
Die Vereinigten Staaten standen einst an der Spitze der medizinischen Forschung. Heute geht von der US-Regierung eine wachsende Gefahr für die Weltgesundheit aus. Am Dienstag wurde bekannt, dass US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. Zuschüsse und Verträge für die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen in Höhe von umgerechnet rund 430 Millionen Euro gestrichen hat. In einem Onlinevideo behauptete Kennedy, mRNA-Impfstoffe würden nicht gegen Corona, Grippe und andere Atemwegserkrankungen schützen, sondern mehr schaden – eine Falschbehauptung, die dem Stand der wissenschaftlichen Forschung widerspricht.
Zuvor hatte Kennedy bereits einen Impfstoff-Entwicklungsvertrag mit dem Unternehmen Moderna gekündigt und das gesamte Impfgremium der US-Gesundheitsbehörde CDC rausgeworfen. Diese Entscheidungen und die wissenschaftsfeindlichen, impfskeptischen Äußerungen des amerikanischen Gesundheitsministers haben gravierende Auswirkungen weit über die USA hinaus.
Sie befeuern eine weltweit wachsende Ablehnung gegenüber schützenden und lebensrettenden Impfungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht in der steigenden Impfskepsis eine der größten Gefahren für die Gesundheit der Weltbevölkerung. WHO-Impfchefin Kate O’Brien zeigte sich erst vor wenigen Wochen „extrem besorgt über Falsch- und Desinformation zu Impfungen“.
Kennedy sprach auf deutschen „Querdenker“-Demos
Diese Gefahr ist nicht neu, aber sie ist umso größer, seit mit Kennedy einer der bekanntesten Impfskeptiker der Welt die US-Gesundheitspolitik leitet. Mit seiner Politik torpediert Kennedy nicht nur die Impfstoffforschung in den USA, sondern verleiht den zahlreichen Mythen, Falschinformationen und Lügen über Impfungen weltweit neues Gewicht. Er stand lange an der Spitze einer einflussreichen Impfgegner-Organisation und behauptet seit Jahren, es gebe einen Zusammenhang zwischen der Masern-Mumps-Röteln-Impfung und Autismus. Dabei wurde dieser angebliche Zusammenhang längst in unzähligen wissenschaftlichen Studien widerlegt. Im Jahr 2020 flog Kennedy während der Pandemie nach Berlin und sprach dort auf einer „Querdenker“-Demo, gemäßigt hat er sich seitdem nicht.
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Die Sicherheit von mRNA-Impfstoffen muss kritisch erforscht und überprüft werden. Wenn sich die politische Führung der größten Volkswirtschaft der Welt aber gegen die Wissenschaft wendet und die Forschung und Entwicklung solcher Impfstoffe pauschal ablehnt, wird dadurch das Gegenteil von Sicherheit erreicht.
Noch dazu schwächen die USA den globalen Gesundheitsschutz durch ihren Austritt aus der WHO. Und sie streichen ihre Entwicklungszusammenarbeit und Unterstützung für Impfkampagnen im Globalen Süden zusammen. Diese Mischung aus wissenschaftsfeindlicher Ideologie und außenpolitischem America-First-Egoismus könnte sich bald rächen. Denn eine neue Pandemie wird kommen, da sind sich Experten sicher. Nicht sicher ist dagegen, wie gut die Weltgemeinschaft bis dahin darauf vorbereitet ist.
US-Regierung ignoriert Lehren aus der Corona-Pandemie
Aus der Corona-Pandemie lässt sich vieles lernen. Die US-Regierung ignoriert diese Lehren jedoch und gibt mit der mRNA-Technologie mutwillig ein wichtiges Werkzeug aus der Hand. Das schadet der ganzen Welt, vor allem aber den US-Bürgern selbst. Diese ideologische Verbrämtheit schwächt die gesundheitliche Vorsorge und damit auch die nationale Sicherheit der USA. Und sie zeigt ein weiteres Mal: Auch in elementaren wissenschaftlichen Fragen sind die USA unter ihrer aktuellen Regierung kein verlässlicher Partner mehr.
Es ist an den anderen demokratischen Technologienationen der Welt, diese Lücke zu füllen – mit Geld für Forschung und indem amerikanischen Wissenschaftlern ermöglicht wird, ihre Arbeit anderswo weiterzuführen.