich auf einen Arzt, dem die Zulassung entzogen wurde Gegner der Masern-Impfung bezögen sich zudem immer wieder auf eine so genannte Studie des britische Arzt Andrew Wakefield, der 1998 mit der These schockte, dass die Kombi-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln bei Kindern Autismus auslösen könne. Wakefield wurde später die Zulassung entzogen. Nicht wegen der äußerst geringen Anzahl seiner Probanden. Aber er hatte an elf Kindern Rückenmarkspunktionen vornehmen lassen, ohne dass dies medizinisch notwendig gewesen wäre oder eine Ethikkommission die Versuche erlaubt hätte. Die veröffentlichten Ergebnisse waren zudem falsch. Und er hatte einen eigenen Impfstoff hergestellt, mit dem er Geld verdienen wollte. Da wäre es ihm zu passe gekommen, wenn der vorhandene Impfstoff aus dem Verkehr gezogen worden wäre. Bei Masern kommt es immer wieder zu schwersten Komplikationen, etwa zu Masernenzephalitis. Das ist eine Komplikation, bei der das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Masernenzephalitis tritt in rund 0,1 Prozent der Masernfälle auf. Sie kann zu einer Gehirnschädigung führen - mit der Folge einer geistigen Beeinträchtigung, aber auch Tod, sagt Baltzer. "Es ist doch peinlich, dass die WHO Deutschland als eines der Länder führt, in denen sich Reisende Masern holen können." Absurde Behauptungen werden von Impfgegnern als reine Wahrheit hingenommen Zu Bill Gates: In diversen Youtube-Videos stellen Verschwörungstheoretiker die Behauptung auf, die Weltgesundheitsorganisation sei zu 80 Prozent durch die Stiftung von Bill und Melinda Gates finanziert. Die Beiden würden deshalb global bestimmen, was als gesund zu gelten habe. Das wird nicht belegt, was typisch für Verschwörungsmystiker ist: Sie stellen aus der Luft gegriffene Behauptungen auf, die von anderen unreflektiert für wahr genommen werden. Dabei ist es leicht, die Fakten zu recherchieren, zumal die WHO sie transparent auf ihrer Homepage veröffentlicht: Im Doppenhaushalt 2018/2019 wurde die WHO zu 80 Prozent - nicht durch die Gates-Stiftgung, sondern - durch freiwillige Leistungen finanziert wird. Gut 15 Prozent dieser Spenden kamen aus den USA, gut 12 Prozent von der Gates-Stiftung.

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